Viele hundert Besucher aus der ganzen Region nutzten die Gelegenheit beim „Tag der gläsernen Produktion“ den hochmodernen Kuhstall der Familie Brucker in Schwäblishausen zu bestaunen und bei der benachbarten Landtechnikfirma Greinacher deren Neubau in Augenschein zu nehmen. Wobei die landwirtschaftlichen Großgerätschaften, darunter PS-starke Deutz-Fahr-Traktoren, auf dem Firmengelände kleine wie große Besucher schier magnetisch anzogen. In der leer geräumten Halle eröffnete Firmenchef Andreas Greinacher die Veranstaltung, und Vertreter langjähriger Partnerunternehmen gratulierten zum Neubau. Landrätin Stefanie Bürkle wies auf die strukturellen Veränderungen in der Landwirtschaft hin. Die Zahl der Höfe, von denen es im Kreis Sigmaringen rund 1350 gibt, werde sich weiter verringern und die Betriebsgröße weiter erhöhen. Man müsse für die Landwirte moderne Rahmenbedingungen zu schaffen, wobei ein schnelles Glasfasernetz unabdingbar sei.

Kühe können viermal täglich zum Melkroboter

Benjamin Brucker informierte über den Familienbetrieb und imponierte mit Faktenwissen, technischem Knowhow und brachte den Besuchern die ...
Benjamin Brucker informierte über den Familienbetrieb und imponierte mit Faktenwissen, technischem Knowhow und brachte den Besuchern die moderne Landwirtschaft näher. | Bild: Volk, Siegfried

So hoch ist der Marktpreis für einen Liter Milch

Auf dem benachbarten Bauernhof der Familie Brucker-Postma zeigte sich, was auf einem Hof mit Glasfaser und Technik möglich ist, und wie Hofbesitzer wie Benjamin Brucker die Begeisterung für ihren Beruf beziehungsweise Berufung mit Tierwohl, Arbeitsoptimierung und Kostenorientierung verbinden. Herzstück des Milchvieh- und Biogasbetriebs ist der 2019 erbaute Kuhstall, der noch nicht ganz gefüllt ist, wie der 39-jährige Agraringenieur beim Rundgang erklärte. Derzeit werden dort 188 Kühe gemolken, beziehungsweise die „Damen“, wie Brucker seine Tiere liebevoll nennt, trotten zum Melkroboter, um Milch abzugeben. Die „Damen“ entscheiden selbst, wann sie gemolken werden sollen, höchstens aber viermal täglich, ansonsten verweigert der Melkroboter die Annahme. Die Milchleistung beträgt 37 Liter pro Tag und jährlich produziert der Hof rund 2,1 Millionen Liter, wofür der aktuelle Marktpreis pro Liter etwa 50 Cent beträgt.

Maximal 2,5 Kilogramm Kraftfutter je Tag

Das Futter baut Brucker zu 80 Prozent auf rund 200 Hektar selbst an, bezieht aber auch von landwirtschaftlichen Partnerbetrieben Heu. Zugefüttert wird Kraftfutter, wobei der Futterroboter pro Tier maximal 2,5 Kilogramm erlaubt. Auch das Ausmisten funktioniert automatisch, und für die Fußpflege steht den „Damen“ eine hochmoderne Klauenapparatur zur Verfügung. Um die Soll-Stärke des Stalls zu erreichen, setzt Brucker auf die eigene Nachzucht. Männliche Kälber werden nach drei bis vier Wochen an einen Mastbetrieb abgegeben, der nur zehn Minuten von der Hofstelle in Schwäblishausen entfernt ist. Informativ, faktensicher und offen beantwortete Benjamin Brucker die zahlreichen Besucherfragen.

Milchviehhaltung, Nachzucht und Biogasanlage

Nicht schlecht staunte mancher, als der Landwirt seinen üblichen Arbeitstag schilderte. Morgens um 5 Uhr geht es los, gegen 8 Uhr dann Frühstück und man versuche, bis 19.30 Uhr alles geschafft zu haben. „Während der Hochphase der Ernte wird es natürlich später“, ergänzte der Jungbauer, der den Hof mit Ehefrau, Eltern und zwei Festangestellten bewirtschaftet.

Auch Landrätin Stefanie Bürkle war vom Milchvieh- und Biobetrieb der Familie Brucker in Schwäblishausen absolut begeistert.
Auch Landrätin Stefanie Bürkle war vom Milchvieh- und Biobetrieb der Familie Brucker in Schwäblishausen absolut begeistert. | Bild: Volk, Siegfried

Zweites Standbein ist für Landwirt unabdingbar

Neben Milchviehhaltung mitsamt Nachzucht betreiben Bruckers eine Biogasanlage, in die unter anderem Gülle der Kühe fließt, aber auch Futtermittel, die man den Kühen nicht zum Fressen geben will. Wirtschaftlich sei für einen Bauernhof ein zweites Standbein unabdingbar, ist der Agraringenieur überzeugt, wobei man für die Biogasanlage nach seiner Meinung noch viele Stoffe verwerten könnte.

Tierwohl steht im Vordergrund

Dreimal führte Brucker die Besuchergruppen durch den Stall und deutlich wurde, dass dem Tierwohl alles untergeordnet wird. Nur gesunde Kühe fühlen sich wohl und geben ausreichend Milch, wobei der Landwirt pro Tier eine Gesamtmilchleistung von 40 000 bis 50 000 Litern anpeilt, was in sechs bis sieben Lebensjahren erreicht werden könne. Dann verlassen die Kühe den Stall.

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Auf die SÜDKURIER-Frage, ob man das Tierwohl bei dem einst geplanten 1000-Kühe-Stall durch einen Gebäudekomplex a la‘ Schwäblishausen hätte gewährleisten können, kommt ein eindeutiges „Ja“. Wobei die Betreuung der Tiere angesichts der Größenherde schwieriger sei und sehr gut qualifiziertes Personal erfordere.