Die Rückbesinnung auf die Marke „Alno“ und die Rückkehr zu den Wurzeln als mittelständischer Betrieb sind für das Geschäftsführerduo der Neuen Alno GmbH, Michael Spadinger und Jochen Braun, die entscheidenden Pfeiler, um den einstigen Küchenriesen wieder auf ein wirtschaftlich solides Fundament zu setzen.

Geschäftsführerduo im Gespräch mit dem SÜDKURIER

Das Geschäftsführerduo Jochen Braun (links) und Michael Spadinger ist vom Erfolg ihrer neuen Firmenstrategie überzeugt.
Das Geschäftsführerduo Jochen Braun (links) und Michael Spadinger ist vom Erfolg ihrer neuen Firmenstrategie überzeugt. | Bild: privat

Als „schmerzhafte Maßnahme“ hatte die Führungsspitze deshalb im April auch den Abbau von Arbeitsplätzen angekündigt, und von den aktuell 300 Beschäftigten wechselten zum 1. Juni insgesamt 54 Mitarbeiter in eine Transfergesellschaft und fünf erhielten eine betriebsbedingte Kündigung, informierten Spadinger und Braun im Gespräch mit dem SÜDKURIER.

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Mit dem Betriebsrat wurde ein Investitionspaket geschnürt

Deutlich machten die Manager, die viel Erfahrung aus der Küchenbranche mitbringen, dass sie vom Knowhow, Loyalität und Motivation der Pfullendorfer Belegschaft begeistert sind. So wurden die interne Abläufe auf die neue Strategie abgestimmt und die Produktion von vier Hallen auf zwei Hallen konzentriert, was Energie, Zeit und Geld spart. Bei den Verhandlungen mit dem Betriebsrat ging es nicht nur um den Abbau von Arbeitsplätzen, sondern auch um ein Investitionspaket, mit dem die Zukunft gesichert werden soll.

Nicht gegen geltendes Arbeitsrecht verstoßen

Heftigen Widerspruch gibt es von den Beiden, dass bei diesen Kündigungsverhandlungen gegen geltendes Arbeitsrecht verstoßen wurde. Man habe in den vergangenen Monaten die Produktions- und Arbeitsläufe auf den Prüfstand gestellt und die Prozesse so verändert, dass der Zeit-, Kosten- und Energieaufwand möglichst optimiert wurde. Michael Spadinger, der 3,5 Jahre beim Hersteller Nolte und später bei einem Kücheneinkaufsverbund arbeitete, nennt als Beispiel das Förderband, das in der Halle unter dem Dach die Teile für die Schrankproduktion transportierte: „Pro Schicht verursachte das Stromkosten von 2500 Euro.“ Nun wurden die Maschinen so angeordnet, dass die Teilefertigung ohne Transportband ablaufen.

Küchen in Schreinerqualität herstellen

Ihre wichtigste Aufgabe sehen die Geschäftsführer darin, die Belegschaft wieder zu einer Gemeinschaft zu formen und die Einzelverantwortung zu stärken, korrespondierend zur Firmenstrategie individuelle Küchen herzustellen. „Und zwar in Schreinerqualität“, sagt Jochen Braun. Bekanntlich hat Firmengründer Albert Nothdurft vor mehr als 80 Jahren aus einer kleinen Schreinerei Deutschlands bekannteste Küchenmarke geschaffen. Deshalb wird jede Neuerung auf ihre technische Umsetzbarkeit in Pfullendorf getestet. Aber entscheidend ist für die Neue Alno GmbH der Kontakt mit dem Kunden: „Wir fragen die Kunden, welche Küche sie haben wollen.“

Logistikkosten sind in der Küchenmöbelbranche entscheidend

Im Export, mit dem künftig 70 Prozent des Umsatzes generiert werden soll, achtet man auf die Wirtschaftlichkeit, wobei die Logistikkosten im Fokus stehen. Bei einem Umsatzvolumen von weniger als sechs Millionen Euro verzichtet Alno auf die Lieferung von Küchen ins Ausland. Eine klare Absage erteilt das Geschäftsführerduo dem wachstumsgetriebenen Kurs der einstigen Alno AG. Mit Massenherstellern wie Nobilia oder Nolte kann und will man in Pfullendorf nicht mehr konkurrieren, sondern flexibel, hochwertig, Kundenwünsche berücksichtigend, Küchen ab 8000 Euro herstellen. Von großen Visionen und Etiketten wie „Deutschlands größter Küchenmöbelhersteller“ hat sich die Neue Alno GmbH völlig verabschiedet und will keinesfalls in einem Markt der Überkapazitäten mitmischen, in dem die Konkurrenzsituation immer schwieriger wird, zumal Marktführer wie Nobilia zusätzliche Produktionskapazitäten aufbauen.

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Fokus auf den Fachhandel

In Pfullendorf setzen die Verantwortlichen auf vernünftiges Wachstum und als Vertriebsweg dient der Fachhandel. „80 Prozent unserer Kunden habe ich in den vergangenen 1,5 Jahren besucht“, macht Michael Spadinger deutlich, wie wichtig Beziehungen im speziellen Küchenmöbelmarkt sind, und über dieses Netzwerk verfügen beide Geschäftsführer nach eigenen Angaben. Gleichzeitig will die Alno GmbH die Digitalisierung für die Küchenmöbelwelt neu entdecken und nutzen. Konkret verzichtet man auf farbenprächtige Musterkataloge, sondern präsentiert dem Kunden digital alle Produktionsvarianten und ermöglicht ihm per Mausklick seine Wünsche in die Planung einzubringen. Während Küchen häufig nur in Weiß glänzen, gibt‘s die Alno-Küchen in 28 Farben. Diese digitale Küchen-Welt will man im Herbst dem Markt, das heißt dem Fachhandel vorstellen.

Investor Riverrock steht voll hinter Neuausrichtung

Die Neuausrichtung der Neuen Alno GmbH zu einem mittelständischen Betrieb, der Küchen in Schreiner-Qualität herstellt, in Einzel- oder Serienfertigung, wird nach Angaben des Geschäftsführerduos Jochen Braun und Michael Spadinger vom Investor Riverrock vorbehaltlos unterstützt. Bekanntlich hat die britische Investmentfirma die insolvente Alno AG im Jahr 2017 übernommen. Vorstandschef Jason Carlyle war mehrfach in Pfullendorf und aktuell unterstützen zwei Betreuer des Fonds die Geschäftsführer bei ihrer Arbeit.

„Investor hat ein hohes Maß an Anstand bewiesen“

Ein „hohes Maß an Anstand“ attestiert Michael Spadinger dem Geldgeber, und ergänzt, dass Riverrock-Chef Carlyle „die Firma Alno GmbH am Herzen liegt.“ Deshalb habe der Investor für die Neuausrichtung inklusive Arbeitsplatzabbau das notwendige Geld bereitgestellt, denn das Engagement von Riverrock sei langfristig ausgelegt. Klar ist, dass die Investorenfirma das Unternehmen irgendwann gewinnbringend verkaufen will, aber dazu muss die Firma in die Lage versetzt werden, den zuvor notwendigen wirtschaftlichen Erfolg auch entwickeln zu können.