Mittlerweile gibt es über 350 Betriebe in Deutschland, die eine Solidarische Landwirtschaft (Solawi) betreiben. Die Waldfeldhof GbR auf den Bennehöfen in Sauldorf erlebt derzeit ihre erste Saison im Gemüseanbau als Solidarische Landwirtschaft. Die Umweltwissenschaftlerin Annika Niehl (25 Jahre) und Forst-Ingenieur Steffen Niehl (36 Jahre) bauen den Waldfeldhof seit 2017 auf. Im Frühjahr 2020 hatten sie die Waldfeldhof GbR mit Franziska Schmitz und Severin Rommeler gegründet, die mittlerweile beruflich andere Wege gehen. Seit Ende 2020 führen Annika und Steffen Niehl die GbR im Ökologischen Landbau (EU-Ökoverordnung) zu zweit fort.

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Gesamtkosten der Produktion werden finanziert

Das Konzept einer Solawi beruht darauf, dass mehrere private Haushalte die Kosten eines landwirtschaftlichen Betriebes tragen und im Gegenzug dafür Ernteerträge erhalten. Das bedeutet, nicht das einzelne Lebensmittel, sondern die Gesamtkosten für die Produktion werden finanziert. Dadurch werden nicht nur variable und fixe Kosten, sondern auch die Lohnkosten bereits während des Anbaus gedeckt. Das Risiko einer Landwirtschaft, z.B. durch Extremwetterereignisse, wird ebenfalls auf mehrere Schultern verteilt. Dafür werden aber auch Einnahmen, wie etwa die EU-Subventionen, in die Finanzierung des Anbaus integriert, beschreibt Annika Niehl.

Bedürfnisse der Anteilseigner berücksichtigt

In dieser „Wirtschaftsgemeinschaft“ wird auf die Bedürfnisse der Anteilseigner eingegangen. Die Solawi in Sauldorf hat in der Erprobungsphase 13 Anteile vergeben. Je ein Anteil blieb bei Annika Niehl und Steffen Niehl, ein Anteil bei den Mitgründern Franziska Schmitz und Severin Rommeler. „Es ist ein gutes System für die Landwirtschaft“, ist Annika Niehl überzeugt, da die gemeinschaftlich finanzierte Landwirtschaft von der direkten Leistung entkoppelt ist. Das bedeutet, das auch Aufwendungen für Umweltschutz, z.B. direkte Maßnahmen für den Artenschutz in Form von Biotopen, von der Gemeinschaft finanziert werden. Gerade die junge Generation interessiere sich für diese Möglichkeit, so Niehl.

Bunt und erntefrisch: Die Anteilseigner der Solidarischen Landwirtschaft holen jeweils freitags ihren saisonalen Gemüseanteil auf dem ...
Bunt und erntefrisch: Die Anteilseigner der Solidarischen Landwirtschaft holen jeweils freitags ihren saisonalen Gemüseanteil auf dem Waldfeldhof ab und packen diesen selbst in eine Kiste. | Bild: Annika Niehl

Von 13 auf 30 Anteilseigner

In der neuen Saison 2022/2023 soll die Solidarische Landwirtschaft auf 30 Anteilseigner aufgeteilt werden. Dazu findet am 4. September, ab 10 Uhr eine Informationsveranstaltung auf den Bennehöfen 4 in Sauldorf statt. In der Gründungsphase der Solidarischen Landwirtschaft wird die Waldfeldhof GbR von dem Landwirtschaftlichen Projektberater und Demeter-Landwirt Klaus Strüber beraten, der 1985 eine der ersten Solawis gegründet hat und in ganz Deutschland als Berater unterwegs ist.

Ein Anteil reicht für ein bis zwei Personen

Solidarische Landwirtschaften werden von über 350 Höfen in Deutschland betrieben und stehen im Koalitionsvertrag der Bundesregierung als Unterstützens wert. Der Erzeuger erhält einen gerechten Preis, mit dem er wirtschaften kann, im Gegenzug die Anteilseigner frische Waren aus regionaler Erzeugung. Ein Anteil entspricht einer Gemüsevollversorgung für eine Person bei höherem Gemüsekonsum, bei Anteilseignern die weniger Gemüse essen, reicht der Anteil für zwei Personen. Ein Solawi-Jahr geht von Anfang Mai bis Ende April des Folgejahres. Es gibt auch die Möglichkeit, den Solawi-Anteil als „Add-on“ zum eigenen Garten zu nutzen. Sehr gefreut haben sich die Beiden über die Mithilfe einiger Anteilseigner beim Unkrautjäten, um die zwei, drei trockenen Tage zwischen den Regentiefs zu nutzen.

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Anteilige Verteilung auf die Eigner

Das frisch geerntete Gemüse holen die Anteilseigner jeweils freitags zwischen 14 und 21 Uhr im Abholraum auf den Bennehöfen ab. „Was ich ernte, ist praktisch am Abend weg“, erläutert die 25-jährige. Die Anteilseigner packen ihre „Gemüsekiste“ anhand einer Liste selbst zusammen, was für Annika Niehl und Steffen Niehl den Vermarktungsaufwand verringert. Werden beispielsweise 5,5 Kilogramm Tomaten im Folientunnel geerntet, wird die Menge anteilig auf die Anteilseigner aufgeteilt.

Jeweils freitags von 14 bis 21 Uhr können die Anteilseigner der Solawi ihren frisch geernteten Gemüseanteil im Abholraum des ...
Jeweils freitags von 14 bis 21 Uhr können die Anteilseigner der Solawi ihren frisch geernteten Gemüseanteil im Abholraum des Waldfeldhofes abholen. | Bild: Annika Niehl

Im Abholraum gibt es auch eine Tausch- und Verzichtkiste. Wenn beispielsweise jemand keine Auberginen mag, kann es diese in der Tausch-und Verzichtkiste gegen ein anderes Gemüse tauschen. Um einen bedarfsgerechten Anbau zu gewährleisten, hat Annika Niehl im Vorfeld die Gemüsevorlieben der Anteilseigner abgefragt und kann anhand der Rückmeldung auf deren Bedürfnisse eingehen. Angebaut wird „alles was saisonal geht“, so Annika Niehl. Tomaten, Paprika, Gurken und Auberginen gedeihen im Folientunnel. Wöchentlich werden auch Kräuter geerntet wie Basilikum, Schnittsellerie, Petersilie, ebenso wie erntereife Salate, Kohlrabi, Möhren, Bohnen. Für den Winter werden lagerfähige Gemüse wie Möhren, Rote Bete oder Pastinaken im Erdkeller gelagert und dann ausgegeben.

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50 Kulturen für ein Vollsortiment

Die Jungpflanzen aus samenfesten Sorten in Demeter-Qualität bezieht die Solidarische Landwirtschaft aus der Gärtnerei der Lebens-und Arbeitsgemeinschaft Lautenbach, berichtet Annika Niehl. Bereits im Januar legt sie die Anbauplanung zur Bestellung der Jungpflanzen fest. Für ein Vollsortiment sind 50 Kulturen erforderlich. Die gelernte Zierpflanzengärtnerin Lynn Potreck unterstützt Annika Niehl bei der Ernte der Frucht-, Blatt- und Wurzelgemüse.