Straßenmaler aus aller Welt werden in zwei Wochen, am 13. und 14. Juli, die Blumberger Innenstadt zum achten Mal seit 2012 in ein großes Kunstwerk verwandeln. Profi-Künstler und Hobby-Maler vom Kindergarten-Kind bis zum rüstigen Senior drücken der Hauptstraße und dem Marktplatz dann wieder mit farbenfrohen Straßengemälden ihren Stempel auf.

So intensiv wirken die Motive von Nikolaj Arndt, der auf dem Blumberger Marktplatz wieder das große 3-D-Bild für das Street-Art-Festival ...
So intensiv wirken die Motive von Nikolaj Arndt, der auf dem Blumberger Marktplatz wieder das große 3-D-Bild für das Street-Art-Festival malt. | Bild: Nikolaj Arndt

Wer ist der Geburtshelfer des Festivals?

Clemens Benzing, seinerzeit neu im Blumberger Gewerbeverein, hatte die Idee, ein Street-Art-Festival in Blumberg zu organisieren. „Wenn ich schon zum Vorstand für Veranstaltungen gewählt worden bin, dann muss ich auch was machen“, dachte sich der Inhaber einer Werbeagentur. Ein Fernsehbeitrag über das älteste deutsche Straßenmaler-Festival in Geldern unweit der niederländischen Grenze brachte ihn auf die Idee, das Format nach Blumberg zu importieren – auch deshalb, weil es in Süddeutschland so etwas noch nicht gab. Das ist heute anders. Der Erfolg des Blumberger Festivals hat die Städte Bad Krotzingen (Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald) , Waldkirch (Breisgau) und Gönnheim (Pfalz) nachziehen lassen.

Evelina ud Noemi Iacubino aus Tennenbronn beim letztjährigen Street-Art-Festival in Blumberg. Bei den Hobby-Künstlern holte das Duo ...
Evelina ud Noemi Iacubino aus Tennenbronn beim letztjährigen Street-Art-Festival in Blumberg. Bei den Hobby-Künstlern holte das Duo Platz eins. | Bild: Privat

Wie wurde der Vorstoß aufgenommen?

Bürgermeister Markus Keller und der Gemeinderat waren von der Idee gleich Feuer und Flamme – denn Blumberg fehlte bis dahin ein Alleinstellungsmerkmal, also ein Ereignis mit Ausstrahlung über die Gemarkungsgrenzen hinaus. Hüfingen hat seine großen Fronleichnamsprozession und die Keramiktage, Bräunlingen den Straßenmusiksonntag und die Kilbig und Donaueschingen sein Reitturnier und die Musiktage, nur Blumberg konnte im Städteviereck nichts Vergleichbares vorweisen. Und da die Nachbarstädte 2012 auch noch ohne Blumberg die baden-württembergischen Heimattage ausrichteten, war genug Motivation vorhanden, Benzings Idee zu unterstützen.

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Was unterscheidet das Blumberger Festival von den meisten anderen?

Der Mix aus Profis und Laien. Denn an einigen Straßenmalkunst-Veranstaltungen sieht der Besucher nur Werke von Profis oder nur von Laien. Und wenn beide Gruppen eingeladen werden, dann sind sie räumlich voneinander abgegrenzt. Anders und zwar ganz bewusst wird es in Blumberg gemacht. Da kann es sein, das eine Kunstprofessorin neben einem Schulkind malt. „Und genau das ist das Spannende“, sagt Benzing. Die Anfänger lernen von den Könnern, was ungemein motiviert. Tobias Harle vom Bodensee, Sandra Friedrich aus Geisingen und Tatjana Zaharenko aus dem Klettgau nennt Benzing als Beispiele von Teilnehmern, die es von der Hobby- in die Profi-Klasse geschafft haben.

Im ersten Street-Art-Jahr 2012 entstand diese Motiv.
Im ersten Street-Art-Jahr 2012 entstand diese Motiv. | Bild: Müller, Jürgen

Welche Bedeutung hat das Festival für die Vereine?

Eine sehr große, denn es ist für sie eine wichtige, wenn nicht die wichtigste Einnahmequelle. Über den erzielten Gewinn aus der Bewirtung wird sich natürlich ausgeschwiegen. Gleichzeitig zeigt die Tatsache, dass sich einige Vereine nur noch am Street-Art-Festival beteiligen und nicht mehr am Stadtfest, wie zentral die Zweitagesveranstaltung für die Vereinskassen geworden ist. Im vergangenen Jahr brachten geschätzte 20 000 bis 25 000 Besucher Hunger und Durst nach Blumberg mit.

Der erfahrene Street-Art-Maler weiß: Ein Strohhut schützt vor zu viel Sonne.
Der erfahrene Street-Art-Maler weiß: Ein Strohhut schützt vor zu viel Sonne. | Bild: Roland Sigwart

An welche Randgeschichte erinnert sich Clemens Benzing besonders gerne?

Da gibt‘s mehrere. Zum Beispiel an die, wie cool eine Künstlerin einen Regenschauer verdaute, der ihr Motiv vernichtetet hatte. Die Frau ging in den „Hirschen“, fragte nach Papier und bastelte dann kleine Schiffchen, die sie über den nassen Asphalt segeln ließt. Oder die Geschichte, wie die 65-jährige Italienerin Giovanna La Pietra die ganze Nacht auf Sonntag durch malte und von Feuerwehrkameraden, die für die Nachtwache eingeteilt waren, mit Kaffee und einer Decke versorgt wurde. Den Sonntagnachmittag verbrachte sie dann im Tiefschlaf im Rotkreuz-Zelt. Bei der Frau handelt es sich übrigens um eine Professorin für Philosophie und Pädagogik, die vom Comer See aus immer per Anhalterin nach Blumberg an- und abreist. Oder die Szene, die sich beim Besuch der Rothaus Brauerei – Benzing organisiert für die Straßenmaler immer ein kleines Ausflugsprogramm – abspielte. Da wurde im Rahmen einer Führung in einer Animation gezeigt, wie Kohlensäure ins Bier kommt. Ein Straßenmaler hielt plötzlich einen kleinen Gummidinosaurier in den Lichtstrahl und machte mit diesem Jagd aus die Kohlensäurebläschen – worauf in dem Raum schallendes Gelächter ausbrach.

Dieses fantatstische 3-D-Bild entstand 2017
Dieses fantatstische 3-D-Bild entstand 2017 | Bild: SK

Was sollten Anfänger wissen?

Zunächst einmal sollten Sie sich darauf einstellen, am Montag nach dem Festival Muskelkater zu haben, denn die Malerei auf Straßenbelag ist anstrengender, als man glauben könnte. Damit die Kreide besser hält, sollte die Oberfläche der Straße mit einer süßen Flüssigkeit eingerieben werden. Auch Haarspray zum Fixieren und Teppichreste zum Verteilen der Farbe gehören zur Ausrüstung.

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Kreide als künstlerisches Werkzeug

Jeder hatte Kreide schon in der Hand – selbst wenn es sich nur um das Schreiben der binomischen Formeln auf der Tafel handelte. Dabei unterscheidet sich Schulkreide von der Straßenkreide kaum, nur dass sie weniger Staub entwickelt und härter ist. Wichtig für die Straßenkreide ist aber der raue Untergrund. Beide Kreidearten hinterlassen kleine Partikel, die locker an der Tafel haften bleiben und leicht wieder abgewischt werden können. Die Erfindung der farbigen Tafelkreide wird dem Schotten James Pillans (1778-1864) zugeschrieben, der in einem Buch detailliert den Herstellungsprozess beschreibt. Die traditionelle weiße Kreide findet jedoch schon seit Jahrhunderten zum Beschriften von Tafeln Verwendung. Als Beispiel gilt die Abbildung einer mit Kreide beschrifteten Tafel von Johann Amos Comenius, Bischof und Philosoph aus Amsterdam, aus dem Jahr 1653. Tafelkreide bestand ursprünglich aus natürlichem Calcium-Carbonat, einer besonders feinkörnigen, reinen und weichen Form des Kalksteins. Da echte Kreide relativ teuer ist, wird Tafelkreide heute meistens aus Gips hergestellt. (hon)