Zum zweiten Mal in diesem Jahr beschäftigte sich der Gemeinderat mit der Bedarfsplanung bei der Kinderbetreuung. Die Zunahme der Geburten wie auch externe Faktoren wie die Verschiebung des Einschulungstages tragen Probleme an die Stadtverwaltung heran: Weil im nächsten Kindergartenjahr nach gegenwärtigem Stand neun Plätze für Kleinkinder und 20 Plätze für Kinder über drei Jahre fehlen werden, müssen zusätzliche Betreuungsmöglichkeiten geschaffen oder der Bestand anders organisiert werden.

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Hauptamtsleiter Jürgen Bertsche scheute sich nicht, bisherige Selbstverständlichkeiten infrage zu stellen. Laut Prüfung besuchten gegenwärtig 26 auswärtige Kinder die drei Bräunlinger Einrichtungen. „Für zehn von ihnen gäbe es offene Plätze in der Heimatkommune“, fügte Bertsche an. Umgekehrt stünden Bräunlinger Kinder auf der Warteliste. Bertsche schlug vor, in die Bedarfsplanung einen Passus aufzunehmen, dass Betreuungsplätze in Kindergärten und Krippen vorrangig Kindern aus der Gesamtstadt zur Verfügung stehen.

Geschwisterkinderregelung entfällt

Falls Platzkapazitäten vorlägen, könnten auch auswärtige Kinder, von denen ein Elternteil in Bräunlingen arbeitet, genommen werden. Benötigten Einheimische diese Plätze, dürfe der Kindergartenträger diesen Betreuungsplatz zum Quartalsende kündigen. Die Geschwisterkinderregelung entfalle für Auswärtige.

Der hintere Teil des Kindergartens St. Vinzenz in Bräunlingen steht nach dem Umbau im Hauptgebäude leer. Nach geringfügigen ...
Der hintere Teil des Kindergartens St. Vinzenz in Bräunlingen steht nach dem Umbau im Hauptgebäude leer. Nach geringfügigen Umbaumaßnahmen könnten dort zwei Gruppen einziehen. | Bild: Wursthorn, Jens

Mit dieser, später einstimmig beschlossenen Regelung bewege sich Bräunlingen im Übrigen auf sicherem Rechtsboden, denn „Donaueschingen, Blumberg und Villingen-Schwenningen haben ähnliche Regelungen“, so Bertsche.

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Eine räumliche Lösung ohne hohe Kosten könnte sich im katholischen Kindergarten St. Vinzenz ergeben. Seit die Krippe im Oberschoss des Hauptgebäudes in Betrieb ging, ist der hintere Gebäudeteil stillgelegt. Hier gibt es zwei große Gruppenräume mit Nebenraum, Sanitärbereich und Küche. Hier könnten bis zu zwei altersgemischte Gruppen – Kinder im Alter zwischen zwei und sechs Jahren – untergebracht werden. Unterm Strich ergäben sich hier bei einer „moderaten Finanzierung“ 22 Kindergarten- und zwölf Kleinkindplätze.

Etwas mehr Luft ohne Neubau

Läge die Zusage der Verrechnungsstelle vor, ließe sich der Umbau mit 35 000 Euro bewerkstelligen und das Zusatzangebot ins Kindergartenjahr 2020/21 aufnehmen. „Das würde uns Luft verschaffen ohne einen Neubau.“

Angesichts der Entwicklung in den Baugebieten dürften Kinderzahl und Bedarf noch steigen. Zumal die Stadt Wartelisten vermeiden möchte, gehe der Blick auch in Richtung alternativer Betreuungsformen. Bertsche nannte Naturkindergarten, Waldkindergarten oder Bauernhofkindergarten als Möglichkeiten. Wenn dort 20 bis 30 Plätze etabliert würden, könnte dies die Betreuungslandschaft entzerren und die Stadt handlungsfähig lassen.

Wie gestern erst genutzt: der hintere Teil des Kindergartens St. Vinzenz in Bräunlingen.
Wie gestern erst genutzt: der hintere Teil des Kindergartens St. Vinzenz in Bräunlingen. | Bild: Wursthorn, Jens

Zuletzt könnte die Stadt die Gebührensatzung überarbeiten. Generell liege der Anteil der durch die Eltern gedeckten Kosten bei 16 Prozent und damit vier Prozentpunkte unter dem empfohlenen Anteil. Bertsche schlug dem Gemeinderat vor, die Gebühren zu erhöhen: dabei sollte nicht die 6,5-Stunden-Regelbetreuung im Mittelpunkt stehen, sondern längere und personalintensive Zusatzangebote.

Verwaltung soll freie Hand bekommen

Simone Burgert (CDU) begrüßte eine Gebührenerhöhung bei den Angeboten, die über die Regelleistung hinaus gehen. Lobenswert sei, dass sich die Kindergartenleitungen für alternative Angebote öffnen. Es sei eben das exzellente Betreuungsangebot in Bräunlingen, das die Situation mit den auswärtigen Kindern heraufbeschwört habe, meinte Berthold Geyer (Gruppe 84). Die Verwaltung solle freie Hand haben, mit allen Optionen zu arbeiten. Clemens Fahl (SPD) ließ sich von Bertsche versichern, dass eine Betreuung von Kindern, deren Elternteil in Bräunlingen arbeite, auch weiterhin betreut werden könne. Wenn es eben einen Platz gibt.

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Armin Ewald warb dafür, sich mit Fingerspitzengefühl und sozialverträglich von auswärtigen Kindern zu trennen. Rolf Schütz (CDU) brachte das Thema Betriebskindergarten in die Diskussion ein. Betriebe seien interessiert, ihre Mitarbeiterinnen nach der Babypause früh wieder zu beschäftigen. Die Stadt könnte sich mit einem Zuschuss an einem Betriebskindergarten beteiligen und dabei Personal- und Raumkosten sparen. Laut Jürgen Bertsche gebe es bereits Gespräche zu einer solchen Kooperation.

Kindergärten, Kinder und Bedarfsprognose

  • Ü 3-Kinder: In der Gesamtstadt Bräunlingen sind drei Kindergärten in Betrieb. Neben dem städtischen Kindergarten in der Kernstadt gibt es St. Vinzenz Bräunlingen und St. Marien Döggingen. Sie stehen unter Trägerschaft der Katholischen Kirchengemeinde „Auf der Baar“. der städtische Kindergarten bietet in fünf Gruppen 75 Plätze für Kinder, die älter sind als drei Jahre (Ü 3). In St. Vinzenz können 75 Ü 3-Kinder in drei Gruppen betreut werden. Zwei Gruppen bieten in St. Marien 53 Plätze Ü 3. Drei sind gegenwärtig frei. In Bräunlingen sind alle Plätze belegt. Zum Gesamtangebot von 250 Plätzen. Drei Plätze stehen in Bräunlingen zur Kindertagespflege für Kinder zwischen drei und sechs Jahren zur Verfügung.
  • Krippenkinder: Für Kleinkinder unter drei Jahren (U 3) gibt es im städtischen Kindergarten 30 Plätze, im katholischen Kindergarten in Bräunlingen 20 Plätze und in Döggingen zehn Plätze. Alle 60 Plätze sind belegt.
  • Bedarfsermittlung: Laut einer Tischvorlage der Verwaltung sei die Planung für Kleinkindbetreuungsplätze äußerst schwierig, da der Bedarf recht kurzfristig und schwankend sei. Dennoch sei ein stetiger Anstieg nach oben zu verzeichnen. Nach Befragungen und laut Einwohnerstatistik ist zu Beginn des Kindergartenjahrs 2020/21 mit einem weiteren Bedarf von mindestens neun Krippenplätzen zu rechnen. In Kindergartenbereich errechnet sich der Mehrbedarf auf rund 20 Betreuungsplätze.
  • Kinderzahlen: Das Einwohnermeldeamt weist mit Stand 9. Dezember 2019 185 Kinder unter drei Jahre aus. 231 Kinder zählt die aktuelle Ü 3-Statistik. Für das nächste Kindergartenjahr geht die Stadt von 288 Ü 3-Kindern aus. Setzt man als Rechenfaktor allgemein übliche 95-Prozent-Belegung voraus, werden 273 Plätze gebraucht. Ein Jahr später bedeuten 295 Kinder 280 Betreuungsplätze. Dass dieser im Kern sehr erfreuliche Trend nicht abbrechen dürfte, verrät ein Blick in die Entwicklung der Geburtenzahlen. Lag schon das Jahr 2018 mit 58 Geburten über dem langjährigen Schnitt, so scheint die aktuelle Zahl von 66 Bräunlingern, die 2019 geboren wurden, einen Zehn-Jahres-Rekord zu aufzustellen. (wur)