Eine Stadt freut sich, wenn die Bevölkerung wächst. Die Straßen füllen sich mit Leben, das Gewerbe und der Handel blühen auf, Geld wird in die Stadtkasse gespült. Aber mehr Leute bedeutet auch: Mehr wichtige Infrastruktur. Ganz besonders wird das bei den Betreuungsplätzen für Kinder spürbar. Jedes Jahr präsentiert Hauptamtsleiter Jürgen Bertsche den Stadträten eine entsprechende Bedarfsanalyse. Sie ist der Handlungsleitfaden für das weitere Vorgehen der Stadt. Natürlich wenn es etwas zu tun gibt. Und im kommenden Kindertagesstättenjahr 2021/2022, das im September beginnt, wird es definitiv etwas zu tun geben.

Die Zahlen steigen

„Zu Beginn 2022 steigen die Zahlen. Es werden dann 344 Kinder, für die wir einen Platz bei uns brauchen“, erklärt Bertsche. In dieser Hinsicht „geht unheimlich was.“ Und die Stadt hat Handlungsbedarf. Gilt es doch einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz zu erfüllen. „Wir berücksichtigen bereits, dass 49 Kinder dann aus der Kita in die Schule gehen. Der Restbedarf liegt dann bei 20 bis 30 Plätzen. Dafür müssen wir eine Lösung finden“, so Bertsche weiter. Seit 2017 seien steigende Geburtenzahlen zu verzeichnen, einen Höchststand habe man 2020 erreicht.

Baugebiete im Fokus

Noch keine Erkenntnisse habe man indes von den neuen Baugebieten in Waldhausen und am Bregenberg. „Wie viele Familien sind es etwa, die dort wohnen werden? Wir haben jedoch ein Handlungspotenzial auch für 2023. Das müssen wir im Fokus haben.“ Planen könne man das jedoch noch nicht: „Wir können nicht in die Luft hinein planen.“ Zahlen gebe es aber für 21/22. Grundlage dafür seien Rückmeldungen aus den Kitas in der Stadt, sowie einer großen Bedarfsumfrage, die per Fragebogen an rund 350 Eltern gegangen ist.

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Aber wie soll der Bedarf für das kommende Kita-Jahr gedeckt werden?

„Wir werden im Laufe des Jahres weitere Plätze generieren“, so der Hauptamtsleiter. Dazu werde man einen stillgelegten Teil des katholischen Kindergartens wieder aktivieren und voraussichtlich im Juni eine weitere Gruppe einrichten. Dort soll auch eine weitere Krippengruppe eingerichtet werden, was mit wenig Aufwand machbar sei. Plätze für auswärtige Kinder wolle man nach wie vor nur in bestimmten Fällen zulassen. Meist seien dann die Eltern in Bräunlingen berufstätig. „Teilweise waren das dann bis zu Kinder. Wir haben mittlerweile kräftig abgespeckt. Es sind jetzt nur noch 15, und auch diese Zahlen gehen weiter nach unten.“ Unter den Kindern seien auch welche von Eltern, die vor haben in Bräunlingen zu bauen.

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So gilt es weiter, den Bedarf an rund 20 Plätzen für Kinder im Alter über drei Jahre zu finden. „Es ist konkret etwas angedacht in einer in Bräunlingen bislang unbekannten Betreuungsform“, so Bertsche. Dabei handelt es sich um einen Bauernhof-Kindergarten. „Wir könnten uns das vorstellen. Es entlastet uns in der Stadt und die Planung wäre auf ein bis zwei Jahre gesichert.“ Dann müsse man jedoch aufpassen, wie sich die Zahlen weiter entwickeln.

Das sagen die Räte

„Diese Planung ist immer eine große Herausforderung und ist mit sehr viel Arbeit verbunden“, sagt CDU-Stadträtin Simone Burgert. „Ich möchte unterstreichen, dass wir in Bräunlingen sehr gute Kitas haben, die eine hohe Qualität besitzen. Es gilt auch in Zukunft, diese Qualität zu erhalten.“ Wolle man die erhalten, müsse man investieren. „Wir müssen das Augenmerk auf jene legen, die den größten Bedarf haben. Und schauen, dass wir den erfüllen können.“ Man müsse da auch mal schauen, wie hoch der Bedarf tatsächlich sei. Der Bauernhof-Kindergarten sei laut Burgert eine „gute Erweiterung“, die auch zur Qualität der Bräunlinger Einrichtungen beitragen werde.

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Man müsse jetzt schon weiter in die Zukunft schauen, so Berthold Geyer, Fraktionssprecher der Gruppe 84. Je früher man auf die Baugebiete reagiere, desto besser. „Wir können schnell überrascht werden.“ Man müsse sich im Vorfeld Gedanken machen, dass man parat sei. Zudem hoffe Geyer, dass der neue Bauernhof-Kindergarten nicht nur als Notlösung herhalten müsse. „Zu sagen, dass wir 2024 einen neuen Kindergarten brauchen, das wäre jetzt nicht seriös“, erklärte Bertsche. Man müsse jedes Jahr über den Bedarf sprechen und planen, wenn man konkrete Zahlen habe. „Wir sehen, wie sie sich entwickeln und wie es die Baugebiete tun.“ Der Bauernhof-Kindergarten sei keineswegs nur als Notlösung zu verstehen. Man habe sich mit dem Vorhaben nun schon geraume Zeit auseinander gesetzt und sehe es nicht nur aus Platzgründen als Bereicherung für Bräunlingen: „Als die Initiatoren mit der Idee an uns herantraten, fanden wir das Angebot sofort hochinteressant. Selbstverständlich bietet es uns die Chance, hier weitere Kinder unterzubringen.“

Gebiet zu früh verkauft?

„Wenn man die Zahlen jetzt so sieht, dann mache ich mir immer mehr Gedanken“, sagt Armin Ewald, Fraktionssprecher der FDP. Man habe ein Gebiet neben dem städtischen Kindergarten verkauft: „Und das fällt uns jetzt auf die Füße, wenn die Zahlen steigen.“ Er habe damals gegen den Verkauf gestimmt. „Und wie sieht es dann in Zukunft mit dem Platz für die Schulkindbetreuung aus?“ Dort habe man aktuell drei Räume und der Bedarf sei eine Zeit lang gedeckt. „Momentan haben wir schon Puffer. Außerhalb der Pandemie werden auch Klassenräume genutzt. Die nächsten zwei bis drei Jahre müsste das selbst bei einer Steigerung reichen“, sagt Jürgen Bertsche.

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Auch Clemens Fahl, Fraktionssprecher der SPD, bemängelte den Verkauf des Gebietes: „Als wir damals das Gelände verkauft haben, wurde gefragt, ob wir genügend Platz haben. Und es hieß, dass wir den hätten.“ Man habe in Bräunlingen hervorragende Kitas. „Das ist ein Punkt, weshalb viele nach Bräunlingen kommen“, so Fahl.

Der Verkauf des Geländes sei damals mit einer Mehrheit des Gemeinderates so beschlossen worden. Zudem habe es damals den Bedarf an zusätzlichen Plätzen auch nicht gegeben, erläutert Bürgermeister Micha Bächle.

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CDU-Stadtrat Rolf Schütz sah in den steigenden Kinderzahlen ein positives Zeichen: „Ich freue mich darüber. Früher hat man mal gesagt, dass die Stadt ausstirbt. Das sieht jetzt ganz anders aus.“ Schütz erkundigte sich auch über den Bedarf in Döggingen und wie der zukünftig erfüllt werde. „Wenn der Kindergarten in Döggingen voll ist, dann müssen die Kinder nach Bräunlingen und unter Umständen die Plätze in der Bräunlinger Kernstadt nutzen“, so Jürgen Bertsche.

Kita-Plätze und Rechtsanspruch

Die Schaffung von ausreichend vielen Betreuungsplätzen gehört zu den Pflichtaufgaben einer Gemeinde.

  • Unter drei Jahren: Nach Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz für Kinder im Alter von unter drei Jahren (U3) ist mit 65 Betreuungsplätzen zu Beginn des Kindergartenjahres 2021/22 für Kleinkinder dieser Altersgruppe der erwartete und realistische Bedarf nicht mehr gedeckt. Er liegt bei 74 Plätzen. Laut Stadt werde der Bedarf an U3-Betreuung weiter steigen. Der künftigen Entwicklung 2022/2023 und darüber hinaus gilt die große Aufmerksamkeit. In Bräunlingen überwiege das Interesse nach Kleinkindbetreuung in Tageseinrichtungen.
  • Drei bis sechs Jahre: Für das Kindergartenjahr 2021/22 werde im Bereich der Drei- bis Sechsjährigen (Ü3) für Bräunlingen ein Bedarf von 272 Plätzen errechnet, bereits bestehende Anmeldungen inklusive. Der Bedarf im Kindergartenjahr 2022/2023 beträgt voraussichtlich 327 Plätze, wobei diese Zahl noch von den Schulabgängern 2021/22 abhänge. Hier ergibt sich das Problem, dass so der Rechtsanspruch nicht mehr erfüllt werden kann. Im Ü3-Bereich sei deshalb für die Kindergartenjahre 2021 und folgende Handlungsbedarf notwendig. Gerade 2020 sei ein besonder Geburtenstarker Jahrgang gewesen. Besonderes Augenmerk verlange auch in den folgenden Jahren ab 2022 die Entwicklung der Wohngebiete Waldhausen und vor allem am Bregenberg. Hier läuft aktuell die Erschließung des Gebietes, bereits dieses Jahr soll allerdings mit dem Bauen begonnen werden. Man rechnet damit, dass das schließlich auch Auswirkungen auf die Einwohner- und Kinderzahlen haben wird.