Es war im Juni 2016: Damals präsentierte Hotelchef Alexander Aisenbrey die ersten Visualisierungen für den neuen Öschberghof. Darunter auch die ersten Bilder, wie einst das Ösch-Noir aussehen soll. Damals schon verkündete Aisenbrey selbstbewusst: Das Ösch-Noir werde eine Sterneküche anbieten und mit dem Eigengewächs Manuel Ulrich habe man auch dafür den richtigen Mann gefunden, der diese Vision in die Realität umsetzen wird.

Als Ende 2018 das Ösch-Noir erstmals seine Türen öffnete, entsprach das, was die Gäste zu sehen bekamen, genau dem, was die Planungen gezeigt hatten. Und irgendwann kamen dann auch die Testesser. Unerkannt haben sie im Ösch-Noir gespeist. „Man hat manchmal einen Verdacht und es gibt Anzeichen, aber die wissen sich sehr gut zu tarnen und ganz sicher kann man das nie sagen“, sagt Manuel Ulrich. Und auch was sie nun genau gegessen haben, darauf kann er nur schließen, wenn er die Bilder auf der Michelin-Seite anschaut.
Doch eines ist sicher: Das was den Testern präsentiert worden ist, das hat sie überzeugt, denn seit gestern ist das Ösch-Noir stolzer Besitzer eines Sterns. „Ich bin absolut stolz, wir haben lange darauf hingearbeitet“, sagt Aisenbrey, der gestern in Hamburg war. Eigentlich wollte er ja bei der Verleihung dabei sein, doch dieses wurde aufgrund des Corona-Virus abgesagt und nur im Internet übertragen. Da aber schon alles gebucht war und nur noch eine kostenpflichte Stornierung möglich war, hat er sich trotzdem im „kleinen Kreis“ in Hamburg getroffen, um dort die Verleihung zu verfolgen und auch zu feiern.
Für Aisenbrey ist es das zweite Haus, das er zum Stern führt. Die Schwarzwaldstube der Traube Tonbach hatte ihre Sterne schon, als Aisenbrey dort gearbeitet hat. Doch die Vila Vita Rosenpark in Marburg hat auch unter ihm einen Stern bekommen. Während Aisenbrey sich über seinen Ösch-Noir-Stern freuen konnte, trübte ein bisschen die Entscheidung zur Taube Tonbach die Stimmung. Nach dem Brand in der Schwarzwaldstube sind nun auch die Sterne weg: „Das ist echt bitter. Das hätte ich so nicht erwartet“, sagt Aisenbrey, für den es nicht nur die erste Arbeitsstätte nach der Lehre war, sondern der auch beim Brand selbst als Gast im Hotel verweilte. „Man hätte die Sterne auch einfach nur in Klammern setzen können.“
Manuel Ulrich, der schon bei der offiziellen Eröffnung des Öschberghofs als „zukünftiger Sternekoch“ präsentiert wurde und damals in der Reihe von Namen wie Christoph Rüffer (Haerlin Hamburg / damals zwei Sterne), Alfons Schubeck (Tiroler Stuben München / damals ein Stern) und Boris Rommel (Le Cerf Friedrichsruhe / damals zwei Sterne) gekocht hat, hat die Verleihung in seiner Heimat Heidenhofen verfolgt. Dabei auch Teile seines Teams. Denn so einen Stern bekommt man nicht alleine. Das Essen kann noch so gut sein, wenn das Umfeld nicht passt und der Service schlecht ist, wird‘s auch nichts mit dem Stern. Und wer gemeinsam kocht, den passenden Wein dazu parat hat und das alles dem Gast noch serviert, der feiert auch gemeinsam. Während es morgens Eier Benedict gab, durfte es zum Stern auch Champagner sein.
Und wie fühlt man sich nun, wenn man nicht nur Heidenshofens einziger Sternekoch ist, sondern auch im Schwarzwald-Baar-Kreis ein ganz neues kulinarisches Niveau etabliert hat? „Ich fühle mich befreit. Es ist ein große Druck von mir abgefallen“, sagt Ulrich. Wobei der Druck nicht von außen gekommen sei. „Mir wurde nie gesagt, dass ich bis zu einem bestimmten Datum einen Stern haben muss“, sagt der 34-Jährige. Doch er selbst hatte sich das zum Ziel gesetzt, dass es schon nach einem Jahr eine Verleihung geben sollte.

Dabei war es nicht sein Kindheitstraum. „Man schaut zu den Sterneköchen immer auf. Aber so richtig habe ich mich mit dem Thema erst beschäftige, als ich gefragt worden bin, ob ich das Ösch-Noir übernehmen will“, sagt Ulrich. Das war vor fünf Jahren. Dann kochte er in Sterneküchen, lernte viel und entdeckte seine Leidenschaft. Dass er gerne kocht, war schon früh klar – für Freunde oder wenn er sich im Jugendbereich engagierte auf den Freizeiten. Doch erst nach dem Abitur traf er die Entscheidung: „Alle haben gesagt, ich soll etwas studieren. Doch ich habe mich dafür entschieden, mein Hobby zum Beruf zu machen. Das ist viel besser, als wenn ich etwas studiert hätte, das mich nicht interessiert hätte“, sagt Ulrich. Und Spaß hat er bei der Arbeit. „Beim Kochen sind auch so viel Emotionen und so viel Persönliches drin, das geht nicht ohne.“ Heute geht es ganz regulär zu Arbeit – aber als Sternekoch.