Wer sich auf dem Donaueschinger Skateplatz unter der Schellenbergbrücke aufhält, der sieht dort – logisch – viele Skater. Er sieht außerdem viele Schuhe, und zwar mehr, als tatsächlich gerade Beine auf dem Platz unterwegs sind. Klingt merkwürdig, erklärt sich aber mit einem Blick nach oben. Dort verläuft parallel zur Brücke eine dicke, graue Rohrleitung. Ihr tristes Grau wird jedoch von anderen Attributen überschattet: Mit zusammengeknoteten Schnürsenkeln hängen dort etliche Schuhe.

Der 19-jährige Mathew Glasow ist regelmäßig auf dem Platz unterwegs. Er weiß, was es mit den hängenden Schuhen auf sich hat: "Das ist bei Skatern weltweit so eine Art Brauch. Die alten Schuhe kommen dann nach oben", erklärt er.

Die Schuhe befinden sich in einem ordentlichen Abstand zum Fußboden, mehrere Meter gilt es zu überwinden, um ein Paar dorthin zu bekommen. Wie funktioniert das denn? "Die werden hochgeworfen", sagt Glasow. Rund einen Monat habe es gedauert, bis die Schuhe so wie heute an dem Rohr hingen.

Diese Aktion ist allerdings nicht originär eine aus Donaueschingen. Es handelt sich dabei um einen Trend, der weltweit um sich greift und als Shoefiti (engl.: shoe – Schuh und Graffiti) bezeichnet wird.

Wie so oft bei Bräuchen, die immer größer werden, weiß irgendwann niemand mehr so recht, wie und warum sie überhaupt begonnen wurden. Daher gibt es auch beim Shoefiti etliche Geschichten, die sich um den Anfang ranken. So sollen amerikanische Soldaten nach dem Ende ihres Wehrdienstes ihre durchgetretenen Stiefel über Oberleitungen geworfen haben. In Australien zeigen Schüler damit, dass sie ihre Prüfung bestanden haben. In den USA sollen baumelnde Schuhe ein Drogengebiet markiert haben und Straßengangs sollen Schuhe an Orten hinterlassen haben, an dem eines ihrer Mitglieder getötet wurde.

Besonders bekannt ist Shoefiti in Flensburg, wo es bereits seit 2005 beobachtet wird. Nachdem Kunden eines Schuhgeschäftes mit neuer Ware versorgt waren, warf der Ladenbesitzer die zurückgelassenen alten einfach über eine Leine. Der kleine Skateplatz unter der Brücke in Donaueschingen ist also internationaler, als es zunächst den Anschein hat.

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