Ein knappes Ergebnis: Davon war im Vorfeld schon auszugehen. Doch dass die Bürgermeisterwahl letztendlich aufgrund von Stimmgleichheit zwischen den beiden Kandidaten Jürgen Maas und Severin Graf durch das Losverfahren entschieden würde, darauf hätte wohl niemand gewettet. Als jüngstem Gemeinderat oblag es GUB-Stadtrat Philipp Janosch das Los zu ziehen: So wird am 1. März der ehemalige Bürgermeister von Aach, Severin Graf, die Nachfolge von Bürgermeister Bernhard Kaiser antreten.
Der ungewöhnliche Ausgang der Bürgermeisterwahl ist nur der Schlusspunkt hinter einer langen Geschichte. Denn lange bevor sich die Kandidaten am Dienstagabend erstmals der Öffentlichkeit präsentierten, hatte es hinter den Kulissen der Kommunalpolitik etliche Diskussionen gegeben. Grund dafür war die Bewerbung des Krefelder Kandidaten Jürgen Maas, die nach Ablauf der Bewerbungsfrist im Donaueschinger Rathaus eingegangen war. Es habe einen gewissen Reifeprozess gebraucht, bis Jürgen Maas die Entscheidung treffen konnte, sich als neuer Bürgermeister in Donaueschingen zu bewerben: "Ich habe gemeinsam mich mit meiner Frau unterhalten und wir haben viele gute und offene Gespräche geführt." Dadurch sei es zu 150 Prozent Einsatzwille gekommen, daher auch der Entschluss, zur Wahl anzutreten.
Aus rechtlicher Sicht kein Problem – zu diesem Schluss kam zumindest die Donaueschinger Verwaltung und auch die zuständige Kommunalaufsicht, das Regierungspräsidium Freiburg. Denn zum Zeitpunkt, an dem die Bewerbung dann vorgelegen habe, sei noch keine Vorauswahl getroffen worden. Ähnlich sah das auch der beschließende Ausschuss, der eigens für die Auswahl der Kandidaten gegründet worden und in dem jede Fraktion vertreten war. Dieser Ausschuss hat sich in seiner Sitzung, in der die 13 Kandidaten gesichtet und bewertet wurden, auch intensiv mit der Bewerbung von Maas beschäftigt. Nach ausgiebiger Erörterung der Argumente, die für und gegen eine Zulassung der verspäteten Bewerbung gesprochen haben, wurde abgestimmt: Einstimmig sprachen sich alle dafür aus, die Bewerbung zuzulassen. Keine der Fraktionen sah zu diesem Zeitpunkt ein Problem.
SPD-Kandidat zieht seine Bewerbung zurück
So präsentierten sich nun die Bewerber zwei Tage vor Weihnachten: Eine Auswahl wurde getroffen. Doch eher am Rande wurde dann ein Problem bekannt. Das Regierungspräsidium habe mitgeteilt, dass nicht der Ausschuss, sondern der Gemeinderat darüber entscheiden müsse. Der Ausschuss hat diese Kompetenz nicht übertragen bekommen. Und in diesem Moment begann die kommunalpolitische Welt aus den Fugen zu geraten. Letztendlich führte es dazu, dass ein Kandidat seine Bewerbung zurückgezogen hat: Ausgerechnet der SPD-Bewerber, den auch GUB und Grüne gern unterstützt hätten und der neben Maas als aussichtsreichster Kandidat galt.
Drei Fraktionen suchen nach einem neuen Favoriten
Bis zu diesem Zeitpunkt war von einer Stichwahl zwischen Maas, der der Unterstützung der CDU- und der FDP/FW-Fraktion sicher war und dem SPD-Kandidaten auszugehen. Doch nach dem Rückzug der Bewerbung Anfang Januar war die SPD nun plötzlich nicht nur kandidatenlos, sondern auch ziemlich sauer. Und vor allem mit ihren Emotionen nicht allein, denn auch GUB und Grüne wussten nun plötzlich nicht mehr, für wen sie eigentlich stimmen sollten. Selbst in der vergangenen Woche waren noch viele unschlüssige Gemeinderäte unterwegs, die eigentlich noch keinen Favoriten hatten.
Wie gespalten der Gemeinderat war, zeigte sich bei der Abstimmung, ob Maas sich überhaupt präsentieren dürfte: Während sich CDU- und FDP/FW-Fraktion geschlossen für die Zulassung aussprachen, gab es in den Reihen der SPD, der GUB und der Grünen keine Ja-Stimme, sondern elf Gegenstimmen und fünf Enthaltungen.
Hätten sich CDU und FDP/FW im ersten Wahlgang auch einheitlich präsentiert, hätten die 19 Stimmen für Maas gereicht. Er kam allerdings nur auf 17 und Graf auf 14 Stimmen. Klar war zu diesem Zeitpunkt nur eines: Tobias Butsch mit vier Stimmen und Andreas Merkle mit einer Stimme werden es nicht schaffen.
An Spannung war das Ganze nicht zu überbieten, als Graf und Maas in der Stichwahl beide 18 Stimmen erhielten. Ungläubiges Raunen, als OB Erik Pauly verkündete, dass nun das Los entscheiden werde. "Das kann doch nicht wahr sein", entfuhr es Ehrenbürger Hansjürgen Bühler. Doch so regelt es nun einmal die Gemeindeordnung.
Durch Los zum Bürgermeister: drei Beispiele
Häufig kommt es nicht vor, dass über das Bürgermeisteramt per Losverfahren entschieden wird.
Lörrach
In jüngster Vergangenheit gab es in Lörrach einen Fall. So wurde im April 2018 Monika Neuhöfer-Avdic neue Bürgermeisterin, nachdem sie und ihre Mitbewerberin Susanne Schreiber jeweils 16 Stimmen erhalten hatten.
Rottweil
Auch in der Region gab es so etwas schon: In Rottweil wurde 2015 Christian Ruf Bürgermeister, als das Los für ihn und gegen Andreas Haas entschied.
Kreatives Losverfahren
Und in Wattenbeck Schleswig-Holstein herrschte im Juli 2018 nach drei Wahlgängen Stimmengleichheit. Das Losverfahren war recht kreativ: Die Namen wurden in die Plastikverpackung, in denen sich das Spielzeug von Überraschungseiern befindet, gepackt, in einer Vase verstaut und dann wurde gelost.