Fußball ist geprägt von Emotionen. Wer diesem Sport verbunden ist, weiß ganz genau, dass auf und um den Platz oft andere Sitten herrschen als im Alltag. Dennoch sind solche Auswüchse, wie sie am Mittwoch Thema vor dem Villinger Amtsgericht waren, die Ausnahme. Hier hatte es Amtsrichter Christian Bäumler mit einer vielschichtigen Geschichte zu tun.
Den Rahmen bot das Spiel des VfB Villingen gegen den FC Pfohren Ende Oktober in der C-Juniorinnen-Bezirksliga. Der Beklagten wurde eine Beleidigung vorgeworfen. Die Angehörige einer Spielerin soll den Gästetrainer zweimal als pädophil beschimpft und mit Schmähwörtern überzogen haben.
Die Vorgeschichte: Schon vor dem Spiel soll das Gerücht umhergewirrt sein, dass der VfB Villingen eine Torhüterin einsetzt, die aufgrund zu hohen Alters nicht mehr für die C-Juniorinnen (13 bis 14 Jahre) spielberechtigt gewesen sei. Einen Ausdruck des Spielberichts habe der Heimverein ebenso wenig wie Spielerpässe vorlegen können, heißt es dazu.
Deswegen trat der FC Pfohren das Spiel auch bloß unter Protest an. In der besagten Liga stellt der Verband keine Schiedsrichter, daher muss die gastgebende Mannschaft eine Person benennen. "Den Schiri hat es gar nicht interessiert, wer da auf dem Platz steht", wunderte sich der Gästetrainer in seiner Zeugenaussage vor Gericht. Im Laufe der Begegnung tauchten die Pässe schließlich auf. Der später Beleidigte machte ein Foto des Spielerpasses. Dieser zeigt neben dem Namen und einer Passnummer auch ein Passfoto.
Dies wiederum erzürnte die Angehörige der Spielerin so sehr, dass sie vom Trainer verlangte, das Foto zu löschen. Sie soll ihn dann – mit Schimpfworten begleitet – gefragt haben: "Woher soll ich denn wissen, dass Sie nicht pädophil sind?" Dem widersprach der Betroffene vehement. Dass als Druckmittel die Spielerinnen des FC Pfohren in der Kabine eingeschlossen worden sein sollen, um zu erzwingen, dass das Foto gelöscht wird, war am Mittwoch kein Gegenstand des Verfahrens.
Bereits zu Prozessbeginn hatte der Rechtsanwalt der Beklagten die Einstellung des Verfahrens angeregt. Der Richter war nicht abgeneigt. Allerdings lehnte die Rechtsreferendarin nach telefonischer Rücksprache mit dem von ihr vertretenen Staatsanwalt ab. "Das ist wie Kabarett, acht Zeugen wegen 15 Tagessätzen", konnte sich Bäumler nicht verkneifen, "dann versuche ich es mal mit Plan B". Er schlug der Beklagtenseite vor, den Einspruch gegen den Strafbefehl (insgesamt 375 Euro) auf die Rechtsfolge zu beschränken. Dies lehnte der Rechtsanwalt ab.
Der Durchbruch kam mit der Aussage des Beleidigten. Zunächst entschuldigte sich die Beklagte etwas widerwillig, aber mit Nachdruck des Richters, beim Gästetrainer. Dieser stimmte der Einstellung des Verfahrens unter der Auflage zu, dass die Beklagte 200 Euro an den FC Pfohren zahlt.