In Deutschland wird gemordet, und zwar kräftig. Mehr als viereinhalbtausend Morde konnte der Journalist Glenn Riedmaier 2015 zählen. Tatsächlich. Allerdings geschahen die nicht wirklich, sondern in der Fantasie eifriger Drehbuchschreiber bei den Fernsehsendern ZDF und ZDFneo. In Wirklichkeit wies die Statistik lediglich ein Zehntel dieser Zahl auf.
Wie verändert sich das Empfinden?
Auch der sonntägliche "Tatort" trägt dazu bei, an welchen Orten sich Menschen unwohl fühlen, vor denen sie gar Angst haben. "Anders als bei einem objektiv vorliegenden Kriminalitätsschwerpunkt handelt es sich bei einem Angstraum um einen Ort, an dem Menschen sich subjektiv nicht mehr wohl und sicher fühlen und Angst haben, Opfer von Kriminalität zu werden", erklärt Beatrix Grüninger, Rathaus-Pressesprecherin. Dabei handle es sich etwa um eine Tiefgarage, eine dunkle Unterführung oder eine Parkanlage.
Angsträume sollen beseitigt werden
Die Grünen in Baden-Württemberg hatten Mitte Januar einen Vorschlag zur Beseitigung solcher Angsträume vorgelegt. Anlass war unter anderem ein gesteigertes Sicherheitsbedürfnis seitens der Bevölkerung nach Verbrechen wie der Gruppenvergewaltigung nahe einer Diskothek in Freiburg im Oktober 2018. Der Vorschlag der Partei: Statt mehr Polizisten im öffentlichen Raum patrouillieren zu lassen, sollte dieser so gestaltet sein, dass ein – nicht durch Statistik belegbares – Unsicherheitsgefühl beseitigt werden kann.
Laut Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz soll das Konzept "über die klassische Polizei- und Justizarbeit hinausgehen" und "Sicherheitspolitik, städtebauliche Maßnahmen mit sozialen und politischen Präventionsmaßnahmen kombinieren".
Donaueschingen ist sicher
Wie aus der polizeilichen Kriminalitätsstatistik vom April 2018 hervorgehe, sei Donaueschingen eine sichere Stadt. "Auch sind der Stadt keine Räume oder Plätze bekannt, die als sogenannte Angsträume bezeichnet werden", erklärt Grüninger. Dennoch habe man das Thema im Blick. So werde bei Bauvorhaben im öffentlichen Raum prinzipiell darauf geachtet, dass durch eine offene angenehme Gestaltung nicht nur schönere Räume höherer Qualität, sondern auch gefühlt sicherere Räume entstehen. "Das Thema Sicherheit und das subjektive Sicherheitsgefühl ist also ein Aspekt, der in der Stadtplanung und Stadtgestaltung in Donaueschingen generell berücksichtigt wird", so Grüninger weiter. Als Beispiele nennt Grüninger etwa die Umgestaltung des Irmaparks, der Bahnhofsbereich, wo noch 2010 Video-Überwachung ein Thema war, sowie die Tiefgarage beim Max-Rieple-Platz, die Frauenparkplätze und hellere LED-Beleuchtung erhalten habe.

Ein Problem des Städtebaus
"Die Problematik mit Angsträumen geht in Richtung Städtebau. Wie kann Planung so etwas verhindern", sagt Thomas Knörr, Leiter des Donaueschinger Polizeireviers. Zwar gebe es immer wieder Probleme, wie etwa im Karlsgarten, das habe aber nichts mit einem Angstraum zu tun. Das Gebiet ist einsichtig und zugänglich. Das ist dann allenfalls ein Kriminalitätsschwerpunkt. Aus polizeilicher Sicht jedoch noch lange kein Brennpunkt. Da wird vieles verwechselt und spielt sich subjektiv ab", so Knörr.
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Angstraum
Als allgemeine Merkmale von Angsträumen gelten laut Polizei etwa Unübersichtlichkeit, schlechte Beleuchtung, fehlende Ausweichmöglichkeiten, Unbelebtheit oder mangelnde Gepflegtheit. Wie aus einem Traum ein Angstraum wird, hat allerdings unterschiedliche Ursachen: Das hat mit individuellen Faktoren zu tun, etwa Alter, Geschlecht oder der Herkunft. Hinzu kommen ganz persönliche Erfahrungen, etwa mit Kriminalität. Angsträume lassen sich also nicht zwangsläufig auch an konkreten Orten festmachen, sondern sind ein diffus empfundener Bereich, stark von Subjektivität geprägt. (guy)