Herr Pauly, 2020 war ein hartes Jahr, wie blicken Sie auf 2021?

Positiver und mit der berechtigten Hoffnung, dass wir ein besseres Jahr erleben können. Wenn wir Glück haben, ist Corona am Ende des Jahres Geschichte. Aber auch 2021 wird immer noch im Zeichen von Corona stehen und es wird wahrscheinlich für viele Gewerbetreibende auch ein schwieriges Jahr werden, weil viele Folge von Corona, die im letzten Jahr noch finanziell abgemildert wurden, jetzt durchschlagen.

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Können Sie schon sagen, wie sich die Situation in Donaueschingen entwickelt?

Natürlich nicht konkret aber ich erhoffe mir durch die anlaufenden Impfungen eine schnelle Rückkehr zur Normalität. Wir stehen mit unserem Einzelhandel in engem Kontakt. Die Zeit, in der die Geschäfte geschlossen werden müssen, ist sehr problematisch, weil die Inhaber auf Almosen des Staates angewiesen sind. Man ist nicht mehr Unternehmer, sondern wird auf Monate und zum Teil – beispielsweise bei Diskotheken – auf Jahre dazu verdonnert, nur noch von staatlichen Hilfen zu leben. Das ist ein schweres Schicksal. Natürlich neben den persönlichen Tragödien im gesundheitlichen Bereich bis hin zu Todesfällen.

Was war für sie persönlich 2020 die größte Herausforderung?

Wir waren im Rathaus seit Beginn der Corona-Krise gefordert, weil sich ganz neue Aufgaben gestellt haben. Wir haben von Anfang an versucht, das Menschenmögliche innerhalb der Stadtverwaltung zu tun. Wir haben die Sorgen und Nöte der Bürger ernst genommen und unbürokratisch reagiert. Einerseits als Polizeibehörde, andererseits mit konkreten Hilfsangeboten. Es gab viele Sorgen und Nöte und die Frage der Gewerbetreibenden und der Bürger: Wie geht es weiter mit dem, was vorher selbstverständlich war und nun in einen völlig bizarren Bereich gerückt ist, weil man so etwas noch nie erlebt hat. Man musste erst einmal mit der Krankheit selbst und den Gefahren, die sie auslöst, ebenso wie mit den wirtschaftlichen Folgen zurechtkommen. Da waren wir auf allen Bereichen gefordert und haben es durch ein entschlossenes und abgestimmtes Handeln professionell gemeistert.

Wie viel wird Corona die Stadt kosten? OB Erik Pauly ist sicher, dass man diese Frage nie abschließend beantworten wird.
Wie viel wird Corona die Stadt kosten? OB Erik Pauly ist sicher, dass man diese Frage nie abschließend beantworten wird. | Bild: Roland Sigwart

Blieben im Rathausteam bei solchen Herausforderungen überhaupt noch Kapazitäten für die eigentlichen Arbeiten?

Erstaunlicherweise ist ja manches der eigentlichen Arbeit weggefallen. Ich persönlich bin als OB stark im repräsentativen Bereich tätig. Hier sind viele Veranstaltungen ausgefallen. Es wurden zusätzliche Kapazitäten gefordert, wobei an anderer Stelle auch andere frei geworden sind. Bei mir hat sich das in etwa ausgeglichen. In anderen Bereichen der Verwaltung ist das natürlich anders. Im Bereich Tourismus sind die Aufgaben geringer, wenn der Tourismus darniederliegt, dafür ist das Ordnungsamt stark gefordert. Man könnte meinen, dass wenn alle Kindergärten geschlossen sind, dass dort dann auch keine Arbeit anfällt. So ist es aber nicht, wenn man eine Notversorgung und kleine Gruppen organisieren muss. Es verschieben sich Aufgaben, aber sie waren in 2020 deutlich herausfordernder als sonst. Aber am Ende hat es gut geklappt.

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Dadurch, dass Corona das allbeherrschende Thema war, entsteht irgendwie das Gefühl, dass sonst nicht viel passiert ist in der Stadt.

Da würde ich Sie einmal an unsere Bauämter verweisen, da hören Sie sicher eine andere Meinung. Natürlich läuft alles, was regulär läuft, auch weiter. Wir haben sogar viele bauliche Unterhaltungsmaßnahmen vorgezogen, als die Schulen im März und April geschlossen waren. Wir haben zudem Arbeiten vorgezogen, um den Gewerbetreibenden in der schweren Zeit Aufträge geben zu können.

Kann man sagen, wie viel Corona die Stadt kosten wird?

Ganz schwierig. Es gibt Kosten, die ganz klar auf Corona zurückzuführen sind. Wenn wir beispielsweise die Schulen mit Desinfektionsmittel ausstatten oder in der Stadtverwaltung Plexiglaswände aufstellen. Aber die corona-bedingten Anschaffungen sind überschaubar. Es geht nicht um Millionen, sondern um rund 100.000 Euro. Das Problematische für die Stadt ist, dass wir enorme Steuereinnahmeausfälle haben. Dass wir Ausgleichszahlungen von Land und Bund bekommen, lindert unser Problem zwar. Aber wenn insgesamt das Steuerniveau sinkt, weil die Wirtschaft nicht mehr so brummt wie in den letzten Jahren, dann wird uns das treffen. Wir haben auf der anderen Seite natürlich auch einzelne Ersparnisse , weil zum Beispiel Feste nicht stattfinden konnten. Hier eine Rechnung zu machen, ist aber schwer. Ich bezweifle auch, dass man im Rückblick eine Liste machen kann, bei der exakt herauskommt, was uns Corona gekostet haben wird.

Trotz aller Herausforderungen: OB Erik Pauly sieht die Stadt für die Zukunft gut aufgestellt, hat sie doch ein ordentliches finanzielles ...
Trotz aller Herausforderungen: OB Erik Pauly sieht die Stadt für die Zukunft gut aufgestellt, hat sie doch ein ordentliches finanzielles Polster. | Bild: Roland Sigwart

Wird ihnen manchmal bange, wenn sie in die Vielzahl der Projekte, die finanzielle Situation und den Ausblick in die Zukunft sehen?

Bange wird mir nicht, weil wir in den letzten Jahren einen sehr soliden Haushalt hatten. Und das ist auch ein großer Erfolg der Stadt, dass wir in der Zeit, in der die Steuereinnahmen sehr gut waren, nicht kopflos Geld ausgegeben haben. Wir haben auf sinnvolle Investitionen gesetzt und es trotzdem geschafft, nicht über unsere Verhältnisse zu leben. Deshalb haben wir ein gewisses Polster für schwere Zeiten angelegt, die jetzt kommen können. So konnten wir im Vergleich zu vielen anderen Kommunen relativ entspannt reagieren. Tatsächlich hatten wir ein immenses Investitionsvolumen in der mittelfristigen Finanzplanung eingestellt, bei dem einem schon ein bisschen besorgt und bange werden konnte. Aber in einer konstruktiven Haushaltsberatung haben wir jetzt wieder ein Niveau erreicht, bei dem die Planungen realistisch sind.

Trotz allem gibt die Stadt in den kommenden Jahren wesentlich mehr aus, als sie einnimmt. Wie kann man diesem Problem Herr werden?

Wir sind in diesem Jahr mit einer roten Null mit einem blauen Auge davon gekommen. Wir haben trotz der schwierigen Wirtschaftslage einen ausgeglichenen Ergebnishaushalt. Das muss auch in den nächsten Jahren unser Ziel sein, an dem wir arbeiten müssen. Es gibt aber wenige Stellschrauben, die wir haben: Man kann die Ausgaben herunterbringen oder die Einnahmen erhöhen. Beides führt zu Problemen, weil wir den Bürgern die Abgaben und die Gebühren nur dann erhöhen wollen, wenn es nicht anders vermeidbar ist. Deshalb würde ich den Blick auf das Einsparen richten. Wir haben immer noch ein sehr hohes Niveau der Steuereinnahmen, sodass es nicht die Lösung sein kann, dass wir sagen: „Wir kommen nicht zurecht und müssen die Einnahmen erhöhen.“ Auch jeder Privatmann darf nur das ausgeben, was er einnimmt. Und das gehört zu einer soliden Haushaltpolitik. Deshalb sollten wir schauen, wo wir sparen können.

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Eine Alternative wäre, freiwillige Leistungen wie Bücherei oder Freibäder zu streichen. Gibt es da eine Schmerzgrenze?

Es gibt ein Niveau, dass die Donaueschinger kennen und schätzen. Eine Stadt zeichnet sich ja gerade durch die freiwilligen Leistungen aus. Ohne dass das jetzt falsch verstanden wird. Man kann sagen: Wir haben drei Freibäder, es gibt Kommunen, die haben gar keines. Man kann sagen: Müssen wir die ganzen Festaktivitäten machen und müssen wir uns so ein Kulturprogramm leisten? Aber genau da sind wir an dem Punkt, wo ich sagen würde: Die Pflichtaufgaben muss jede Kommune erledigen. Aber eine Stadt lebt von den freiwilligen Aufgaben. In einer gewissen Konkurrenz um Bürger und Gewerbetreibende ist das natürlich eine wichtige Karte, die man spielen kann. Wir sind hier in Donaueschingen auf einem hohen Niveau und es fällt schwer, dieses Niveau zu senken. Man muss sich Gedanken machen, was verantwortbar ist. Ich will weiterhin ein attraktives Donaueschingen haben und dazu gehört eine kulturelle und für den Bürger angenehme Freizeitgestaltung ebenso mit dazu wie auch die überragende Infrastruktur, die wir unseren Unternehmen zur Verfügung stellen.

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Aktuell gibt es viele Diskussionen zum Thema Impfen. Lassen Sie persönlich sich gegen Corona impfen?

Wenn ich an der Reihe bin lasse ich mich selbstverständlich impfen. Ganz ehrlich: Ich möchte Corona nicht bekommen. Sie hatten ja über den Tod von Herrn Simon berichtet und da wird einem schon ganz anders, wenn man das liest. Man sieht die Todesfälle, die wir täglich haben, und viele sehen darin nur Zahlen und nehmen nicht wahr, was das im Einzelfall bedeutet. Insofern wäre man aus meiner Sicht nicht gut beraten, wenn man die Chance hat, sich impfen zu lassen, und es dann nicht tut. Man muss es ja auch positiv sehen: Als das Virus im März bei uns aufgeschlagen ist, hätte ich jede Wette verloren, dass wir Ende 2020 einen Impfstoff haben werden, der schon durch alle Prüfverfahren durch ist. Ich höre nur, dass alle schimpfen, dass zu wenig Impfstoff da ist. Aber wir haben nach so kurzer Zeit immerhin einen Impfstoff, das ist schon eine phänomenale Leistung. Und ohne einen Impfstoff werden wir Corona nicht besiegen.

Fragen: Stephanie Jakober