Wenn es um die Austragung von sportlichen Höhepunkten geht, ist Donaueschingen im weiteren Umkreis allen Gemeinden deutlich überlegen. Das jährliche CHI-Reitturnier ist bundesweit bekannt.
Das Reitturnier auf den Immenhöfen gewinnt jährlich an Popularität. Im Donaueschinger Hotel Öschberghof geben sich seit Jahren die Fußball-Bundesligisten in der Saisonvorbereitung fast die Türklinke in die Hand. Auch die erst kürzlich bekannt gewordene Austragung der deutschen Radsportmeisterschaft 2023 unterstreicht den Charakter der (Sport)-Stadt.
Weltspitze in Donaueschingen
Exakt 31 Jahre ist es inzwischen her, dass sich sogar die gesamte Weltspitze in einer Sportart in Donaueschingen traf. Nach der Junioren-Weltmeisterschaft der Gewichtheber 1986 kamen fünf Jahre später die weltbesten Top-Athleten dieser Sportart zu ihrer Weltmeisterschaft (WM) auf die Baar. Ein bis heute unvergessliches Ereignis.
Vor allem einem Mann ist es zu verdanken, dass Donaueschingen 1988 den Zuschlag für die Ausrichtung der WM bekam: Kurt Wegmann. Der heute 86-Jährige schaffte es als Solist, die Mitbewerber Barcelona und Mailand auszustechen.
Barcelona setzte bei der Präsentation auf die Videounterstützung des damaligen IOC-Präsidenten Antonio Samaranch. „Barcelona zog eine sehr professionelle Präsentation auf. Dann kam ich als Einzelkämpfer mit zwei Zetteln in der Hand. Bei der Abstimmung siegte ich mit 17:14 Stimmen“, erinnert sich Wegmann noch heute gerne und schmunzelt.

Der aus Zunsweier bei Offenburg stammende Wegmann war selbst nie ein außergewöhnlich talentierter Gewichtheber. Seine sportliche Liebe galt zunächst dem Boxen. „162 Kämpfe habe ich bestritten.“ Erst als seine Frau ihn vor der Hochzeit vor die Wahl stellte, „Boxen oder ich“, entschied sich Wegmann für die Frau.
Olympia-Kampfrichter
Anfang 1960 trat er den Gewichthebern in Donaueschingen bei, damals noch eine Abteilung der SV Donaueschingen. Wenig später wurde er schon stellvertretender Vorsitzender und bald Landessportwart. Die Karriere als Funktionär nahm Fahrt auf. In Montreal 1976 gab Wegmann als Kampfrichter sein Olympisches Debüt.
Bis Sydney 2000 war der Donaueschinger, mit Ausnahme der Spiele 1980 in Moskau wegen des Olympiaboykotts, immer dabei. Zwischenzeitlich kannte Wegmann alle wichtigen Funktionäre und diese ihn als einen Mann, der anpackt, seinen Worten Taten folgen lässt und als zuverlässig gilt.
Exakt diese Eigenschaften waren es, warum sich Wegmann mit der Stadt Donaueschingen bei der Vergabe der WM 1991 durchsetzte. „Unmittelbar nach dem Abstimmungserfolg habe ich in Donaueschingen im Rathaus angerufen. Da war die Freude natürlich groß“, erinnert sich Wegmann. Die Junioren-WM 1986 bezeichnet der Pensionär als erfolgreichen Probelauf, die ihm und der Stadt weltweit große Anerkennung eingebracht hatte.
Erstmals Männer und Frauen
Doch eine WM der Top-Athleten war noch einmal eine andere Größenordnung, die sich kurzfristig sogar weiter verdoppelte. „Vom internationalen Verband kam die Ansage, dass in Donaueschingen erstmals Frauen und Männer eine gemeinsame WM austragen sollen. Das gab es vorher nicht“, so Wegmann.
Einige Mitstreiter im deutschen Verband wollten daraufhin die WM zurückgeben, ohne Absprache mit Wegmann. „Da bin ich fast ausgeflippt. Ich war mir sicher, dass wir auch diese Doppelbelastung schaffen werden.“

Mit dem damaligen Donaueschinger Verkehrsamtsleiter Hans-Peter Probst fand Wegmann schnell einen Mitstreiter, der auch den damaligen Bürgermeister Bernhard Everke begeisterte. „Mit Hans-Jürgen Bühler und Roland Brill kamen dann zwei wirklich gute Leute hinzu, auf die ich mich jederzeit verlassen konnte“, ergänzt Wegmann. Es galt, alle Planungen schnell voranzutreiben.
Im nahen Carlton-Hotel, damals neu eröffnet und heute als Wyndham Garden, quartierte Wegmann als Funktionäre ein. Sportler aus 64 Nationen kamen auf die Baar. Mit ihnen Betreuer, Trainer und Funktionäre. „Das waren schon einmal 700 Leute. Streckenweise kamen 250 Journalisten hinzu.“ Jede nur denkbare Unterkunft, wie auch Schulen, wurden genutzt.
Rund 18.000 Zuschauer
Die WM selbst war ein großer Erfolg. Es wurden einige neue Weltrekorde aufgestellt und jeden Abend war die Donauhalle komplett ausverkauft. So wurden an den zehn Wettkampftagen rund 18.000 zahlende Zuschauer begrüßt. Trotz des riesigen Erfolgs war es für Wegmann kein Thema, nochmals um eine WM in Donaueschingen zu kämpfen. „Wir haben viel Lob erhalten, aber eine zweite WM hätte ich sicher nicht bekommen.“

Nach den Olympischen Spielen in Sydney zog sich Wegmann aus allen Funktionärsämtern zurück. Er schaffte das, was heute wenigen gelingt: loslassen. „Mit selbst 65 Jahren den 20-Jährigen zu sagen, was sie zu und und zu lassen haben, das wollte ich nicht.“
Er ist immer ein Fan geblieben
Wegmann, der zuletzt als Techniker bei der Telekom gearbeitet hatte, blieb Fan der Donaueschinger Gewichtheber, die indes ihre größten Erfolge schon 1974 und 1976 mit dem Gewinn der deutschen Mannschaftsmeisterschaft eingefahren hatten. Heute heben die Donaueschinger in der Landesliga und firmieren als Gewichtheberverein Donaueschingen (GVS).
Die Erinnerungen bleiben
Die einstigen Erfolge wird es wohl in dieser Sportart nie wieder geben. Doch es bleibt die Erinnerung an jene zehntägige Veranstaltung, in der Donaueschingen für die Schwerathleten der zentrale Punkt in der Welt war. Und es bleibt die Erinnerung, als Kurt Wegmann als Einzelkämpfer die Metropolen Mailand und Barcelona für das kleine Donaueschingen ausstach.