Im eleganten Spiegelsaal des Museums Art-Plus erlebten am Freitagabend etwa 140 Besucher beim sechsten Poetry Slam ein wahres Feuerwerk der Wortkunst. Moderator Elias Raatz führte charmant durch einen Abend, der durch Vielfalt, Talent und starke Emotionen bestach.
Was zur rasch ausverkauften Traditionsveranstaltung des Museums geworden ist, ist keineswegs ein Selbstläufer. „So eine Veranstaltung erfordert immer auch eine Extrameile an Vorbereitungen“, bemerkte Tomislav Pavrlisak, Director of Museums Operations des Art-Plus.
Der goldene Porsche muss weichen
„Ein Museum ist ja eigentlich nicht für Veranstaltungen in dieser Größenordnung gemacht, aber für den mittlerweile sechsten Poetry Slam muss dann halt der goldene Porsche, der sonst in der Mitte des Spiegelsaals thront, für einen Abend in die Ecke weichen“, führte Pavrlisak weiter aus.
Elias Raatz führte humorvoll in die einfachen Grundregeln eines Poetry Slams ein: Kreative Wortkunst von vier literarischen Talenten. Die Künstler haben freie Themenwahl, Hilfsmittel sind nicht erlaubt, also keine Requisiten oder Verkleidungen und die Vortragenden haben maximal sieben Minuten Zeit für ihren Vortrag.
Wenn der Pfau neidisch wird
Die Texte können ganz unterschiedlich gestaltet sein: lustig, lyrisch, kabarettistisch oder poetisch – und das mit so bunten und breit gefächerten Themen, so breit, „dass selbst der schönste Pfau nur deprimiert auf sein eigenes Federkleid schauen kann“, bemühte Raatz ein Bild zum Schmunzeln.
Den Auftakt machte Daniel Wagner aus Heidelberg. Mit humorvollen und tiefgründigen Einblicken in sein Leben als junger Vater zeigte er, warum er bereits mehrfach im Finale stand und zweifacher deutschsprachiger Vizemeister ist. „Es macht einfach Spaß, seine Erlebnisse auf diese Weise zu verarbeiten“, gestand er mit einem Lächeln.
Die zweite Künstlerin, Anna Volk aus Lenzkirch, hatte das gleiche Thema, allerdings aus einer anderen – nämlich der Mutter-Perspektive. Bei ihrer frei vorgetragenen Darbietung dürfte sich so mancher Besucher eine Träne verdrückt haben. Dabei ist die Theologin neu in der Slammer-Szene und leitet hauptberuflich eine Mutter-Vater-Kindklinik.

„Absolut toll, absolut super“, schwärmten denn auch Elvira Bäurer und Barbara Straub, die zum ersten Mal einen Poetry Slam besuchten.
Lebendige Vorträge über Männer und Erste Liebe
Anna Lisa Azur aus Wuppertal, die spätere Gewinnerin des Abends, bot als dritte Künstlerin eine beeindruckende Performance, die gleichermaßen mit Humor und kluger Beobachtungsgabe punktete. Ihre Texte über „Männer“ und „Erste Liebe“ waren so lebendig vorgetragen, dass das Publikum begeistert mitging.
Dabei ist die 26-jährige Kulturrucksackbeauftragte der Stadt Wuppertal eher schon professionell seit sechs Jahren in der Szene unterwegs – mit ungefähr 120 Auftritten pro Jahr kann man nicht mehr von nebenberuflich sprechen.
„Was für ein kraftvoller und vielfältiger Vortrag“, staunten Petra und Hubert Seger aus Geisingen. „Was uns beeindruckt, ist vor allem auch die Stimmung hier im Saal und das Ambiente tut sein übrigens“, ergänzten die beiden zufrieden.
Den Abschluss bildete Silke Weißenrieder, eine Lehrerin aus Ravensburg, die gestählt aus 20 Jahren Elternabenden mit Anekdoten aus dieser Zeit für Lacher sorgte und zugab, ihre Schüler manchmal mit „cringer“ (jugendsprachlich: zum Fremdschämen bringende) Jugendsprache zu quälen: „Wer sich lost fühlt, schaut random mal ins Lösungsheft“, ist nur ein Zitat aus ihrem gelungenen Auftritt: Wer sich ahnungslos führt, möge doch zufällig mal ins Lösungsheft nachschauen.
Conni-Bücher brauchen Erweiterung
Sie schlug außerdem vor, dass die berühmten Conni-Bücher mit den Kindern mitwachsen sollten und vermisst die Folgen „Connis Mutter ist zu unbeweglich für Tantra-Yoga“, oder auch „Connis Mutter schließt sich auf dem Klo ein“.
Mit tosendem Applaus und vielen strahlenden Gesichtern endete ein Abend, der zeigte, wie kraftvoll Worte sein können.