Die große Hoffnung beginnt für Jürgen Engler an einem ganz bestimmten Moment. Sonntag, 2. Februar, Punkt 13.40 Uhr. Zu exakt diesem Zeitpunkt wird er an Bord einer startenden Lufthansa-Maschine sitzen, Ziel: Mexiko-City. Die zwölfstündige Reise soll dem Villinger eine Zukunft im Rollstuhl ersparen.
Der 55-jährige Jürgen Engler leidet seit über 20 Jahren an Multipler Sklerose (MS). Seit 2019 schreitet die Krankheit stetig voran, für längere Strecken ist Engler inzwischen bereits auf den Rollstuhl angewiesen. Kürzere Wege jedoch, die schafft er noch immer selbst mit dem Rollator.
Große Anteilnahme nach SÜDKURIER-Artikel
Und dies soll so bleiben: Eine 57.000 Euro teure Stammzellentherapie in Mexiko könnte die Krankheit nun zumindest zum Stillstand bringen. 13.000 Euro an Spenden sind nach einem Bericht im SÜDKURIER dafür zusammengekommen, den Rest muss Jürgen Engler selbst stemmen.
Der Villinger und sein Mann Daniel sind überwältigt von der Resonanz nach dem Bericht. „Da gab es einige Gänsehautmomente“, sagen die beiden. Beispielsweise, als die Theatergruppe des Gesangsvereins Harmonie, bei der Daniel Engler mitspielt, ein Spenden-Schwein aufstellte und am Ende 2000 Euro beisteuerte. Oder auch, als der Nachbar nach Schneefall seine Garage zum Parken anbot. „Es war so schön, wie viel Anteilnahme kam“, so Jürgen Engler.
„Von mir aus könnten wir gleich starten“, sagt er jetzt und lächelt zufrieden. Lächeln, das kann er nämlich wieder viel häufiger, seit der Termin für die vierwöchige Reise feststeht, die Flugtickets für ihn und seinen Mann Daniel Engler gebucht sind und die Klinik in Puebla ihn ab dem 3. Februar fest als Patienten eingeplant hat. „Ich habe jetzt einfach wieder Hoffnung“, betont der Villinger.
Der Weg bis an diesen Punkt war alles andere als einfach. Viermal war Jürgen Engler im MRT, die Befunde wurden bereits übersetzt und an die Ärzte in Mexiko gesandt. Einen Rundum-Check beim Hausarzt hat er auch schon hinter sich, der Begleitservice an den Flughäfen musste geordert und Jürgen Englers Elektrorollstuhl eigens für den Flug eingebucht werden. Die beiden Katzen des Paares wurden in einer Katzenpension angemeldet.
Wie kommt das Geld eigentlich nach Mexiko?
Und dann die Sache mit dem Geld. Einen Teil musste der 55-Jährige bereits vorab an die Klinik überweisen – und das ist nach Mexiko keine simple Angelegenheit, die einfach per Knopfdruck funktioniert. Selbst die Bankmitarbeiter, so erzählt Daniel Engler, seien beim Vor-Ort-Termin unsicher gewesen, wie und ob alles klappt. „Als wir fünf Tage später die Bestätigung bekamen, dass das Geld da ist, waren wir schon sehr erleichtert.“

In den ersten Tagen in Mexiko wird Jürgen Engler nur Spritzen bekommen. Sie sollen die Bildung von Stammzellen in seinem Blut anregen. Sind genügend solcher Zellen vorhanden, werden sie entnommen und der härteste Teil der Behandlung beginnt: die Chemotherapie.
Warten auf den zweiten Geburtstag
Dass das kein Spaziergang wird, weiß der 55-Jährige. „Davor habe ich schon immer noch Angst“, gibt er zu. Einige Tage wird er sogar in Quarantäne verbringen müssen. Doch dann, an irgendeinem Tag im Februar 2025, wartet das, was künftig zu Jürgen Englers zweitem Geburtstag werden wird: die Transplantation der zuvor entnommenen Stammzellen.
Wie es dann weitergeht, wird sich in den folgenden Wochen und Monaten zu Hause im Schwarzwald zeigen. Ob sein Zustand sich nach der Therapie sogar verbessern wird? „Für mich ist ein Stopp der Krankheit schon ein Gewinn“, stellt Jürgen Engler klar. „Alles andere ist Zubrot.“ Doch die Hoffnung darauf, die hat er jetzt.