Sportlich hatte das Jahr 1996 einiges an Erfolgen zu bieten. Deutschland holte bei den Olympischen Spielen in Atlanta stolze 65 Medaillen, Boris Becker siegte bei den Australien open, Jan Ullrich wurde Zweiter bei der Tour de France und Deutschland Fußball-Europameister. Ausgerechnet im Londoner Wembley-Stadion, wo vor wenigen Tagen die Hoffnung auf eine Wiederholung starb. Auch in Donaueschingen gab es 1996 sportlich zwei große Höhepunkte. Die Mannschaft des FV Donaueschingen holte sich am Donnerstag, 6. Juni, zum ersten und einzigen Mal den südbadischen Vereinspokal. Mit 5:1 Toren setzte sich die Elf um Trainer Dieter Rinke in Emmendingen gegen den SV Oberachern durch. Es folgte das einzige DFB-Pokalspiel gegen den Bundesligisten 1. FC Köln, dem die Baaremer am 10. August vor 4165 Zuschauern mit 1:3 Toren im Anton-Mall-Stadion unterlagen.

An den Tisch

Ein Vierteljahrhundert nach diesen außergewöhnlichen Triumph brachte der SÜDKURIER und der damalige Torjäger und Kapitän Günter Limberger wieder einige Spieler an einen Tisch. Selbstverständlich war Limberger dabei, auch der damalige Trainer Rinke. Ebenso der einstige Torhüter Bernhard Wolf, Abwehrspieler Jörg Kienast und Martin Braun, der einige Jahre für die Donaueschinger spielte und im Jahr 1996 ausgerechnet beim 1. FC Köln als Profi unter Vertrag stand.

Im Jahr 2005 traf sich das Traditionsteam des FV Donaueschingen zu einem Spiel in Grüningen. Auch damals standen einige einstige ...
Im Jahr 2005 traf sich das Traditionsteam des FV Donaueschingen zu einem Spiel in Grüningen. Auch damals standen einige einstige Pokal-Helden für den FVD auf dem Platz. | Bild: Zschäbitz, Dietmar

Erinnerungen im Gepäck

Ausgestattet mit zwei Ordnern unterm Arm erschien Dieter Rinke zum Wiedersehen. Auch Kienast hatte einen dicken Ordner mit Zeitungsausschnitten dabei. Limberger hatte die wichtigsten Erinnerungen auf dem Smartphone gespeichert. „1996 war ein Hammerjahr für den FVD“, erinnert sich Kienast, heute selbst Trainer beim Kreisligisten SV Öfingen. „Eigentlich wollten wir Verbandsliga-Meister werden und den sofortigen Wiederaufstieg in die Oberliga schaffen“, ergänzt Limberger schmunzelnd. Etwas unglücklich waren die Baaremer zwölf Monate zuvor aus der Oberliga abgestiegen. Den Aufstieg verpasste die damalige Elf, entwickelte aber im Pokal einen Lauf, der bis zum schier unglaublichen Triumph führte.

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Sie waren Favorit

In der ersten Runde gelang der Rinke-Elf ein 5:0-Erfolg in Uhldingen. In Runde zwei wurde die DJK Villingen mit 5:2 Toren eliminiert. Es folgte in Runde drei ein Spektakel mit einem 3:1-Erfolg nach Verlängerung beim damals heißesten Konkurrenten FC 08 Villingen. Schließlich ließen sich die Baaremer auch vom SC Pfullendorf nicht stoppen und feierten da einen 3:2-Sieg. Im Halbfinale folgte ein 4:2 nach Verlängerung beim FC Denzlingen. „Wir haben einige Kracher aus dem Weg geräumt. Letztendlich waren wir im Endspiel sogar Favorit und haben diese Rolle angenommen und auch bestätigt“, blendet Rinke zurück.

Was für eine Feier

Gefeiert wurde an jenem Juni-Tag schon in Emmendingen mit dem Pokal in den Händen ausgiebig. „Ich glaube ganz Grüningen war damals dabei. Die Feuerwehr hat mit Sirenen eine derartige Stimmung ausgelöst, wie ich sie vorher nicht kannte“, schmunzelt Limberger, der mit zwei Treffern am Erfolg beteiligt war. Lautstark und auf Transparenten forderten die Grüninger damals: „Günter für Deutschland“. Später war die Rückreise auf die Baar ein einziger Triumphmarsch und im Vereinsheim setzte sich die Feier bis weit in die Nacht hinein fort.

Gegen den 1. FC Köln

Schon unmittelbar nach dem Erfolg gingen beim FV Donaueschingen die Blicke nach vorne. Die Qualifikation für den deutschen Pokal und damit den Auftritt in der ARD-Sportschau standen an. Im Stadion wurden zusätzliche Tribünen hinter den Toren errichtet, doch im Mittelpunkt stand die baldige Auslosung des Gegners. Bayern München und Borussia Dortmund standen natürlich auf der Wunschliste ganz oben. Als es schließlich der 1. FC Köln wurde, jubelten alle im Vereinsheim mit ausgestreckten Armen lautstark. „Am Tag der Auslosung waren wir mit dem FC Köln gerade in einem Trainingslager. Ich lag auf der Massagebank und wurde gefragt, was mir der FV Donaueschingen sagt. Ich weiß noch, dass ich es unglaublich fand und Trainer Peter Neururer gewarnt habe, dass Donaueschingen eine starke Mannschaft habe“, erinnert sich Braun beim Wiedersehen. Er selbst, heute Trainer bei der TSG Balingen, musste beim Pokalspiel jedoch wegen einer Knieverletzung passen.

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Infos im Vorfeld

Schon im Vorfeld der Pokalpartie sammelten die Kölner viele Informationen über den FVD ein. Die Rheinländer wollten sich nicht blamieren. Schließlich war der FVD in jedem Jahr der unterklassigste Verein im Wettbewerb überhaupt. Der Südwestfunk besuchte mit einem Kamera-Team Limberger in seinem Architektenbüro und nahm später auch die äußerst emotionale Einstimmung der Mannschaft vor der Partie durch Rinke auf, was am Sonntagabend nach der Partie ausgestrahlt wurde.

Das Stadion bebte

Zehn Minuten durften die Baaremer seinerzeit von einer Sensation träumen. Nach dem 0:1-Rückstand war es Limberger, der in Minute 41 den damaligen Auswahltorhüter Bodo Illgner zum 1:1-Ausgleich überwand. Das Stadion bebte und die Tribünen schwankten. In Minute 51 schlugen die Domstädter zurück und machten später mit dem 3:1 alles klar. „Illgner wechselte damals zu Real Madrid. Er hat von mir das letzte Pflichtspieltor auf deutschen Boden kassiert“, vermerkt Limberger nicht ganz ohne Stolz. Und auch Torhüter Wolf kann sich noch gut daran erinnern. „Den Trikottausch gab es damals noch nicht. So fragte ich bei Illgner nach den Torwart-Handschuhen an. Er aber meinte, er müsse diese selbst kaufen und könne sie nicht einfach verschenken“, berichtet Wolf, der heute als Geschäftsführer bei der Bad Dürrheimer Mineralbrunnen GmbH + Co. wieder viel Verantwortung übernommen hat.

Nochmal das Können gezeigt

Ein Wiedersehen mit dem SV Oberachern gab es übrigens exakt zehn Jahre nach dem Donaueschinger Pokalsieg. „Oberachern brannte auf eine Revanche und lud uns ein. Mit einem 8:3-Sieg haben wir ein Jahrzehnt später nochmals gezeigt, welch tolle Mannschaft wir damals hatten“, nickt Dieter Rinke, der auch heute noch exzellent im deutschen Fußball vernetzt ist.

Was danach geschah

Was in den Jahren danach mit dem FV geschah, lässt noch heute alle Beteiligten nur den Kopf schütteln. „Unglaublich, dass es diesen Verein nicht mehr gibt“, ergänzt Braun und erntet mit der Aussage ein Kopfnicken der Beteiligten. Auch deshalb wird beim Wiedersehen lieber in Erinnerungen gekramt, die den Spielern keiner mehr nehmen kann. Exakt 25 Jahre nach einem Erfolg, den von der damaligen Mannschaft keiner vergessen hat und sicherlich auch bei den Zuschauern in der Erinnerung noch lebt.