Mozart wird von Influencerinnen bewundert, Kaiser Willhelm II trinkt Fürstenberg-Bier gegen Corona und Marie Antoinette ist eine Oberzicke. Und dann besteigen Ignaz und Severin auch noch eine Rakete und wollen Donaueschingen verlassen.
Nein, im Residenzviertel war an diesem Tag gar nichts normal. Und doch bot die Narrenzunft Frohsinn ein Stück Normalität. Eine kleine Auszeit von Corona und Krieg – auch wenn beide Themen durchaus nicht ausgeblendet werden.
„Es gibt einen Nachholbedarf an Lebensfreude.“Michael Lehmann, Zunftmeister
Leicht hatte sich die Zunft die Entscheidung im Vorfeld nicht gemacht. Auch beim Frohsinn gab es unterschiedliche Ansichten, ob der erste Eschinger Narrendag überhaupt noch stattfinden soll. „Es gibt einen Nachholbedarf an Lebensfreude“, sagt Zunftmeister Michael Lehmann. Das heiße aber nicht, dass Corona und Krieg vergessen würden.
Angefangen hatte alles mit der Idee, etwas im Residenzviertel zu machen. Ein paar Lautsprecher, ein bisschen Programm. Letztendlich war dann beinahe so viel Technik im Einsatz, wie beim Zunftball.
Verschiedene Bühnen, verschiedene Auftritte und das Ganze im abgesperrten Residenzviertel vor malerischer Kulisse.

Auf dem mehr als 2000 Quadratmeter großen Areal konnten sich die rund 300 Besucher locker verteilen. Eigentlich hätte der Frohsinn nach den Lockerungen der Corona-Regeln auch noch mehr Karten verkaufen können – doch in Anbetracht des Ukraine-Krieges entschied sich die Zunft dagegen. 300 Besucher mittags und 300 Besucher abends beim zweiten Durchgang – mehr sollten es nicht werden.

Wobei es keine reine Zunft-Veranstaltung war. Klar, Ignaz und Severin gehören dazu, die Kueseckel, Armbrusters Stumpäkapell oder auch die Darsteller des Zunftballes, die in die Eschinger Geschichte entführten.
Aber der Frohsinn bot mit dem ersten Eschinger Narrendag auch anderen Vereinen und Gruppen eine Bühne – wie den Sieben-Blätz-Hexen, dem Fasnetkommando Pfohren oder den Stadtstreich(l)ern. Und die beiden Zunftkapellen – Stadtkapelle und Musikverein Aufen – waren ebenso mit dabei.
Hanseltaufe vom Ölberg aus
Den ersten großen Auftritt hatten die Jüngsten – wenn auch in einer etwas anderen Form als sonst. Denn eigentlich findet die Hanseltaufe am 6. Januar am Hanselbrunnen statt. Nun hatte Zeremonienmeister Thomas Ganter den Ölberg bestiegen.

Anstatt kaltem Wasser aus dem Eimer gab es dieses Mal die Taufe via Staubwedel von oben – auch ein Zeremonienmeister kann flexibel sein. Neu in den Reihen der Hansel und Gretle sind nun: Lorenz Armbruster, Greta Kuttruff, Ben Topnik, Lea Dannecker, Tom Wynands, Mia Burkhard, Matti Schütz und Maximilian Hall.
Wolfgang Gut und seine 20 Giuseppe
Die Sieben-Blätz-Hexen, gewandet in orangen Straßenarbeiteruniformen und mit Mülleimern bewaffnet, bedienten reichlich die Klischee-Kiste. 20 Italiener, alle hören auf den Namen Guiseppe und weniger auf ihren Capo Wolfgang Gut. Dafür wissen Narrendag-Besucher nun spätestens jetzt, dass Mülltonnen auch hervorragend als Musikinstrumente dienen können.

Ignaz und Severin gehen in die Luft
Ignaz (Markus Kuttruff) und Severin (Thomas Höfler) haben derweil die Nase voll von Corona – also im übertragenen und nicht im wörtlichen Sinn. Deshalb besteigen sie ihre Bio-Rakete Booster 7 und wollen weg. Vor allem möglich gemacht hat das ein Kredit der Greensill-Bank. Bad Dürrheim und Hüfingen haben den Weltraumausflug quasi finanziert.

Ignaz und Severin wären nicht sie selbst, wenn sie nicht nebenher noch ein bisschen die Probleme der Stadt lösen würden. Mit der Rakete schnell noch am gelben Rathaus vorbeifliegen, um dort ein paar Ziegel zu erneuern, dass es nicht mehr reinregnet. Oder einfach kurz durchfliegen, damit es endlich mal eine Kernsanierung gibt.

Dem OB wird‘s ganz Bange bei solchem Tatendrang. Immerhin muss er nun aufräumen, denn den Schlüssel hat er ausnahmsweise auch schon zurück. Eigentlich wäre es ja erst am Dienstag so weit. Doch zwei zusätzliche Tage Urlaub, das gönnen Ignaz und Severin dem OB nicht.
Zunftball-Darsteller entführen in die Geschichte
Nach zwei Jahren Pause gibt‘s dann endlich auch ein bisschen so etwas wie Zunftballprogramm. Die talentierten Darsteller spielen nun nämlich ein bisschen Theater und geben Einblick in die Donaueschinger Geschichte – manchmal auch ein wenig närrisch interpretiert.

Endlich wissen wir, wie es wirklich dazu gekommen ist, dass das Fürstenberg-Bier zum Tafelgetränk des Kaisers wurde.

Oder dass Mozart bei seinem Besuch in Donaueschingen vom „eisernen Heinrich“ gar nicht erst durchs Lammtor ins Schloss hineingelassen wurde, sondern mit drei Influencerinnen aus Allmendshofen draußen Party und ein Abschluss-Selfie machte.

Und natürlich darf Marie Antoinette nicht fehlen. Schließlich hat sie auf ihrer Brautfahrt auch in Donaueschingen angehalten. Allerdings entpuppt sich die zukünftige französische Königin als Oberzicke und animiert den Schellenbeck sein Hinterteil aus dem Fenster zu strecken. Wobei wir nun auch endlich wissen, wo das bekannte Fasnetliedle seinen Ursprung genommen hat.