„Singe, wem Gesang gegeben“, heißt es in der Eingangszeile eines berühmten Gedichtes von Ludwig Uhland. Allein die Umsetzung scheitert gegenwärtig an den Corona-Bestimmungen. Nicht zum Leidwesen des längst verstorbenen schwäbischen Dichterfürsten, sondern von hunderten Männern und Frauen, die ihrem Hobby Chorgesang derzeit nicht nachgehen dürfen.
„Unsere Sänger sind noch da“
Das trifft auch die drei Chöre unterm Dach des Männergesangvereins (MGV) Allmendshofen, dessen Weihnachtskonzert traditionell zu den schönsten Donaueschinger Kulturerlebnissen im Advent zählt. „Unsere Sänger sind noch da“, sagt Jochen Kiene, der den rund 30-köpfigen Männerchor, den 20 Stimmen starken gemischten Chor und interimsweise auch den 20 Sängerinnen starken Frauenchor leitet.
„Die Leute freuen sich unglaublich auf die Proben, sie haben Hunger auf Kultur“. Wenn es dann irgendwann wieder losgehe, so meint der 30-Jährige, lasse sich der Betrieb mit bewährtem Repertoire hochfahren. Singen mit Abstand, wie es in der kurzen Erlaubnisspanne im vergangenen Sommer der Fall gewesen sei, komme nicht bei allen Sängern gut an. Denn mitunter orientiere sich der Chorsänger gerne mal an der Stimme seines Nachbarn.
„Nichts zu tun haben ist echt ein Problem“, ergänzt Sascha Leutze aus dem geschäftsführenden MGV-Vorstand. Und wenn es nichts zu vermelden gibt, sei das Verfassen des Newsletters sehr ermüdend. Leutze stellt das Corona-bedingte Probenverbot nicht infrage. Aber bei der Wiederzulassung von Freizeitaktivitäten – siehe Sport – hätten die Gesangvereine wie auch die Musikvereine weniger Lobby bei der Politik. Doch immerhin: „Alle Sänger bleiben uns geduldig bei der Stange und freuen sich, wenn es wieder losgeht“. Dann könnten zwei Ziele ins Auge rücken. Der 42-Jährige nennt das Weihnachtskonzert 2021 und eine Personalie. Derzeit sei es ohne Perspektive und Probedirigat ziemlich ausgeschlossen eine neue Leitung für den Frauenchor zu finden.

Corona hat dem MGV Pfohren 2020 das Jubiläum zum 95-jährigen Bestehen verhagelt. Schon viele Monate ist der Proberaum im Rathaus verwaist. Den Kontakt zu den Sängern halte er mit Rundbriefen, Telefon oder einfach auf Zuruf auf der Straße, sagt Vorsitzender Ernst Engesser. Der 70-Jährige steht dem Verein schon sein halbes Leben vor. „Unsere Sänger sind meist über 60. Sie vermissen Proben und Geselligkeit“, ergänzt er. Wobei das Singen mit Abstand und Mundschutz sehr schwierig sei.
Neugründungen in der Pandemie
Ganz unterschiedliche Rückmeldungen hat Engesser aus dem Schwarzwald-Baar-Chorverband, in dem er als Vizepräsident fungiert. „Auch in der Corona-Zeit werden neue Chöre gegründet“, weiß er. Mancherorts sei die Mitgliederbindung nicht einfach. Gemeinsames Singen übers Internet sei eben nicht überall machbar.

Die Pfohren Pop Singers (PPS) wollten ziemlich genau vor einem Jahr ihr viertes Musical aufführen. Dann kam Corona. So steht Singen „derzeit in den Sternen“, wie es der zweite Vorsitzende Walter Kuttruff ausdrückt.
Einen Neuanfang mit vorherigen Schnelltests könnte er sich vorstellen, Singen per Zoom-Meeting „wollen wir nicht“. Da entstehe kein Gemeinschaftsgefühl. Das wachse, wenn es wieder in Richtung Musical geht. 25 Akteure, Gesang und Tanzchoreographie. Eine tolle Sache, auch wenn „wir beim Üben vermutlich wieder von vorne anfangen müssen“. Halb so wild, wollen die PPS doch – mit hunderten bereits verkauften Karten – wieder ein Highlight auf die Bühne bringen.

Besonders schwer trifft die liedlose Zeit Chöre mit älteren Sängern. „70-Jährige gehören hier noch zu den Jüngsten“, verdeutlicht Schriftführerin Barbara Dudek die besonderen Probleme des Siedlerchors. Einmal im Monat treffen sich die älteren Herrschaften zum Singen, so etwa 15 sind noch dabei. Der Zusammenhalt kann in dieser Altersklasse nicht durch Zoom-Singen oder Whatsapp-Gruppen gepflegt werden.
Monatliche Seelenmassage
„Wir probieren es mit dem monatlichen Telefonanruf“, sagt Dudek. Diese „Seelenmassage“, wie sie es nennt, kann die Gemeinschaft dennoch nicht komplett zusammenhalten. „Leider haben wir einen Sänger, der aufhört“, sagt sie. Altersbedingt sei das verständlich. Mitunter lasse bei den Senioren das Gedächtnis nach. Liedtexte ließen sich eher durch regelmäßige Proben und Auftritte behalten.
In einer besonderen Situation ist die lockere Chorgemeinschaft Auf‘n Takt. 30 Jahre stand Chorleiterin Sabine Martin an der Spitze der A-capella-Gemeinschaft. Im vergangenen März wollte sie aufhören, ein klingendes Fest hätte für Auf‘n Takt einen schönen Schlusspunkt setzen sollen.

Die Pandemie verhinderte das. „Jetzt liegt alles auf Eis“, sagt Martin. An ihrem Abschied hält sie fest. Der neuen Formation, die sich mutmaßlich bilden wird, stellt sie das Equipment in Aussicht und auch der Proberaum stehe zur Verfügung.