Patrick Schmoll steht in den Räumen seines Herrenmodegeschäftes in der Karlstraße. Eben klingelt das Telefon. „Ja, am Samstag haben wir noch einen Tag geöffnet“, erklärt er dem Anrufer. „Irgendwann muss auch mal Schluss sein.“
Die Geschäftsräume sehen anders aus, wie Kunden sie immer kannten. Schmoll hatte zu einem Räumungsverkauf vor Jahreswechsel gerufen, von Mitte November, bis zum 31. Dezember. Entsprechend ist vieles schon verkauft, Regale leer. Am Samstag, 7. Januar, wird das Donaueschinger Traditionsgeschäft noch einmal seine Türen für die Kunden öffnen. Dann verändert sich die Einzelhandelslandschaft der Karlstraße.
85 Jahren gab es das Geschäft, Patrick Schmoll führt es in dritter Generation. Nun gehen er und sein Frau Karin in den Ruhestand. Karin Schmoll kümmerte sich zuletzt um die Geschäfte im Modegeschäft More & More. Dort steht mittlerweile fest, wie es weitergeht.

Schmoll schließt für immer
Mitte des Jahres 2022 hatte Patrick Schmoll noch Hoffnung auf eine Fortführung seines Traditionsgeschäfts. Ein geeigneter Nachfolger wurde lange gesucht. Interessenten gab es zwar, das hatte Schmoll dem SÜDKURIER damals bereits verraten. Jetzt steht fest: Die Bemühungen blieben letztlich bislang erfolglos.
Patrick Schmoll ist allerdings davon überzeugt, dass sie der Laden wieder mit Leben füllen wird: „Ich sage zu den Bewerbern auch, dass ihnen sowas nur einmal über den Weg läuft.“ Schmoll möchte das Geschäft gerne wieder mit Textil füllen: „Es wäre schade, wenn es so nicht weiterginge. 90 Prozent von dem, was dafür gebraucht wird, sind bereits vorhanden.“ Auf jeden Fall müsse etwas hinein, das seine Berechtigung in der Stadt habe.
Der Modefachmann ist sich bewusst, dass die Zeiten für solch einen Schritt jedoch nicht einfach sind: „Klar, die letzten Jahre waren schwierig. Wir hatten fünf Monate geschlossen. Wenn mir das jemand als Fallstudie im Studium gezeigt hätte, dann hätte ich gesagt: Das geht nicht.“
Das ginge auch leichter
Schmoll ist davon ausgegangen, dass die Nachfolgersuche leichter gehen würde: „Die Jahre vorher wäre es sicher so gewesen.“ Er sei allerdings optimistisch und wolle nicht, dass die Räume länger leer stehen. Immerhin gebe es auch einen entsprechenden Kundenkreis, der sich bis nach Stühlingen, St. Georgen, Titisee-Neustadt und sogar die USA erstrecke. Kunden aus Boston, die in der Region um Donaueschingen aufgewachsen seien. Sind sie in der Heimat, dann wird auch bei Schmoll eingekauft.
Für Patrick Schmoll ist Mode mehr, als nur das aus Textil gefertigte Produkt, zu dem er seine Kunden berät und es ihnen schließlich verkauft. Die Mode müsse immer am Puls der Zeit sein. Sie sei ein Spiegel des Zeitgeistes: „Ich liebe meinen Job“, erklärt der 64-Jährige. Er sei emotional und habe ihm immer Spaß gemacht. „Wenn ein Sohn für den Schulabschluss einen Anzug sucht und dann aus der Umkleide kommt – und die Mutter einfach ‚Wow‘ sagt.“
Er könne unheimlich kreativ sein und man merke schnell, dass man richtig etwas bewegen könne. Für die Palette an Gefühlen, die das auslöse, „dafür muss ich einen Ersatz finden“.

Schmoll sei klar gewesen, dass er irgendwann in leeren Räumen stehen wird: „Ich bin Realist. Das Schwierigste war es, die Entscheidung überhaupt erst zu treffen.“ Die vergangenen zwei bis drei Jahre seines Berufslebens hätte er sich anders vorgestellt, „aber ich bin mit mir im Reinen.“
Sich auf die Kunden einstellen, bringt viel
Mit dem Räumungsverkauf sei er zufrieden, auch wenn er das mit zwei Augen sehe: „Einerseits muss alles weg, andererseits tut es das weit unter Einkaufspreis.“ Viele Kunden seien vorbei gekommen, man trank ein Gläschen Sekt, plauderte. Sich auf seine Kunden einstellen zu können, das habe ihn immer vorwärts gebracht, erklärt Schmoll.
„Ich erinnere mich, als kurz vor der Öffnung der Grenze zur DDR ein Kunde hier war. Er war über mehrere Länder in den Westen geflohen und brauchte etwas Ordentliches, um sich zu bewerben. Ich habe mir Mühe gegeben. Es sollte top aussehen und wenig kosten. Er kam später wieder, um einzukaufen.“
Wie schnell alles in der Branche mittlerweile laufe, das habe er sich nicht träumen lassen, als er den Beruf ergriffen habe: „Man geht manches mit, krault ein bisschen schneller.“ Allerdings auch nicht jeden Trend. Welchen denn nicht? „Gelb. Die Farbe kommt einfach für wenige infrage.“
Wenn das Modegeschäft Schmoll sich dann schließlich in dieser Form ein letztes Mal öffnet, dann steht der Geschäftsführer für seine Kunden parat. Sein Wissen um die Mode, um kommende Trends, das habe er aus den Vereinigten Staaten oder Italien immer an seine Kunden weitergegeben: „Gerade in einer Kleinstadt merkt man das. Man kennt sich.“ Und man schätzt das.