„Corona war eine Besonderheit.“ In vielerlei Hinsicht lässt sich diese Aussage, wie hier vom Donaueschinger Oberbürgermeister (OB) Erik Pauly treffen. Und sie trifft auch auf die Kriminalität zu.
Von 938 Straftaten berichtet Thomas Knörr, Revierleiter der Donaueschinger Polizei, für das Jahr 2022. Nach dem Rekordtief 2020 (808 Delikte) und dem minimalen Plus im Folgejahr auf 840 Fälle, bedeutet das einen deutlichen Anstieg. Die Besonderheit: Polizei und Stadt zeigen sich dennoch zufrieden.
„Donaueschingen ist sicher und bleibt sicher“, konstatiert OB Pauly. Trotzdem bereiten ihnen hohe Zahlen bei Rohheitsdelikten und Betrugsfällen Sorgen. Eine gestiegene Zahl hingegen macht die Polizei gar nicht unglücklich.
Zahlen etwas unter Vor-Corona-Niveau
„Die beiden Corona-Jahre sind aufgrund der Einschränkungen gesondert zu betrachten. Daher gilt für das Jahr 2022 der Brückenschlag zu 2019“, erklärt Knörr. Und da sei es gelungen, den Wert unter den 987 Straftaten von 2019 – dem letzten Jahr unter ähnlichen Gegebenheiten – zu halten.
Was ihn zudem positiv stimme, sei die überdurchschnittlich hohe Aufklärungsquote in der Stadt. Knapp 67 Prozent der Delikte konnten aufgeklärt werden. Damit liegt Donaueschingen über dem Wert des Schwarzwald-Baar-Kreises mit 62 Prozent. „Darauf sind wir stolz und hoffen, dass es eine abschreckende Wirkung hat.“
Hemmschwelle sinkt
Wo die Zahlen wieder stärker Anstiegen, sind Rohheitsdelikte. Dabei handelt es sich um Straftaten wie Körperverletzung oder Raub. Diese kamen mit 158 Fällen wieder nahezu an das Level von 2019 (159) heran. Vor allem Fälle von Körperverletzung schossen mit 81 im Vergleich zum Jahr 2021 (56) in die Höhe und übertrafen selbst den 2019er-Wert um einen Fall. Und das trotz einer besonders hohen Aufklärungsquote von 92 Prozent.
Allgemein spricht Knörr von einer besorgniserregenden Verrohung der Menschen im Umgang miteinander. „Es geht fast nichts mehr ohne Polizei. Menschen können sich nicht mehr verständigen, ohne Beamte hinzuzurufen“, konstatiert der Revierleiter. Im gesamten Revier rückten Einsatzkräfte im vergangenen Jahr etwa zwölfmal pro Tag aus. „Das ist für ein Revier wie unseres nicht ohne.“

Dem kann auch Ordnungsamtsleiter Andreas Dereck beipflichten. Vor allem Nachbarschaftsstreits sind für das Amt auf der Tagesordnung. „Die Leute sind aggressiver geworden und ziehen bei vielen Konflikten schnell Ordnungsamt und Polizei hinzu.“
Besonders mache sich eine Verrohung laut Knörr unter Jugendlichen und Heranwachsenden bis 21 Jahren bemerkbar. Diese Gruppe machte im Vorjahr fast 27 Prozent aller Tatverdächtigen in Donaueschingen aus. OB Pauly möchte dieser Entwicklung entgegenwirken: „Wir müssen alle gemeinsam stärker präventiv agieren und überlegen, wie wir hier in der Stadt aktiver werden können.“
Betrüger ergaunern enorme Summen
Nachdenklich stimmte die Beteiligten das vermehrte Vorkommen von Betrugsversuchen via Internet und Telefon. Laut Knörr kann seit 2016 eine kontinuierliche Steigerung an solchen Fällen verzeichnet werden. „Das Bild von Betrug wandelt sich. Was uns immer mehr umtreibt, sind Enkeltricks und Schockanrufe von falschen Polizisten, die ältere Menschen ins Auge fassen“, so der Revierleiter. „Viele Leute sind gutgläubig, fotografieren Ausweise ab, gaben Bankverbindungen heraus.“
Im Jahr 2022 gab es 36 solcher Verhalte im Revier. Zwar waren nur vier erfolgreich, allerdings verursachten sie einen Schaden von knapp 96.000 Euro. Im gesamten Gebiet des Polizeipräsidiums Konstanz waren es sage und schreibe 2,3 Millionen Euro.

Für den Oberbürgermeister schockierende Zahlen. „Diese furchtbaren Betrugsmaschen gegen meist ältere Mitbürger bereiten mir Sorgen. Die Schadenssummen sind immens.“
Ausweitung der Fahndung nach Rauschgift
Einer der wenigen Bereiche, in dem sich Donaueschingen in Sachen erfasster Straftaten über dem Kreisschnitt bewegt, sind Rauschgiftdelikte. 112 Straftaten wurden 2022 festgestellt – deutlich der höchste Wert in den vergangenen fünf Jahren.
Und das ist laut dem Revierleiter so gewollt. Ein stärkeres Treiben in der Stadt gebe es nicht. „Die höheren Zahlen hängen mit verstärkten Kontrollen zusammen.“ Damit soll eine Ausbreitung im Keim erstickt werden. „Hier gibt es weder einen Brennpunkt, noch eine offene Szene“, erklärt Knörr. Außerdem handele es sich in den meisten Fällen um „leichte“ Drogen wie Marihuana und nur selten um Partydrogen wie Kokain.
Gerade in diesem Bereich kann entsprechend ein Teil der gesteigerten Gesamtzahlen erklärt werden. Bei gezielten Kontrollen etwa im Verkehr konnten Fahrer unter Drogeneinfluss festgestellt werden. Bei einer anschließenden Durchsuchung des Autos gefundene Substanzen galten dann als zweiter Delikt.