„Die Lage ist entspannt, aber wir sind gespannt darauf, was dann kommt“, sagt der Hüfinger Revierförster. Dabei verbindet er thematisch die großen Kümmernisse der Waldwirtschaft der vergangenen beiden Jahre: Trockenheit und Käferbefall.
„Die Reserven sind gefüllt“
Nach ausreichend Niederschlägen im Mai hält Wolf die Wasserversorgung der Bäume für gut. „Die Reserven sind gefüllt. Und wenn jetzt keine lange anhaltende Sommerhitze eintritt und es immer mal wieder mal regnet, sind die Chancen für einen Erholungssommer gegeben“, so der Forstbeamte.
Bäume sind vitaler
Ganz anders als im Sommer 2020: Die Bäume seien in diesem Jahr deutlich vitaler. Das gelte insbesondere für die Fichte. „Einen kleinen Buchdruckerangriff kann sie problemlos ausharzen“, sagt der Fachmann. Damit meint er die Selbstreparatur des Baumes, mit dem der Verletzungen der Rinde heilt. Diese Verletzungen treten auf, wenn sich der Buchdrucker, eine Unterart der Familie der Borkenkäfer in den Baum frisst.
Dieser Abwehrreflex gegen Pilze oder Insekte setzt aus, wenn der Baum von der Wasserversorgung abgeschnitten ist. „Im Ultrastress“, wie es der Forstmann beschreibt fährt der Baum der Stoffwechsel hinunter und gibt keine Flüssigkeit mehr ab; also auch kein Harz.
Vegetation ist zurück
„Es könnte derzeit gar nicht besser laufen für den Wald“, klassifiziert Wolf diesen Bereich, wenngleich die Bäume in der Vegetation natürlich gerne weiter wären: was wohl auch für die Grünlandwirtschaft gelte.
Die Kälte des Frühjahrs und die verlangsamte Entwicklung der Vegetation spielt nun auch der Borkenkäfer-Eindämmung in die Karten. Man habe zwar, bedingt, durch die exponentielle Vermehrung der Käfer im Vorjahr eine hohe Grundpopulation, doch die Perspektiven seien gut.
1 Weibchen = 1275 Nachkommen
„Ich rechne, dass es dieses Jahr nur zwei Generationen gibt“, prognostiziert Wolf: ein Rechenbeispiel, das gleichwohl eine erschreckend hohe Zahl nach sich zieht: Jedes Käferweibchen, das im Baum oder im Waldboden überwintert hat, legt rund 50 Eier. Aus der Hälfte entwickeln sich weibliche Larven, die im Käferstadium wieder Eier legen: Das ergibt in der Summe pro Käferweibchen rund 1275 fressgierige Nachkommen.
Umso wichtiger also, das Ausfliegen der Überwinterer zu verhindern. 2020 etwa waren die Bäume so gestopft voll mit Käfern, dass sich die Generationen – die im Abstand von rund sechs Wochen auftreten – gar nicht trennen ließen. Da galt es, wie auch einen 1,5-fachen Jahreshieb an Sturmholz möglichst schnell aus dem Wald zu holen. Das gelang nicht zufriedenstellend.
Zwar funktionierten Holzeinschlag und Rücken, dank einer starken eigenen Truppe aus fünf Waldarbeitern und zwei Stammrückern recht gut. doch das Nadelöhr bildete der Abtransport. Die Fuhrleute ließen den Hüfinger Forst ein wenig in Stich. Auch mit bedingt durch die niedrigen Holzpreise, wie Wolf mutmaßt. Auch wenn es gelang, den größten Teil des Kalamitätseinschlags ins Nasslager zu verfrachten, blieb für die restlichen Bestände nichts anders übrig, als ganze Holzpolder mit Gift zu bespritzen.

Ganz anders die Situation in diesem Jahr. Heuer kommt der Faktor Zeit ins Spiel. Traten 2020 am 9. April die ersten Käfer auf und spitzte sich die Situation auf ein Krisenlevel zu, das ab Mai durchgehend Bestand hatte, so ließen sich die Buchdrucker in diesem Jahr erstmals Anfang Mai sehen. Ein Intermezzo, wie der Förster erleichtert registrierte: „Seither haben wir Ruhe.“
Der Grund liegt im Wärmebedarf des Schädlings. Der Buchdrucker braucht zum Start eine Tagesdurchschnittstemperatur von 16 Grad. Nachdem dies zuletzt nicht einmal als Spitzenwert gemessen wurde, werde es mit dem Ausfliegen zwar demnächst losgehen, doch vier bis fünf Wochen habe man dem Käfer schon abgenommen.
Um der ersten Käfergeneration nicht den Tisch zu decken, haben Wolf und sein Team gute Vorarbeit geleistet. „Wir hatten in diesem Winter zwar keinen großen Sturm, doch Schneebruch und ein wenig Windwurf haben überall im Stadtwald einzelne Bäume umgelegt“, erläutert der 55-Jährige. Das wären leichte Käferopfer.
Erkundungsrunden ohne Sichtung
Sie sind jetzt, Stand Ende Mai, schon fast alle aus dem Wald geholt, ebenso wie einige bereits von Käfer besetzte Bäume: was ein erstaunlicher Umstand sei, nachdem man im Spätjahr noch etliche Erkundungsrunden im Wald gedreht habe, ohne Spuren eines Käferbefalls zu entdecken.
Bereits im April haben die Waldarbeiter im Stadtwald rund 12.000 Pflanzen gesetzt, Auf rund sechs Hektar Fläche, die durch Stürme und Käfer entstanden wurden rund 20 verschiedene Baumarten gepflanzt: ein „großes Freilandlaboratorium“, wie es Wolf beschreibt, das auch der Erkenntnis geschuldet ist, dass beim Klimawandel-bedingten Umbau des Waldes der Baum der Zukunft noch nicht gefunden ist.
Viele Arten streuen Risiko
Wo früher Fichten standen, wachsen jetzt Spitzahorn, Bergahorn, Stieleiche, Erle, die Nadelbäume Douglasie, Weißtanne oder auch Experimente wie Tulpenbaum, Esskastanie, Elsbeere. In der Summe allesamt Faktoren der Risikostreuung und arbeitsintensiv. Zu den Arbeiten in nächster Zeit gehöre deshalb auch, die Bereiche rund um die Jungpflanzen freizuschneiden, damit sie besser wachsen können.