Herr Link, 2025 heißt in Königsfeld auch: 50 Jahre Gesamtgemeinde Königsfeld. Mit welchem Ansatz feiern Sie?
Wir feiern dieses Jubiläum nicht um seiner selbst willen. In der Schnelllebigkeit unserer heutigen Zeit geraten markante historische Entwicklungen, zu denen sicher die Gemeindegebietsreform Anfang der 1970er Jahre gehört, allzu schnell in Vergessenheit. Damals schlossen sich in einem schrittweisen Prozess zum 1. Januar 1973 zunächst Weiler und zum 1. Januar 1974 Burgberg und Erdmannsweiler mit Königsfeld zusammen. Schließlich vereinigten sich zum 1. Januar 1975 Buchenberg, Königsfeld und Neuhausen im Wege der Neubildung zu einer Gesamtgemeinde.
Was war der Auslöser seinerzeit?
Vor 50 Jahren entstand mithin infolge der letztlich zwingenden Vorgaben der Landespolitik im Interesse einer Steigerung der Leistungsfähigkeit der Kommunalverwaltung aus sechs ursprünglich selbstständigen Kommunen ein neues Gemeinwesen. Der Rückblick auf dieses halbe Jahrhundert Gesamtgemeinde bietet uns daher eine willkommene Gelegenheit, die Entwicklung zu reflektieren.
Was bedeutet die Gesamtgemeinde heute?
Trotz ihrer unterdurchschnittlichen Finanzkraft ist es der Gesamtgemeinde in diesen fünf Jahrzehnten in der Fläche aller Teilorte gelungen, die gestellten Aufgaben der Daseinsvorsorge mit dezentralen Kindergärten und Schulen, Feuerwehren, Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, Straßen- und Wegenetz sowie eine kontinuierliche Siedlungsentwicklung durch neue Wohn- und Gewerbegebiete zu erfüllen.
Und politisch?
Die breite und überaus aktive kommunalpolitische Willensbildung in zahlreichen Beteiligungsformaten, im Gemeinderat und fünf Ortschaftsräten, dem Ortsteilausschuss Königsfeld, mit Jugend- und Seniorenbeiräten stellt hier dank einer austarierenden Balance eine ausgewogene Mittelverwendung unter wechselseitiger Prioritätensetzung sicher. Insoweit erweist sich die scheinbare Heterogenität bis heute als Chance zur Bewahrung der Individualität in einem einheitlichen Rahmen arbeitsteiliger Aufgabenerfüllung.
Ist diese Historie allen bewusst?
Viele unserer 6000 Einwohner, insbesondere die über die Jahrzehnte zugezogenen Neubürger und jungen Menschen, sind sich häufig der Wurzeln der Gesamtgemeinde mit ihrer zum Teil jahrhundertealten, sehr unterschiedlichen Geschichte und Tradition und deren Auswirkungen auf die kommunalpolitische Gegenwart nicht bewusst. Wir wollen deshalb während des Jubiläumsjahres an diese Geschichte sowie kulturelle Besonderheiten der Ortsteile anknüpfen und den seitherigen, gemeinsamen Weg und die erreichte Infrastrukturqualität beschreiben.
Feiern Sie alle zusammen?
Obwohl für die einzelnen Teilgemeinden schon Ortschroniken existieren, fehlte bislang eine Darstellung der jüngeren Gemeindegeschichte seit 1975, welche dank des ehrenamtlichen Engagements zahlreicher Autoren aus allen Ortsteilen bis zum großen Jubiläumsfest am 28. und 29. Juni erscheinen wird. Dieses zweitägiges Fest im Kurpark, organisiert in kreativer Zusammenarbeit mit den Vereinen aus allen Ortsteilen, mit Musik- und Folkloredarbietungen, Gewerbe-, Oldtimer- und Blaulichtschau der Rettungsorganisationen, verkaufsoffenem Sonntag und Künstlermeile wird sicher ein Höhepunkt der Festivitäten sein, bei dem die Vielfalt des Standortes Königsfeld für eine breite Öffentlichkeit erfahrbar werden soll.
Setzen Sie auch kulturelle Akzente?
Ebenso wichtig erscheint uns, durch zahlreiche Veranstaltungen die kulturelle Strahlkraft unserer Gesamtgemeinde erlebbar zu machen, etwa durch ein Konzert des Jugendsinfonieorchesters am 29. März, die große Kunstausstellung zum 100. Geburtstag von Emil Jo Homolka über Ostern im Haus des Gastes, das Internationale Bläsertreffen der Herrnhuter Brüdergemeine an Pfingsten, ein Open-Air-Benefizkonzert am 2. Juli im Kurpark mit dem Heeresmusikkorps Ulm zugunsten des Urwald-Spitals in Lambarene, das Kreiserntedankfest vom 2. bis 6. Oktober in Weiler und die Verleihung des internationalen Albert-Schweitzer-Preises vom 31. Oktober bis 2. November
Gibt es auch einen Akzent zur Fastnacht?
Zu den Feierlichkeiten in der Gesamtgemeinde gehören natürlich auch der Naturparkmarkt, das Burgspektakel, das Puppen- und Märchenfestival und unter Brauchtumsaspekten der erstmalige gemeinsame Umzug der inzwischen in allen Ortsteilen entstandenen Narrenvereine am 23. Februar anlässlich des 30-jährigen Bestehens der Rotwalddeifel in Königsfeld.
Fragen: Norbert Trippl