Der 19-Jährige, der im August 2024 einen damals 16-Jährigen in einem Hüfinger Ortsteil mit einem Messer lebensgefährlich verletzt hat, hat jetzt beim Prozess vor dem Landgericht Rottweil sein Urteil erhalten. Und das fällt deutlich aus, auch wenn er nicht wegen versuchten Totschlags verurteilt wurde, wie es die Staatsanwaltschaft forderte, sondern wegen gefährlicher Körperverletzung.

Dabei hatte der Stich die Lunge des jugendlichen Opfers perforiert, was tödlich hätte ausgehen können. Aber es war der Angeklagte selbst, der seinem Opfer den teuren Pulli seiner Freundin so fest um den Oberkörper band, dass die äußerliche Blutung gestoppt wurde.

Das Gericht sah deshalb, wie es Richter Karlheinz Münzer begründete, einen Rücktritt vom Totschlag. Und damit in der Gesamtbetrachtung eine gefährliche Körperverletzung. Die Konsequenz: vier Jahre Haft.

Im Internet als Möchtegern-Ganster inszeniert

Neben der Entschuldigung und dem Geständnis, das der 19-Jährige vor Gericht ablegte, war dies aber auch das wenige Positive, das für ihn sprach. Chance über Chance habe er bekommen und keine davon genutzt, nicht einmal der Jugendarrest habe gefruchtet, warf ihm das Gericht vor. „Dieser Warnschuss hat überhaupt keine Verhaltensänderung bewirkt, es ließ ihn vollkommen kalt.“ Im Gegenteil, auf Instagram-Videos habe er sich als Möchtegern-Gangster gefeiert, stolz darauf, im Knast gewesen zu sein.

Ebenfalls auf Instagram hatte der Angeklagte zuvor auch sehr freizügige Bilder seiner erst 15-jährigen Freundin gepostet. Und das sei ein Grund, warum man ihn dort, in dem Dorf, in dem sie wohnte, nicht bei einer Party habe dabeihaben wollen – jener Party, auf der er dann doch auftauchen wollte.

Die Situation hat sich zugespitzt

Man kannte ihn offenbar als einen, der Ärger macht. Darum hatten ihn Freundinnen der 15-Jährigen in dieser Nacht im Dorf an der Kirche abgepasst und zur Rede gestellt, eine Ohrfeige fing er sich dabei auch ein, eins der Mädchen nannte ihn einen „Hurensohn“.

Die Situation spitzte sich zu, als sich die Freunde der Mädchen einmischten und seine eigene Freundin ihn wegziehen wollte. Ob er denn keine Eier habe, weil er sich hinter einem Mädchen verstecke, fragten sie ihn. „So geht man nicht mit einem Möchtegern-Gangster um“, so umschrieb Richter Münzer die mutmaßliche Einstellung des Angeklagten.

Stich nicht mit Schweizer Taschenmesser

Das spätere Opfer der Messerattacke habe ihn im Streit geschubst. Und dann habe der 19-Jährige zum Messer gegriffen und zugestochen. Keineswegs sei das ein Schweizer Taschenmesser gewesen, betonte der Richter. Das hatte der 19-Jährige zunächst behauptet – die Tatwaffe wurde nicht gefunden. „Jeder hier weiß, wie schwierig das zu öffnen ist.“ Das gehe schon gar nicht, wenn man eine Hand in der Bauchtasche habe, wo sich das Taschenmesser befunden haben soll.

Der Stich, neun Zentimeter tief und zwei breit, hätte tödlich sein können. Das war er glücklicherweise nicht. Und da der 19-Jährige dann dem Opfer half und wartete, bis der Rettungswagen da war, entschied das Gericht auf gefährliche Körperverletzung.

Chance auf Schulabschluss und Ausbildung

Noch eine Chance gibt es jetzt für den jungen Mann, der nun im Jugendgefängnis seinen Schulabschluss machen und eine Ausbildung beginnen kann. Dann, so Münzer, habe er die Möglichkeit, sein Leben in den Griff zu bekommen. Und von einem Möchtegern-Gangster zu einem Menschen zu werden, der ein normales Leben führt.

Am besten nicht dort, wo er bisher bei seinen völlig überforderten Eltern wohnte, sondern an einem neuen Ort, mit neuen Freunden, ohne Drogen und Kriminalität.„Ich hoffe, dass Sie das hier erkannt haben“, so der Richter.

Das könnte Sie auch interessieren

Die vom psychiatrischen Gutachter diagnostizierte hyperkinetische Störung (ADHS – Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) und sein dissoziales Sozialverhalten müsse er im Gefängnis ebenfalls in den Griff bekommen, mit Medikamenten, Therapien und Gesprächen mit Sozialarbeitern.

Jugendstrafvollzug als Wohltat

Dann könnte er sogar vor Ablauf der vier Jahre frei kommen. Das werde man aber ganz genau im Blick behalten, versprach ihm Richter Münzer. „Nutzen Sie diese Chancen, das ist die Wohltat des Jugendstrafvollzugs.“

Der junge Mann, der sonst ziemlich regungslos die Verhandlung verfolgte, zeigte hier ein leichtes Nicken. Und wurde dann in Fußfesseln wieder nach Adelsheim in die Haftanstalt gebracht.