Svitlana Simon ist bei Weißer und Grießhaber beschäftigt, einem Mönchweiler Unternehmen, dessen Welt der Kunststoff ist. Die Ukrainerin ist mit einem Deutschen verheiratet und lebt seit drei Jahren in Deutschland.
In der Ukraine war sie als Kinderpsychologin mit Hochschulabschluss an einer Schule tätig und unterrichtete dort auch die Fächer Biologie und Chemie. Ihre Familie ist noch in Kiew. Weil es mit der deutschen Sprache noch etwas hapert, konnte sie bislang in Deutschland nur als Produktionshelferin arbeiten.
Spannungen waren denkbar
Als vor rund drei Monaten der Krieg in der Ukraine begann, befasste man sich bei ihrem Arbeitgeber, der Firma Weißer und Grießhaber, intensiver mit der Herkunft der Mitarbeiter. Für die Geschäftsleitung sei schnell klar gewesen, dass die Zusammenarbeit von Russen, Weißrussen und Ukrainern für Spannungen in der Belegschaft sorgen könnte, berichtet Geschäftsführerin Ute Grießhaber.
Dabei stieß man auf die Geschichte von Svitlana Simon. Zudem wollte Weißer und Grießhaber zugunsten von Hilfsaktionen in der Ukraine eigentlich auch Geld spenden. Nur wohin war lange unklar, so Ute Grießhaber weiter.
Irgendwann kam dem Unternehmen dann eine wertvolle Idee. Mit der Gemeinschaftsschule Mönchweiler hatte man schon oft und regelmäßig zusammengearbeitet. Möglicherweise könnte also die ausgebildete Kinderpsychologin Svitlana Simon der Schule in der Arbeit mit ukrainischen Schülern helfen.
Gehalt für ein halbes Jahr
Die Firma Weißer und Grießhaber bot der Schule an, das Gehalt seiner Mitarbeiterin Svitlana Simon für vorerst ein halbes Jahr weiter zu bezahlen, sie in dieser Zeit aber an der Schule arbeiten zu lassen.
Bei der Schule rannte man mit dem Vorschlag offene Türen ein. Dort hatten bereits Lehrerin Lina Yepelbaum, die russisch spricht, sowie die pädagogische Assistentin Manuela Lorch und Schulbegleiterin Ingrid Seitz-Reichel wertvolle Arbeit zur Integration und für den Sprachunterricht der an die Schule Mönchweiler kommenden ukrainischen Kinder geleistet.
„Wenn ein Kind vom Bombenabwurf über dem Wohnhaus berichtet und gesehen hat, dass dieses völlig zerstört wurde, dann braucht es damit einen geschulten Umgang.“Susanne Grünwald, Rektorin
Zudem hatte sich die ebenfalls russisch sprechende Tatjana Mosbacher aus Mönchweiler auf ein Inserat der Schule hin als ehrenamtliche Helferin gemeldet. Das Quintett ergänzt Helena Freund. Sie hat Russisch und Englisch auf Lehramt studiert und ist seit April als Krankheitsvertretung an die Mönchweiler Gemeinschaftsschule abgeordnet.

In der Grundschulklasse 3/4a, in der Helena Freund an diesem Vormittag ukrainischen Kindern als Übersetzerin zur Seite steht, freuen sich die deutschen Schüler den Spieß auch einmal umdrehen zu können. Melina hat bereits etwas Ukrainisch aufgeschnappt.
Sie kann fragen „Wie geht es Dir?“ (Auf Ukrainisch: як справи?, Gesprochen: yak spravy) Gerne wiederholen ihre Mitschüler das im Chor und zeigen damit den beiden Ukrainern in der Klasse, dass das gegenseitige Verständnis keine Einbahnstraße ist.
Die pädagogische Seite der Integration konnte die Schule mit den fünf Frauen sehr gut abdecken. Für den psychologischen Ballast, den ukrainische Schüler in Folge der Flucht und des Krieges aber mitbringen, ist Hilfe aber sehr willkommen.
„Für uns ist Svitlana Simon eine Riesenhilfe. Sie spricht ukrainisch sowie russisch und ist mit ganz viel Herzblut bei der Sache dabei“, ist Ingrid Seitz-Reichel von der neuen Kollegin begeistert.
Auch Rektorin Susanne Grünwald weiß um die Wichtigkeit der psychologischen Unterstützung. Die Gemeinde Mönchweiler habe die soziale Verantwortung für die Schüler übernommen und bezahle zum Beispiel deren Erstausstattung aus besonderem Etat, erläutert sie.
Schreckliche Erlebnisse verarbeiten
Dank extra zur Verfügung gestellter Tablet-Computer mit Übersetzungsprogramm, könnten die Schüler beispielsweise Arbeitsblätter abfotografieren und sich ins Ukrainische übersetzen lassen.

„Die Unterstützung von Svitlana Simon bedeutet für uns, dass wir die Chance bekommen haben, die Kinder im Ankommen und im Lernen zu begleiten. Jedes einzelne Kind ist eine Persönlichkeit mit der besonderen Geschichte, die es mitbringt. So können wir darauf viel besser eingehen“, erklärt die Rektorin.
Dafür hat sie auch gleich ein Beispiel parat: „Wenn ein Kind vom Bombenabwurf über dem Wohnhaus berichtet und gesehen hat, dass dieses völlig zerstört wurde, dann braucht es damit einen geschulten Umgang“, weiß sie. Sieben Stunden steht Svitlana Simon der Gemeinschaftsschule Mönchweiler täglich zur Verfügung.
Ein Geben und Nehmen
Geschäftsführerin Ute Grießhaber und Personalreferentin Elke Fricker von Weißer und Grießhaber freuen sich, der Gemeinschaftsschule mit ihrer Idee so toll unter die Arme greifen zu können. Gleichzeitig sagen sie aber auch: „Wir geben der Schule ja nicht nur etwas, wir nehmen auch.“
Aus ihrer langjährigen Zusammenarbeit mit der Schule habe das Unternehmen die Erfahrung gemacht: „Da geht etwas vorwärts.“ Schon mehrere Auszubildende konnten zum Beispiel über den Kontakt zur Gemeinschaftsschule Mönchweiler eingestellt werden.