
Kein anderes Ereignis hat Niedereschach in den 80er Jahren stärker getroffen als der Niedergang der Uhrenindustrie im Ort. Schließlich hatte ein Großteil der erwerbstätigen Bevölkerung im Ort bei den zwei großen Uhrenfabriken – Jerger-Uhren und Peter-Uhren – gearbeitet und mit ihr gelebt. „Die Fabrikler kommen“, so hieß es, wenn die Arbeiter zu ihrer Mittagspause und wieder zurück oder am Feierabend durch das Dorf marschierten.

Begonnen hatte die Ära der Uhrenfertigung in Niedereschach im Jahr 1866, als Wilhelm Jerger, nachdem er bei einem Auslandsaufenthalt in England die Uhrenherstellung nach amerikanischem System, also in Massenfertigung mittels maschineller Teileherstellung kennengelernt hatte, im „Haus auf der Bruggen“ (heute Dauchinger Straße 4) seine erste Uhrenfabrikation einrichtete.

Daraus entstanden mit Jerger- und Peter-Uhren zwei große Uhrenfabrikationen.

Allein bei Jerger-Uhren wurden Anfang der 70er Jahre mit einer Belegschaft von 350 Mitarbeitern täglich zwischen 7000 und 9000 Uhren gefertigt.
Doch bereits 1975, nachdem die Uhrenindustrie durch die Kriegs- und Besatzungszeiten etliche Rückschläge zu verkraften hatte, zeichnete sich der endgültige Niedergang eine ganzen Industriebranche ab. Bei Jerger-Uhren wurde Kurzarbeit eingeführt und 40 Heimarbeitstellen abgebaut. 1988 musste Konkurs angemeldet werden. 2001 wurde das Firmengebäude der Jerger-Uhren abgerissen und Platz geschaffen für das Betreute Wohnen.

Auch bei Peter-Uhren wurden 1983 40 Mitarbeiter der insgesamt 160 Beschäftigten entlassen, erinnert sich der langjährige Betriebsleiter und Personalratsvorsitzende Norbert Grimm, der heute von seinem Wohnhaus auf das ehemalige Peter-Areal blickt.

„Nachdem sich das Gerücht von einer bevorstehenden Schließung des Werkes bewahrheitet hatte, mussten auch hier nach der Liquidation im Jahr 1985 die letzten Mitarbeiter den Betrieb verlassen“, erzählt er. Grimm selbst war auch betroffen und musste den Rest seiner Betriebszugehörigkeit bis zu seinem Ruhestand bei der Deutschen Uhrenfabrik in Schwenningen ableisten.
Was den politisch Verantwortlichen im Ort hoch anzurechnen ist: Nach dem Niedergang der Uhrenindustrie wurde 1987 das Gewerbegebiet mit anfänglich rund 350 Arbeitsplätzen geschaffen. Trotzdem erinnert sich auch heute noch manch einer der einstmaligen Mitarbeiter mit Wehmut an eine Zeit zurück, die im Betrieb von unternehmerischen Verantwortung, Gemeinsinn und einer familiären Atmosphäre geprägt war. So auch Bernd Hock, der viele Jahre bei Peter-Uhren beschäftigt war. „Wir haben wunderschöne Betriebsausflüge an den Bodensee gemacht, hatten eine Betriebs-Fußballmannschaft und sogar eine eigene Musikkapelle.“
