Schwarzwald-Baar – Sollen die Biber angesichts wachsender Bestände wieder bejagt werden dürfen? Peter Hauk (CDU), Minister für Ländlichen Raum, findet, dass man über diese Möglichkeit jedenfalls nachdenken müsse. "Der Biberbestand nimmt so überhand, dass wir seinen Bestand mittelfristig managen müssen", ließ der Minister vergangene Woche verlauten. Seit 2008 sind die Bestände von 1000 auf mittlerweile 3500 Tiere angewachsen, weiß Hauks Ministerium.
Das Landratsamt in Villingen-Schwenningen reagiert allerdings mit großer Zurückhaltung auf das Thema Biber-Jagd: "Die Frage, ob eine Bejagung sinnvoll ist, stellt sich für uns derzeit nicht", so die Kreisverwaltung auf Anfrage. Der Biber sei nach dem Bundesnaturschutzgesetz in Verbindung mit der EU-Richtlinie Flora-Fauna-Habitat (FFH) als streng geschützte Tierart einem hohen Schutz unterworfen: "Wir sind dazu verpflichtet, diesen Schutz zu gewähren und den Erhalt der Lebensstätten sicherzustellen."
Gleichwohl gibt es einen gewissen Handlungsbedarf: Das Landratsamt arbeitet derzeit an einer eigenen Biber-Konzeption. Sie soll unter anderem helfen, Konfliktpotenzial zwischen den Nutzungsinteressen von Mensch und Tier möglichst zu vermeiden: "Dort, wo die Biberaktivitäten zu Schäden führen können, soll der Biber weggelockt werden in Gewässerlebensräume, in denen die Natur und insbesondere auch andere Arten vom Dasein des Bibers profitieren", so die Kreisverwaltung.
Solche Eingriffe dürften über kurz oder lang unausweichlich werden, denn die wasserliebenden Nager fühlen sich im Schwarzwald-Baar-Kreis offenbar überdurchschnittlich wohl. Hier lebt rund ein Zehntel der landesweiten Bestände, so das Landratsamt. "Derzeit gehen wir im Schwarzwald-Baar-Kreis von zirka 60 sogenannten Biberburgen aus, die vermutlich jeweils mit einem Paar und bis zu drei bis vier Jungtieren besetzt sind. Somit schätzen wir im Landkreis die Zahl der Tiere auf zirka 350."
Die Familiengründungen der Nager verlaufen hier offenbar besonders erfolgreich, die Zahl der Tiere dürfte sich nach Einschätzung der Fachleute seit 2011 mehr als verdreifacht haben. "Die Population hat in den letzten fünf Jahren stark zugenommen. Nach einer uns vorliegenden Kartierung aus dem Jahr 2011 lagen damals Erkenntnisse über zirka 20 Gewässerstrecken mit jeweils einer Biberansiedlung vor. Rechnet man dies hoch, kommt man auf einen Biberbestand von bis zu 100 Tieren im Jahr 2011, wobei diese Zahl nur eine grobe Schätzung ist", heißt es von der Kreisverwaltung.
Das hat inzwischen spürbare finanzielle Folgen: Die durch Biberaktivitäten hervorgerufenen Schäden sind nach Auskunft des Landratsamts für die betroffenen Landwirte und Grundstückseigentümer "zum Teil erheblich" – auch wenn genaue Zahlen in der Behörde nicht vorlägen, da der Landkreis nicht für Entschädigungen zuständig sei.
Die CDU-Bundestagsabgeordnete Kordual Kovac aus Wolfach, die einen Runden Tisch mit Betroffenen und Fachleuten zur Lösung von Problemen mit den Bibern ins Leben rufen will, nannte jüngst die Zahl von rund 400 000 Euro: Diese Summe müsse schon allein die Deutsche Bahn alljährlich für die Behebung von Biberschäden aufwenden. Auch die südbadischen Kommunen müssten laut einer von ihr veranlassten Umfrage "erhebliche Mittel für die Beseitigung von Biberschäden aufwenden", so Kovac.
Damit Mensch und Biber künftig besser miteinander auskommen können und mögliche Konflikte vermieden werden, setzt der Landkreis daher auf die Biber-Konzeption. Ziel ist es, geeignete Lebensräume für die Biber zu schaffen oder auszubauen, mit denen auch der Mensch leben kann. Die amtlichen Naturschützer, das Amt für Wasser- und Bodenschutz, der Landschaftserhaltungsverband und ein externes Fachbüro sind schon an der Arbeit. Aus dem Ergebnis sollen "Handlungsfelder für eine ökologisch sinnvolle Landschaftsgestaltung", abgeleitet werden, "die auf das Bibervorkommen im Schwarzwald-Baar-Kreis zugeschnitten ist" und Probleme etwa mit der Landwirtschaft verhindert oder zumindest verringert.
Nutzen der Biber
Das Landratsamt sieht aus naturschutzfachlicher Sicht generell ein hohes Interesse, die Population einer streng geschützten Tierart zu fördern. Im Falle des Bibers hat dieser Schutz zusätzliche Vorteile: "Der Biber wertet die Gewässer aus ökologischer Sicht erheblich auf und schafft durch seine Tätigkeit hochwertigen Lebensraum für zahlreiche gefährdete und geschützte Tier- und Pflanzenarten. Außerdem stabilisiert der Biber den Wasserabfluss und trägt neben dem Hochwasserschutz auch zur Grundwasserneubildung bei."