Wo bislang Sportunterricht stattfand, werden derzeit Geflüchtete aus der Ukraine registriert. In der Turnhalle der Albert-Schweitzer-Schule in Villingen sind seit dem Ausbruch des Angriffskriegs bislang rund 1500 Geflüchtete angekommen.

Behördenübergreifend wurde ein zentraler Anlaufpunkt geschaffen, um unkompliziert und an einem Ort innerhalb einer Stunde alles abwickeln zu können, was zur Aufnahme der Menschen erforderlich ist.

In dieser Turnhalle der Albert-Schweitzer-Schule befindet sich die neue zentrale Aufnahmestelle für Geflüchtete aus der Ukraine.
In dieser Turnhalle der Albert-Schweitzer-Schule befindet sich die neue zentrale Aufnahmestelle für Geflüchtete aus der Ukraine. | Bild: Hans-Juergen Goetz

In der Hauptsache kommen Frauen mit Kindern an, zum Teil aber auch ältere Menschen. Die meisten kommen in Begleitung von Helfern, die sich ihrer bereits angenommen haben oder zumindest als Übersetzer zur Verfügung stehen. Gesprochen wird vor allem Ukrainisch, Russisch und Englisch. Und wenn gar nichts mehr geht, dann hilft eine Übersetzungs-App auf dem Handy.

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Ins Internet kommen die Menschen mit dem bereitgestellten WLAN. Das ist besonders wichtig, denn so bleiben sie immer noch über Messenger-Dienste wie WhatsApp mit ihren Familien in der Ukraine in Verbindung. Vor allem mit ihren Männern und Vätern, die dort jetzt an der Heimatfront kämpfen.

Natalie Daniltschenko aus Mykolaev passt auf ihre Kinder und die ihrer Freundin auf, während sie auf ihre Registrierung warten.
Natalie Daniltschenko aus Mykolaev passt auf ihre Kinder und die ihrer Freundin auf, während sie auf ihre Registrierung warten. | Bild: Hans-Juergen Goetz

Und während viele geflüchtete Kinder in einer Ecke der Turnhalle spielen und häufiger auch Schüler der Albert-Schweitzer-Schule vorbeischauen, um sich mit den Kleinen zu beschäftigen, kümmern sich meist die Mütter um die Registrierung.

Station 1: Datenerfassung

Um die notwendigen Dokumente für die Flüchtlinge gleich vor Ort ausstellen zu können müssen zuerst einmal die erforderlichen Daten ...
Um die notwendigen Dokumente für die Flüchtlinge gleich vor Ort ausstellen zu können müssen zuerst einmal die erforderlichen Daten erfasst werden. | Bild: Hans-Juergen Goetz

Die erste Anlaufstation sind die Mitarbeiterinnen des Sozialamts. Hier werden alle relevanten Daten erfasst und die Grundlage zum Empfang der Asylbewerberleistungen geschaffen. Pro Person sind das zunächst einmal 370 Euro. Diese werden im ersten Schritt bar im Landratsamt ausbezahlt, später dann auf ein Bankkonto überwiesen, sobald die Geflüchtete bei einer Bank ein Basiskonto eröffnet haben.

Sabine Oesterle (links) vom Sozialamt zeigt ihrer neuen Kollegin Maren Martin, welche Daten in den neuen Formulare erfasst werden.
Sabine Oesterle (links) vom Sozialamt zeigt ihrer neuen Kollegin Maren Martin, welche Daten in den neuen Formulare erfasst werden. | Bild: Hans-Juergen Goetz

Alle jene, die bereits eine Unterkunft gefunden haben, erhalten eine Mietkostenerstattung, sofern sich diese in einem angemessenen Rahmen beläuft. Außerdem erhalten die Menschen so gleich den Zugang zum Gesundheitssystem. Wer noch keine Unterkunft hat, wird zuerst in einer Flüchtlingsunterkunft im Landkreis untergebracht und dort weiter betreut.

Oft sind es mehrere Personen gleichzeitig, die von den Mitarbeitern des Sozialamts in einem ersten Schritt erfasst werden. Hier sind es ...
Oft sind es mehrere Personen gleichzeitig, die von den Mitarbeitern des Sozialamts in einem ersten Schritt erfasst werden. Hier sind es gleich zwei Familien aus Mykolaev. Die Frauen sind alleine hier mit Ihren Kindern, während ihre Ehemänner zuhause an der Heimatfront kämpfen. | Bild: Hans-Juergen Goetz

Ebenfalls erfasst wird, wer arbeiten will und kann. Diese Informationen werden dann direkt an die Agentur für Arbeit weitergeleitet, um diese Menschen möglichst schnell im Arbeitsmarkt vermitteln zu können.

Station 2: Aufenthaltstitel

Zum Anmeldeprozess gehört auch die Erfassung der Fingerabdrücke.
Zum Anmeldeprozess gehört auch die Erfassung der Fingerabdrücke. | Bild: Hans-Juergen Goetz

An der nächsten Station wird der Antrag auf einen Aufenthaltstitel aufgenommen. Neben einem Fingerabdruck wird dort auch ein Passbild erstellt, damit sofort die Fiktionsbescheinigung ausgestellt werden kann. Dieses Dokument dient als vorläufiger offizieller Ausweis, bis später die endgültige Identifikationskarte inklusive der biometrischen Daten aus der Bundesdruckerei zugestellt werden kann.

Station 3: Wohnortregistrierung

Jennifer Schenker arbeitet für das Einwohnermeldeamt der Stadt Villingen-Schwenningen und registriert den derzeitigen Wohnort der ...
Jennifer Schenker arbeitet für das Einwohnermeldeamt der Stadt Villingen-Schwenningen und registriert den derzeitigen Wohnort der Geflüchteten. Auch für sie ist es manchmal nicht ganz einfach, wenn vor allem die Frauen darüber berichten, dass sie alleine hier sind und ihre Männer im Krieg an der Ukrainischen Heimatfront zurück lassen mussten. | Bild: Hans-Juergen Goetz

Im letzten Schritt geht es dann noch zum Schreibtisch der Meldebehörde, wo der vorläufige Wohnort registriert wird. Sollten die Flüchtlinge noch weitere Dokumente, wie Heirats- oder Geburtsurkunden mitgebracht haben, werden diese mit den Personaldaten verknüpft.

Waldemar Husch aus Bad Dürrheim ist im Vorstandsmitglied der „Landsmannschaft der Deutschen aus Russland“. Er engagiert sich ...
Waldemar Husch aus Bad Dürrheim ist im Vorstandsmitglied der „Landsmannschaft der Deutschen aus Russland“. Er engagiert sich zusammen mit vielen seiner Freunde für die Flüchtlinge, übersetzt und fährt sie zu zentralen Aufnahmestelle nach Villingen. Zwei Geflüchtetenfamilien hat er selbst bereits bei sich zuhause aufgenommen. | Bild: Hans-Juergen Goetz

Wer in der Turnhalle vorbeischaut, wird merken, dass alles sehr ruhig abläuft, fast schon entspannt. Und das obwohl teilweise bis zu zehn Personen rund um jeden Schreibtisch sitzen. Wartezeiten gibt es glücklicherweise wenig, der gesamte Registrierungsprozess dauert rund eine Stunde – pro Person.

Teresa Kaupp arbeitet an der Foto-Station. Hier macht sie gerade ein Passbild von der elfjährigen Viktoria Radko aus Mykolaev.
Teresa Kaupp arbeitet an der Foto-Station. Hier macht sie gerade ein Passbild von der elfjährigen Viktoria Radko aus Mykolaev. | Bild: Hans-Juergen Goetz

Mehr Arbeit könnte bald auf die Helfer zukommen: „Ab kommender Woche erwarten wir aber deutlich mehr Flüchtlinge, weil uns dann auch Personen über die Landesaufnahmestellen zugewiesen werden“, sagt Sozialamtsleiter Jan Hauser. Um das alles zu bewältigen, müssen seine Mitarbeiter, wie auch die der anderen Behörden, einiges an Überstunden leisten.

Die Mitarbeiter des Landratsamts haben die Formulare auf das absolut Notwendigste gekürzt und ins Ukrainische übersetzen lassen. Wo ...
Die Mitarbeiter des Landratsamts haben die Formulare auf das absolut Notwendigste gekürzt und ins Ukrainische übersetzen lassen. Wo immer möglich bekommen sie die erforderlichen Daten auch gleich elektronisch übermittelt. | Bild: Hans-Juergen Goetz

„Wir sind froh, dass wir das komplette Mobiliar für unsere Impfstützpunkte letztes Jahr gekauft haben, denn nun können wir es hier direkt wieder einsetzen. Wir konnten das alles innerhalb weniger Tage in Betrieb nehmen“, sagt Arnold Schuhmacher, Ordnungsamtsleiter beim Landkreis.

Innerhalb einer Stunde durchlaufen die Flüchtlinge in der zentralen Aufnahmestelle in der Schelmengass alle notwendigen behördlichen ...
Innerhalb einer Stunde durchlaufen die Flüchtlinge in der zentralen Aufnahmestelle in der Schelmengass alle notwendigen behördlichen Stationen. | Bild: Hans-Juergen Goetz

Die nächste große Herausforderung sehen Hauser und Schuhmacher nun aber auf die Gemeinden zurollen. Denn nun gehe es darum, dort die vielen Kinder so schnell wie möglich auch in Kitas und Schulen unterzubringen. Ein Arbeitskreis gebildet soll nun schnelle Lösungsmöglichkeiten finden.