Bäcker Krachenfels rechnet hin und her, seit Wochen. Seine Einkaufspreise galoppieren davon. Er verzweifelt beim Kalkulieren. Zum Beispiel bei den Brezelpreisen – so ist die Lage und das ist seine Rechnung:
Strom: Ende des Jahres 2021 zahlte die Bäckerei mit ihrer Zentrale in Münchweiler noch vier Cent als Arbeitspreis ohne Steuern und Zulagen für die Kilowattstunde. Im Januar 2022 waren es sieben Cent, was bei der 300 Mitarbeiter großen Firma mit 40 Filialen in Schwarzwald-Baar und Südbaden einen monatlichen Kostenblock von 65.000 Euro ergebe, rechnet er vor.
Der Horror der Preise für die Backstube
Im März, nach Beginn des Angriffs auf die Ukraine, sei sein Strompreis auf 15 Cent und 80.000 Euro Kosten je Monat gestiegen, im Juni habe die Bäckerei schon 30 Cent und 110.000 Euro aufwenden müssen. Im August sei der Arbeitspreis weiter auf 55 Cent angestiegen, was 200.000 Euro je Monat ergebe. Für September kalkuliert er mit 75 Cent für die Kilowattstunde und 300.000 Euro Stromkosten im Monat.
Weizen: „Das ist das Getreide, mit dem unsere Bäckerei vor allem backt“, sagt der 54-Jährige.. Er schaut bei der Preisentwicklung auf die Pariser Warenbörse. 2020 habe der Preis für 100 Kilo noch maximal 18 Euro betragen, 2022 seien bis zu 45 Euro fällig gewesen, „aktuell sind wir bei rund 35 Euro“, schildert er am 26. August in einem Gespräch mit dem SÜDKURIER.

Deutschland habe eine gute Ernte gehabt, die Preise würden am Weltmarkt entstehen, hier sei die Nachfrage hoch und die Unsicherheit belaste die Märkte ebenso wie die Lage des Getreide-Großanbieters Ukraine. Zusätzlich spielten hohe Kosten für Düngemittel hier eine Rolle, weiß Krachenfels weiter und erklärt das nächste Problem in einem Satz: „Die Düngemittel-Herstellung ist energie-intensiv.“
Heizöl: Krachenfels befeuert seine Öfen in der Zentrale in Mönchweiler nicht mit Gas. Die Umstellung auf Gas sei 2019 geplant und bestellt gewesen, „dann kam Corona“. Der Betrieb habe die Umrüstung „zurückstellen müssen. Und er fügt hinzu: „Hätte ich heute Gas, dann wäre ich jetzt schon fertig.“ Aber auch das Heizöl hat sich verteuert. Im Januar 2022 wurden die Tanks befüllt: 10.000 Euro. Im Juli 2022 wurde wieder getankt: 18.500 Euro.
Diesel: Krachenfels hat sieben Lastwagen. Im Januar 2022 belief sich die Tankrechnung auf 3600 Euro. Im Juli 2022 auf 6000 Euro.

Löhne: Krachenfels winkt ab, als der SÜDKURIER danach fragt. Er antwortet so: „Mindestlohn? Ich habe beispielsweise eine Mitarbeiterin, die mit ihrer Familie und ihren Eltern in einem Reihenhaus wohnt. Da ist nun die monatliche Abschlagszahlung von 200 auf 1000 Euro angehoben worden.“ Der Bäcker aus Mönchweiler macht klar: Er will versuchen, alle in seinem Team möglichst gut durch diese Zeit zu bringen. Ob das gelingt? Keiner weiß es.
Dann rechnet er alles zusammen: „Nimmt man die Preisentwicklung des Energiemarkts von 4,5 Cent auf 75 Cent wie beim Strom, dann müsste meine Brezel eigentlich statt wie jetzt für einen Euro für neun Euro angeboten werden“, sagt er.
Öko? Hat er schon lange auf dem Dach
Dieser Satz von ihm soll auf die Lage aufmerksam machen, die neun Euro werden theoretisch bleiben. Der Bäcker will Strom einsparen um die Brezelpreise im Zaun halten. Krachenfels ist als Stromkunde wie viele Privatkunden derzeit auch in der Grundversorgung. Sein Vertrag endete spät im Jahr 2021. Ein Energieberater habe ihm empfohlen, sich zu Jahresbeginn nicht schon wieder vertraglich auf eine neue Laufzeit zu binden, sagt er heute und bleibt dabei ganz sachlich.
Krachenfels hat sein Firmendach in Mönchweiler schon seit sieben Jahren mit Solarkollektoren zugedeckt. Sechs Wochen im Jahr kann er damit umgerechnet arbeiten, wenn es viel Sonne hat.
So soll die Lage für alle klar werden
Geschäftsführer Georg Krachenfels will nicht zusehen und warten. Zu Wochenbeginn hat er eine Petition gestartet. Das Papier stellt zwei Kern-Forderungen auf:
1) Deutschland brauche dringend einen Energiepreis-Deckel bei 20 Cent pro Kilowattstunde beim Strom. Frankreich hat diesen schon eine solche Begrenzung, ebenso wie Portugal.
2) Der Bäckerei aus Mönchweiler fordert wörtlich Versorgungssicherheit. Er sagt: „Der Ausstieg aus der Atomenergie ist bei uns nicht wirklich abgesichert gewesen. Es entstand stattdessen die Abhängigkeit vor allem vom russischen Gas.“
„Wir sind doch auch energieintensiv“
Der Konditormeister und Betriebswirt verweist darauf, dass die Bundesregierung gezielt systemrelevanten Großbetrieben zur Seite springen wolle. Kopfschüttelnd ergänzt er: „Wir Bäcker sind in Berlin leider nicht auf dem Radar der Politik – wir betreiben dort nicht wie andere ein Lobbybüro“, sagt er bitter und betont: „Wir Bäcker sind aber auch energieintensive Betriebe.“
In seinen Filialen will er ab dieser Woche demonstrativ – wann immer es geht – das Licht ausschalten. Ein Plakat, mit dem er für seine Petition wirbt, zeigt eine brennende Kerze vor einem Laib Brot. „Wir müssen Energie sparen“, sagt er. Ein reduzierter Energieverbrauch soll helfen, die Preis-Spirale zu brechen.