Es ist 11 Uhr, da klopft es an der Tür. „Die Lieferung ist da“, sagt ein Kollege zu Petra Höfler. Heute wird Höfler mal wieder die Welt verändern.
Wie seit zwölf Jahren natürlich nur ein bisschen. Sie selbst würde das so natürlich nicht sagen. Sie sagt: „Wir wollen Menschen mit kleinem Geldbeutel ein Angebot machen.“
Klamotten, Geschirr und ein Kartenspieltisch
Die Lieferung, das sind gespendete Möbel fürs Sozialkaufhaus Secondo, dessen Zweigstelle Höfler in Donaueschingen leitet. Und mit jeder Spende kann sie die Welt etwas positiver verändern. So ist im Secondo auch ziemlich alles versammelt, was Hausstände hergeben: Klamotten, ein paar Sofas, Geschirr, Bücher, alte Plakate, ein Plattenspieler – oder ein Kartenspieltisch aus dem 19. Jahrhundert.
„Hier stelle ich mir immer vor, wie die Männer über Generationen hinweg schon gesessen und gespielt haben“, sagt Höfler, als sie durchs Secondo führt.
Vor ein paar Jahren hat mal jemand die Elefantensammlung seiner Eltern abgegeben. „Das waren Reiseandenken. Von jeder unternommen Reise haben die Eltern eine Elefantenfigur mitgebracht“, sagt Höfler.
Gegenstände mit Geschichte
Die Gegenstände im Secondo seien eben welche mit Geschichte. Zu schade zum Wegwerfen. Zu kostenbar für jene, die wirklich wenig haben. Doch: Gerade für die ist der Gang ins Sozialkaufhaus oft nicht einfach – und die Zahl der Bedürftigen wird, bei all den steigenden Preisen, nicht gerade kleiner.
Wo sich niemand schämen muss, wenn er wenig Geld hat
„Wir wollen aber, dass jeder in Würde einkaufen kann“, sagt Höfler. „Dass sich niemand schämen muss.“ Darum hat sie das Geschäft bewusst ansprechend gestaltet. Und tatsächlich: Wüsste man es nicht, könnte das Secondo ein Laden wie jeder andere sein.
Wird das Angebot nun stärker genutzt als früher? „Ja“, sagt Höfler – und schiebt ein langes Aber hinterher. „Ob das an der Inflation liegt, weiß ich nicht.“ Denn fast zeitgleich mit den in Deutschland angehobenen Preisen und Lebenshaltungskosten hatte das Secondo quasi neu eröffnet.
Mehr Kunden seit Anfang des Jahres
Nach gut einem Jahr Umbauphase – im laufenden, aber durch den Baulärm etwas gestörten Betrieb – hat das Sozialkaufhaus Ende Dezember „offiziell den Vorhang fallen lassen“, wie es Höfler nennt. Und sich auf 1000 Quadratmeter erweitert.

„Deshalb kann ich jetzt nicht differenzieren, ob wir mehr Kunden haben, weil wir größer geworden sind. Und ein breiteres Angebot haben. Oder weil es überall teurer ist und sich viele einen normalen Geschäftsgang nicht mehr leisten können.“ An Spenden mangele es auch nicht.
Bedürftigkeit muss niemand nachweisen
Um die 130 Kunden besuchen inzwischen täglich das Secondo. Ihre Bedürftigkeit müssen sie nicht nachweisen, sagt Höfler. Sie geht durch die Buchabteilung ihres Ladens, wo einige ihrer Mitarbeiter die Bücher gerade thematisch sortieren. Und dabei durchaus Spaß haben. „Schau mal, das passt viel besser“, sagt jemand. „Das Buch muss hierhin.“
Arbeitsplatz für Langzeitarbeitslose
Höfler schmunzelt. „Es ein schönes Gefühl ist, wenn sie sich so einbringen.“ Denn viele Mitarbeiter seien Langzeitarbeitslose oder Menschen mit Handicap, denen das Secondo eine Perspektive bieten will. Über das Jobcenter vermittelt finden sie als Ein-Euro Jobber langsam wieder ins Berufsleben. So zumindest der Plan.
Mitunter wissen die Mitarbeiter nicht, ob sie nach all den Jahren ohne Job einen Arbeitsalltag noch gestemmt kriegen. Weil ihnen die Struktur fehlt oder weil sie Versagensängste haben. „Wenn die fragen, ob sie eine Stunde länger bleiben dürfen und sich mit einbringen, wird einem ganz warm uns Herz“, sagt Petra Höfler.
Denn dann hat sie wieder einmal die Welt verändert. Zumindest im Kleinen.