„Das ist für uns normal“, sagt Martin Handke und zeigt auf den großen Müllhaufen. Offiziell handelt es sich hierbei um Bioabfall der braunen Tonne. Doch zwischen Lebensmittelresten stechen die bunten Tüten und Teile aus Plastik sofort ins Auge.
„Das, was wir hier sehen, ist ganz gute Qualität“, sagt Handke. Alles relativ, versteht sich. Denn er kennt es noch deutlich schlimmer.
Kapazität bis zu 40.000 Tonnen Biomüll
In der Vergärungsanlage in Deißlingen kommen täglich 15 bis 20 Müllfahrzeuge und laden den Biomüll aus der Region ab. So landen etwa 150 Tonnen pro Tag in der Anlage. Auf das Jahr gerechnet, kommen rund 35.000 Tonnen zusammen – mit Luft nach oben. Die Anlage hat laut Betreiber eine Kapazität für 40.000 Tonnen Müll.
Maximal zwei Wochen verweilt der Müll in der Anlage. In der Zeit zersetzen Bakterien den Abfall und erzeugen dabei Biogas, das so wie Erdgas für die Energieversorgung verwendet wird. Die Reste können zudem als Düngemittel für die Landwirtschaft verwendet werden.
Doch der Weg dahin ist mit viel Aufwand und somit Kosten verbunden – mehr als eigentlich nötig.

Von Bauschutt bis hin zu Tierkörpern
Grund dafür ist die mangelnde Qualität der Bioabfälle. „Plastik ist für uns schon normal geworden“, sagt Martin Handke von BRS Bioenergie, dem Betreiber der Anlage.
Auch organische Stoffe wie große Äste oder Baumstämme, die zwar biologischen Ursprungs sind, aber nicht vergärbar sind und nicht in die braune Tonne gehören, seien nicht das größte Problem im Biomüll.
Sondern es geht um ganz andere Materialien. Nicht selten stoßen die Mitarbeiter der Vergärungsanlage diese sogenannten Störstoffe.
Von Bauschutt, Ziegelsteinen und Zementsäcken über Vorhänge und Teppiche bis hin zu ganzen Tierkörpern reicht die Bandbreite: „Haben wir alles schon gesehen“, sagt Heinz Braun, Prokurist bei BRS Bioenergie. „Quasi alles was reinpasst, landet in der Tonne.“
Unterschiede zwischen den Regionen
In der Vergärungsanlage in Deißlingen wird der Biomüll aus drei Landkreisen verarbeitet: Rottweil, Tuttlingen und Schwarzwald-Baar-Kreis. Doch nicht alle Haushalte in den Landkreisen trennen ihren Müll gleich gut.

„Wir merken einen Unterschied zwischen den Stadtgebieten und den ländlichen Gebieten“, erklärt Heinz Braun. Besonders auffällig seien die Lieferungen aus dem Stadtgebiet Tuttlingen. „Da weiß man manchmal nicht, ist es Restmüll oder Biomüll.“
Aufwändige Aufbereitung
Um den Biomüll so sortenrein wie möglich zu bekommen, wird er zunächst kleingeschreddert. Danach durchläuft er in der Vergärungsanlage mehrere Siebtechniken und Reinigungsstufen.
„Das, was dann noch übrig bleibt, ist alles vergärbar und geht in den Tank“, erklärt Martin Handke.
Die aussortierten Störstoffe landen in einem Tunnel, wo sie auf die Hälfte der Masse kompostiert werden. Was am Ende noch übrig bleibt, wird verbrannt und ersetzt dabei konventionellen Brennstoff in der Zementherstellung. Somit bleibt am Ende so gut wie nichts aus der braunen Tonne übrig.
Teile vom Abfall landen auf den Feldern
Der Kern der Anlage ist zwar die Herstellung von Biogas, das durch die Vergärung entsteht. Die Gärreste werden aber auch noch verwendet, und zwar als Düngemittel für die Landwirtschaft.
Dafür müssen die Gärreste komplett plastikfrei sein, so Heinz Braun. Schließlich landet der Dünger auf den Feldern der Bauern.

Um das zu erreichen, werden theoretisch 14 Prozent von der Gesamtmasse an Biomüll herausgefiltert. „Wir bereiten effektiver auf, also ziehen mehr als nötig raus, um eine gute Qualität zu erhalten“, sagt Martin Handke.
Denn die Kontrollen für die Gärprodukte sind streng: Alle zwei Monate wird die Qualität von externen Laboren geprüft.
Schlechte Qualität bedeuten mehr Kosten für den Bürger
Den Mehraufwand betreiben die elf Mitarbeiter der Anlage nicht ohne Grund. „Wir passen uns an die schlechte Qualität an“, sagt Martin Handke.
„Wenn alle mitmachen würden, müssten wir hier nicht so einen Riesenaufwand betreiben.“ Auf Dauer wirke sich das auch auf die Abfallgebühren für die Bürger aus.
Das erklärt Heinz Braun so: Die Landkreise schreiben alle fünf Jahre die Aufträge für die Müllentsorgung aus, die dann von Dienstleistern wie Remondis, Alba und vielen mehr übernommen wird.
Je schlechter die Müllqualität sei, mit der die Entsorger konfrontiert werden, desto höher seien die Entsorgungskosten. Wer also will, dass die Kosten zukünftig konstant bleiben, sollte auf eine sorgfältige Mülltrennung achten.
Mangelnde Aufklärung oder doch Ignoranz?
Was genau die Gründe für die schlechte Müllqualität sind, wissen die Betreiber nicht. „Vielleicht sind die Leute nicht aufgeklärt genug, vielleicht ist es dem ein oder anderem auch egal“, sagt Martin Handke.
Sein Kollege Heinz Braun vermutet, dass die Struktur von Mehrfamilienhäusern, die sich die Mülltonnen teilen, für den Unterschied zwischen Stadt und Land sorgen. „Bei einer eigenen Tonne trägt man mehr Verantwortung“, sagt er.
Müllsünder erhalten eine rote Karte
Wobei die Behörden das Thema nicht einfach schleifen lassen. In den vergangenen Jahren gab es im Schwarzwald-Baar-Kreis vermehrt Kontrollen und Infoaktionen in Sachen Mülltrennung.
Auch Sanktionen wie gelbe Verwarnkarten an schlecht befüllten Tonnen und in gravierenden Fällen eine rote Karte, bei der die Tonne dann nicht geleert wird, sind zum Einsatz gekommen.
Diese Aktionen zeigen Wirkung, wie die Pressesprecherin des Landratsamts Schwarzwald-Baar-Kreis, Heike Frank, berichtet: „Auch der Einsatz des Biomüllkontrolleurs wird in der Bevölkerung durchaus wahrgenommen – übrigens überwiegend positiv.“ Daher fänden nach wie vor regelmäßige Kontrollen statt.