Nasskalter Wind streicht über den Bahnsteig in Brigachal-Kirchdorf. Vom nahen Kirchturm schlägt die Glocke sieben Mal. In vier Minuten soll der Ringzug eine große Schar von Jugendlichen zu den weiterführenden Schulen nach Villingen bringen. Auf dem Bahnsteig warten auch ältere Semester, auf ihrem Weg zur Arbeitsstelle in die Doppelstadt.
Kommt er oder kommt er nicht?
Praktisch alle Jugendliche halten ein Smartphone in ihren Händen, schauen, ob der Ringzug pünktlich ankommt. „Kommt der Zug und wenn ja, wann kommt er?“, so die bangen Gedanken von Emely und Samanta, zwei Schülerinnen der Villinger Bickebergschule.
Zu spät, aber mit mehr Platz
Die Antwort auf die Frage entscheidet, ob sie pünktlich den Unterricht erreichen oder nicht. Eine zweite Chance bietet die S-Bahn aus Freiburg, die wenig später um 7.12 Uhr in Kirchdorf halten soll. „Die kommt häufig zu spät“, sagen zwei Jungs im Vorbeigehen. „Aber dort hat man wenigstens Platz.“ Die beiden Triebwagen des Ringzuges sind auch an diesem Morgen brechend voll.

Die Unzuverlässigkeit des Schienenverkehrs in den vergangenen Wochen hat auch bei vielen Eltern für Ärger gesorgt. Michael Milster hat sich deshalb an den SÜDKURIER gewandt. Immer wieder müsse er als Elterntaxi einspringen, damit seine Tochter auch die erste Unterrichtsstunde mitbekomme, berichtet er. Was ist da los?
Spurensuche an der Haltestelle
Wann ein Zug fährt, verrät eigentlich der ausgehängte Fahrplan, der angesichts der aktuellen Situation allerdings öfter zur Makulatur wird. Die Bahn-App zeigt zwar Verspätungen und Zugausfälle an, kann aber keinen Schülertransport übernehmen. „Wir müssen dann immer mit dem Handy im Sekretariat anrufen und sagen, dass wir zu spät kommen“, sagt Emely.
Eine Nachfrage im Schulsekretariat der Bickebergschule ergibt, dass die Verspätungsmeldungen wegen des Zugverkehrs keine Seltenheit sind. „Ja, wir bekommen immer wieder Anrufe von Schülern oder Eltern, dass die Züge Verspätung haben“, so Schulsekträtin Elvira All.
Der Autor hat sich an drei Tagen vom tatsächlichen Geschehen am Haltepunkt Kirchdorf überzeugt. An einem von diesen drei beobachteten Tagen erreichten die Triebwagen des Ringzuges pünktlich den Haltepunkt Kirchdorf. Allerdings verzögert sich die Weiterfahrt allein dadurch, dass es den Zusteigenden nicht möglich ist, zügig die beiden Wagen zu besteigen, stauen sich in den Eingangsbereichen doch bereits Fahrgäste.
Verspätung wird nicht aufgeholt
Durch das verzögerte Einsteigen werden zwei Minuten Verspätung erzeugt, sodass der Zug in Marbach-West schon seine bisherige Pünktlichkeit auf der Strecke lässt. Die enge Fahrplantaktung und maximale Tempovorgaben zwischen den Stationen lassen ein Aufholen der Verspätung nicht zu.
Zugbegleiter sollen Fahrgäste verteilen
Christoph Meichsner, Sprecher der der Südwestdeutschen Landesverkehrs GmbH (SWEG), sagt, dass seit den Herbstferien verstärkt Zugbegleiter im Ringzug mitfahren und auf eine bessere Verteilung der Fahrgäste in den Triebwagen achten. Das ermögliche den zügigen Zustieg.
Eine Nachfrage beim Verkehrsministerium in Stuttgart ergibt, dass es im Oktober auf der SWEG-Strecke Verspätungen von bis zu 30 Minuten gab. Von Zugausfällen sei indes nichts bekannt.
Wegen der ermittelten Fahrgastzahlen am Morgen halten die Züge der Breisgau-S-Bahn-Linie S1 morgens auch an den Haltepunkten zwischen Donaueschingen und Villingen, um die Kapazitäten für den Schülerverkehr zu ergänzen. Am Mittwoch, 25. Oktober, allerdings ist die Breisgau S-Bahn komplett ausgefallen. Von überfüllten Zügen auf der Ringzuglinie RB 42 im Schülerverkehr habe das Verkehrsministerium keine Kenntnis.
Ministerium: „Wir beobachten die Zugleistung“
Wie Ministeriumssprecherin Julia Pieper sagt, werde das Land die Zugleistung verstärkt beobachten und sich bei Bedarf mit dem Verkehrsunternehmen über Maßnahmen beraten.

So einfach dürfte das nicht werden: Da die SWEG allmorgendlich ihre sämtlichen Fahrzeuge im Einsatz habe, sei eine Kapazitätsausweitung nicht möglich, so Christoph Meichsner. Zugausfälle beim Ringzug seien ihm nicht bekannt.
Manchmal bleibt nur Warten
Den Schülern allerdings schon: Nachdem am 25. Oktober die Breisgau-S-Bahn ausgefallen war – Grund war laut Display eine Reparatur am Zug – blieb den Schülern nur das Warten auf den nächsten Ringzug um 7.39 Uhr übrig.