5 Uhr morgens, Döggingen: Die Gauchachstraße liegt im Dunkeln verlassen da, kaum ein Auto ist im Bräunlinger Stadtteil unterwegs. Umso heller strahlt das Licht aus den Fenstern der Backstube. Dort ist Robert Schorp mit seiner Mitarbeiterin Tina Erndle bereits seit einer Dreiviertelstunde am Werk.
Neues Arbeitszeitenmodell
Für einen Bäcker fängt Schorp ungewöhnlich spät an: freitags und samstags um zwei Uhr morgens, dienstags und mittwochs um viertel vor vier. An allen anderen Tagen bleibt die Bäckerei geschlossen – was aber nicht heißt, dass nicht gearbeitet wird.
Drei Fakten über Brot
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Er setze auf Qualität, um so trotz höherer Preise mit größeren Bäckereien mithalten zu können, sagt der Brotsommelier. Sein Rezept für Qualität enthält vor allem eine Zutat: Zeit. Bis zu 72 Stunden lang lässt er die Teige ruhen. Im sogenannten Aromacooler kühlt Schorp sie dafür auf 4 Grad Celsius herunter. So könnten sich die Aromen am besten entfalten, erklärt der Bäcker.
Den Teig des Bauernbrotes haben die Beiden dagegen ganz früh an diesem Morgen gerührt. Nun wiegt Erndle die richtigen Portionen ab und reicht den Teig an Schorp weiter. Er rollt den Laib locker auf und drückt ihn ganz sanft in Form. „Das hat schon mein Opa so gemacht. Ich will da nicht drauf drücken, sondern sie möglichst luftig haben“, sagt der Bäcker nebenbei. Auf einem großen Brett, das mit Stoff bespannt ist, dürfen die Brote danach noch einmal gehen.
„Brot hat eigentlich vier Faktoren: Rohstoffauswahl, Teig, Teigführung und Zeit“, erklärt Schorp weiter. „Das heißt, ich kann die gleichen Rohstoffe und das gleiche Rezept wählen und nur die Teigführung ändern und bekomme ein anderes Brot.“ Bei den Rohstoffen achtet er vor allem auf Regionalität. Für sein Urleibsbrot kommt dabei mit dem Waldstaudenroggen auch eine alte Getreidesorte zum Einsatz.
„Wo kann man noch direkt aus Rohstoffen ein fertiges Produkt machen?“Robert Schorp, Bäcker aus Döggingen
Eng damit verbunden ist auch die Antwort auf die Frage, warum der 39-Jährige seinen Beruf liebt: „Wo kann man noch direkt aus Rohstoffen ein fertiges Produkt machen? Meistens ist man ein kleines Rad im Getriebe.“ In der Backstube sehe er direkt, was er geleistet habe.
Dann sind die Brote bereit für den Ofen. Schorp zieht ein langes Brett voller Bauernbrotlaibe aus einem Regal in der Wand, trägt es zur geöffneten Klappe des Ofens und hakt dort die Vorderseite ein. Nun folgt das Einschießen: Mit einem kräftigen Ruck zieht der Bäcker am hinteren Ende des Brettes, woraufhin sich der Stoff in der Mitte wie ein Laufband nach vorne bewegt – die Brote fliegen in den Ofen.
Schorp ist Bäcker in vierter Generation
Hier, in der Backstube, ist Schorp schon als Kind herumgerannt. In vierter Generation hat der Konditior- und Bäckermeister sie 2021 von seinem Vater übernommen. Im nächsten Jahr feiert die Familie das 100-jährige Bestehen des Betriebes. Nebenbei ist Robert Schorp weiterhin als Fachlehrer für das Bäckerhandwerk tätig.
Eine gute Stunde später haben die Bauernbrote im Ofen eine kräftige matte Kruste bekommen. Mit einem quadratischen Brotschieber holt der Bäcker vier Laibe auf einmal heraus und positioniert sie in einer offenen Klappe in der Wand gegenüber des Ofens, durch die es direkt in den Verkaufsraum geht.

Drei Brot- und zwei Kuchensorten, verschiedene Brötchen und sonstiges Gebäck produzieren Schorp und seine Mitarbeiterin Tina Erndle an diesem Morgen.

Die Auswahl ist kleiner als in größeren Bäckereien, dafür sind die Arbeitszeiten familienfreundlicher. Vielleicht ist das Teil des Geheimnisses, warum Schorp mit seinen insgesamt zwölf Mitarbeitenden keine Personalnot drückt.
Brot gibt es in Bräunlingen auch vom Bauernhof
Auf dem Breghof in Bruggen ist das Brotbacken eher Nebensache. Denn im Hofladen, den Nadja und Matthias Friedrich im Juni 2022 eröffneten, ist Brot nur eines von vielen Produkten, das sie aus eigenen Rohstoffen herstellen.
Für Nadja Friedrich war dieses dritte Standbein – neben Bio-Heumilch und Legehennenstall – schon immer ein großer Traum. „Sogar bevor ich den Matthias kennengelernt habe“, erinnert sie sich. Momentan kann sie jedoch nur eingeschränkt im Hofladen mitarbeiten, denn vor wenigen Wochen kam ihr zweites Kind auf die Welt. Mit dem Kleinen in der Trage erledigt sie an diesem Morgen dennoch so viel wie möglich.

Bereits zwei Stunden bevor Friedrich um halb neun Uhr morgens die Küche des Hofladens betritt, hat Mitarbeiterin Ulrike Münch mit der Arbeit begonnen. Drei Brotsorten hat der Breghof im Angebot: Bauernbrot aus Weizenmehl, helles Emmerbrot sowie dessen Vollkornvariante. Insgesamt 14 Laibe und sieben Zöpfe stehen heute auf ihrem Programm – mehr als üblich. Den Teig für das Brot hat Nadja Friedrich dabei bereits am Vortag zubereitet, denn auf lange Gehzeiten legen sie auch auf dem Breghof viel Wert.
Getreide aus eigenem Anbau
Anders als bei Schorp Brothandwerk kommen in Bruggen jedoch nur Hefeteige zum Einsatz. Beim Getreide, das wie die meisten Zutaten aus eigenem Anbau stammt, setzen Nadja Friedrich und Ulrike Münch auf Weizen sowie das Urgetreide Emmer.

Doch bevor Münch sich an diesem Freitagmorgen den Broten widmen kann, kümmert sie sich zunächst um mehrere Eimer Frischmilch, die sie in den Pasteurisator in einer Ecke kippt. Dann säubert sie die Arbeitsfläche, bestäubt sie mit Mehl und lässt den Teig aus einer blauen Schüssel auf die Fläche gleiten. Dort steht auch schon die Küchenwaage bereit. „Die Teige werden immer gewogen, damit sie exakt gleich groß sind“, erklärt Münch, während sie den Bauernbrotteig aus Weizen in acht Portionen unterteilt.
Im Brotbacken hat sie jahrelange Erfahrung – wenn auch nur im privaten Kontext. Denn 37 Jahre lang stand Münch beruflich am Bankschalter. Als dann bei ihrer Bank Personal abgebaut wurde, sah sich die Brigachtalerin nach einer neuen Stelle um. Seit Juli 2022 arbeitet sie mittwochs und freitags im Hofladen.
Einmal kräftig geknetet und in Form gebracht, deckt Münch die zwei Bleche voller Brotlaibe mit blauen Geschirrhandtüchern ab. Eine Stunde lang müssen diese noch einmal gehen, bevor sie in den Ofen kommen. Münch schnappt sich – eins nach dem anderen – die beiden Bleche und bringt sie in einen wärmeren Nebenraum. „Da steht die Heizung“, erklärt sie.
„Das, was man gerne isst, backt man gerne.“Ulrike Münch, Mitarbeiterin im Hofladen Breghof
Während sie den Broten Zeit lässt, bereitet sie die Füllung der Zöpfe vor. Was sie lieber backt, kann Münch nicht sagen. „Das, was man gerne isst, backt man gerne. Und das ist bei mir beides“, erklärt sie lachend.

Dann ist die Stunde um, die Brote sind bereit für den Ofen. Einmal noch bringt Münch sie in Form und ritzt sie an der Oberseite mittig ein.
Bei einer Anfangstemperatur von 190 Grad Celsius schiebt sie die Bleche in den Ofen. Den Rest regelt der Ofen im Programm Backbrot selbst. Rund eine Stunde später, nach mehreren anderen Arbeiten in der Küche, holt Münch die Brote heraus und bringt sie direkt ins Regal des Hofladens eine Tür weiter. Leise knistern die frischen Laibe dort vor sich hin – die Kunden können kommen.