Ungewohnte Aufregung herrschte am Donnerstag, 6. Februar, in den Räumen der Schwenninger Firma Tipp-Kick GmbH. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) machte beim traditionsreichen Hersteller des berühmten Tischfußballspiels während einer Wahlkampftour durch Baden-Württemberg einen Zwischenstopp.

Hinter den Firmenchefs Jochen und Mathias Mieg und der Belegschaft liegen aufregende Tage und Stunden. Der Kanzler-Besuch war verbunden mit zahlreichen Vorbereitungen, darunter auch einem umfassenden Sicherheits-Check durch die Personenschützer des Bundeskriminalamtes.

Strenge Sicherheitsvorkehrungen: Hier ist ein Beamter mit einem Sprengstoff-Suchhund im Einsatz.
Strenge Sicherheitsvorkehrungen: Hier ist ein Beamter mit einem Sprengstoff-Suchhund im Einsatz. | Bild: Stadler, Eberhard

Die Letztgenannten waren bereits am Donnerstagfrüh um 9 Uhr in den Firmenräumen in der Dickenhardtstraße und im Umfeld tätig, um die Sicherheit des Kanzlers, der erst um 13.30 Uhr pünktlich eintraf, zu gewährleisten.

Auch die zahlreich im Schwenninger Industriegebiet erschienen Vertreter regionaler und überregionaler Medien wurden einem umfassenden Sicherheits-Check unterzogen

Derya Türk-Nachbaur, die Bundestagsabgeordnete aus Bad Dürrheim, zeigt einen Spieler der SPD-Edition. Der Spieler mit der Nummer 1 hat ...
Derya Türk-Nachbaur, die Bundestagsabgeordnete aus Bad Dürrheim, zeigt einen Spieler der SPD-Edition. Der Spieler mit der Nummer 1 hat den Namen Scholz auf Rücken seines Trikots. | Bild: Stadler, Eberhard

Derya Türk-Nachbaur, die SPD-Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Schwarzwald-Baar, strahlte. Es sei der erste Besuch von Bundeskanzler Scholz im Wahlkreis, berichtete sie. „Ich habe ihn hergeholt.“

Scholz befand sich auf einer Wahlkampftour in Baden-Württemberg, war zuvor beim Sto-Konzern in Stühlingen am Hochrhein zu Gast.

Tipp-Kick begeistert seit über 100 Jahren Jung und Alt.
Tipp-Kick begeistert seit über 100 Jahren Jung und Alt. | Bild: Stadler, Eberhard

Und warum ausgerechnet zur Firma Tipp-Kick? Weil dies ein Familienbetrieb mit großer Tradition sei, weithin bekannt, der Unternehmertum mit Spaß und Kreativität verbinde. „Ich habe ihm die Firma vorgeschlagen. Und er war sofort Feuer und Flamme“, schilderte sie.

Kleiner Kreis von Besuchern

Aus Sicherheitsgründen hatten das BKA und die SPD den Kreis der Besucher klein gehalten. Vor Ort waren neben den Medienvertretern, die die Bilder vom Tischfußball spielenden Kanzler in die Republik hinaustragen, nur noch die Helfer der SPD, Angehörige der beiden Familien Mieg und eine Handvoll Mitarbeiter des kleinen Betriebs dabei.

Offizielle Vertreter der Stadt oder der örtlichen Unternehmerschaft waren nicht geladen. Für politische Gespräche war aber auch keine Zeit eingeplant.

Action vor laufenden Kameras beim Tischfußball. Kanzler Scholz, rechts am Tisch, spielt den Ball.
Action vor laufenden Kameras beim Tischfußball. Kanzler Scholz, rechts am Tisch, spielt den Ball. | Bild: Stadler, Eberhard

Ziemlich pünktlich traf dann die Kanzler-Limousine gegen 13.30 Uhr in Schwenningen ein. Und auf einmal war er da, der Kanzler mit seiner Begleitung. „Es ist uns eine große Ehre“, begrüßte Mathias Mieg, der mit seinem Cousin Jochen Mieg die Firma in dritter Generation leitet, den hohen Gast.

Der Stolz ist den beiden Geschäftsführern anzusehen. Sie haben für Scholz eine symbolische Fertigungsstraße an einem Tisch aufgebaut.

Am Anfang stehen die Rohlinge der Tipp-Kick-Spieler, die aus Zink gefertigt werden. Dann die Bemalungsstation, an der Mitarbeiterin Bianca Volop – normalerweise in Heimarbeit – die Trikots der Figuren bemalt. Und schließlich die Montage des Druckknopfes auf den Spielerköpfen, mit denen die mechanischen Schussaktionen der Spieler mit Fingerdruck ausgelöst werden.

Mathias Mieg zeigt dem Bundeskanzler, wie der Druckknopf auf den Tipp-Kick-Figuren montiert wird. Links bemalt Mitarbeiterin Bianca ...
Mathias Mieg zeigt dem Bundeskanzler, wie der Druckknopf auf den Tipp-Kick-Figuren montiert wird. Links bemalt Mitarbeiterin Bianca Volop eine der Figuren. | Bild: Stadler, Eberhard

SPD-Sonder-Edition mit roten Trikots

Vorbereitet haben die Miegs auch eine Sonder-Edition für den Kanzlerbesuch. Eine SPD-Elf, natürlich mit knallroten Trikots. Das Hemd mit der Nummer 1 auf dem Rücken trägt den Namen Scholz. Ob das auch nach dem Wahltermin gilt? Das ist eine andere Frage.

Ja, bestätigte der Bundeskanzler auf Frage von Mathias Mieg, auch er habe in seiner Kindheit und Jugend Tipp-Kick gespielt. „So wie wir alle damals.“

Scholz gibt sich zurückhaltend freundlich, hört viel zu, lächelt in die Runde und in die Kameras, stellt einige Fragen.

Olaf Scholz signiert eine große Tipp-Kick-Figur.
Olaf Scholz signiert eine große Tipp-Kick-Figur. | Bild: Stadler, Eberhard

Alt, klein und bekannt

Von Matthias Mieg erfährt der Kanzler viel über die Fertigung und die Firmengeschichte. Der Unternehmer stellt die Besonderheit des Familienbetriebs heraus. „In Schwenningen ist kaum eine Firma so alt, kaum eine andere so klein und kaum eine so bekannt wie wir.“

Der Spielwarenhersteller leidet aber zunehmend unter den Verwerfungen im Einzelhandel. Der stationäre Spielwarenhandel verschwindet zunehmend vom Markt.

Inzwischen, so berichtet Mathias Mieg, laufen 70 Prozent seiner Geschäfte über den Online-Handel. Doch die Ware, das Tipp-Kick-Spiel, ist auch noch nach über 100 Jahren gefragt und begehrt.

Ein kleines Tipp-Kick-Siel darf nicht fehlen. Hier spielen links Jochen Mieg und Derya Türk-Nachbaur gegen Kanzler Olaf Scholz und ...
Ein kleines Tipp-Kick-Siel darf nicht fehlen. Hier spielen links Jochen Mieg und Derya Türk-Nachbaur gegen Kanzler Olaf Scholz und Juniorchef Leonard Mieg. | Bild: Stadler, Eberhard

Der Kanzler ließ es sich auch nicht nehmen, eine Partie Tischfußball gegen seine Parteifreundin Derya Tür-Nachbaur zu spielen. Dabei bekamen die beiden Politiker von Jochen Mieg und Juniorchef Leonard Mieg wertvolle Schützenhilfe und Tipps.

Ein Beispiel für deutschen Mittelstand

„Mir hat es hier gut gefallen“, freute sich der Kanzler und lobte in seiner Abschlusserklärung das kleine Familienunternehmen als gutes Beispiel für den erfolgreichen Mittelstand in Deutschland.

Mathias Mieg (links) überreicht dem Kanzler eine Retro-Edition des Spiels. Auch Derya Türk-Nachbaur (rechts) bekommt eine.
Mathias Mieg (links) überreicht dem Kanzler eine Retro-Edition des Spiels. Auch Derya Türk-Nachbaur (rechts) bekommt eine. | Bild: Stadler, Eberhard

Natürlich ging Scholz nicht ohne Gastgeschenk. Matthias Mieg überreichte ihm eine Retro-Edition. Wenn die Verhandlungen mal wieder schwierig oder hitzig seien, so empfahl er dem Kanzler, dann solle er doch seine Gesprächspartner zu einem Spielchen einladen. Tipp-Kick sei entspannend.

Der Kanzler nahm das Spiel und den Ratschlag freudig mit. Nach einer Dreiviertelstunde zog Olaf Scholz mit seinem Tross weiter: zum nächsten Wahlkampfauftritt.

„Er hat uns sogar die Hand gegeben“

Die Mitarbeiter der Firma äußerten sich sehr angetan vom Auftritt des Bundeskanzlers. „Ich war sehr überrascht, wie umgänglich und auch wie nett und nahbar er war“, freute sich Büromitarbeitern Annika Schmid. „Er hat uns sogar die Hand gegeben.“

Das könnte Sie auch interessieren

Die vierte Generation steht bereit

Bei der Firma Mieg wird nun wieder der Alltag einkehren. Mit Leonard Mieg, dem Sohn von Matthias Mieg, steht bereits die vierte Generation bereit, das Unternehmen fortzuführen. Und Jochen Mieg erklärte, er habe durchaus Hoffnung, dass vielleicht auch sein Sohn in den nächsten Jahren noch einsteigen wird.

Tipp-Kick hat bereits drei Generationen Miegs wirtschaftlich getragen. Warum nicht noch eine vierte?