Die Lichter flackern, der Bass vibriert durch den Raum, Stimmen mischen sich mit der Musik – für einen Moment fühlt es sich im Okay an wie früher. Doch die Realität sieht anders aus. Immer mehr Clubs schließen, das Nachtleben stirbt langsam aus.
„Wir kämpfen ums Überleben“, sagt Benjamin Bensberg, Geschäftsführer der Donaueschinger Diskothek Okay. „Es ist nicht so, dass die Leute keinen Spaß mehr haben wollen. Aber ihr Verhalten hat sich verändert, ihre Prioritäten sind anders. Und die wirtschaftliche Lage macht es auch nicht einfacher.“
Nicht mal das Gratis-Buffet zieht
Der Donnerstag war früher ein sicherer Clubabend. Heute lohnt er sich nicht mehr. „Wir haben es ein Jahr lang probiert, wirklich alles versucht“, erzählt Bensberg. „Aber es war einfach zu wenig los. Und das, obwohl wir sogar ein kostenloses Buffet angeboten haben.“ Es gebe kaum noch Clubs, die unter der Woche öffnen. Aber selbst das reiche nicht, um mehr Gäste zu den verbliebenen Adressen zu ziehen.
„Die Leute gehen nicht mehr so oft weg. Früher sind sie viermal im Monat feiern gegangen, heute vielleicht noch zweimal. Und dann kommen sie nicht mehr alle auf einmal, sondern verteilen sich.“ Somit verliere die Region die Option, auch unter der Woche einmal feiern zu gehen.

Corona hat der Branche massiv zugesetzt. Nach den Lockdowns gab es eine kurze Euphorie, aber sie hielt nicht lange an.
„Viele dachten, nach Corona würden die Clubs boomen. Das hat vielleicht ein halbes Jahr funktioniert. Dann kam die Inflation, die Lebenshaltungskosten stiegen – und plötzlich war das Nachtleben für viele ein Luxusgut“, konstatiert der Geschäftsführer. Gespart wird zuerst an dem, was nicht zwingend notwendig erscheint. Für viele gehört das Feiern genau in diese Sparte.
Dazu komme, dass vor allem die junge Generation schwer zu erreichen sei. „Es liegt nicht am Geld“, stellt Bensberg klar. „Für Festivals geben sie es aus. Aber ein Clubabend? Das haben sie nie gelernt.“
Diese Entwicklung sieht er kritisch: „Die Jugendlichen ersetzen echte Erlebnisse mit digitalen. Sie haben nie gespürt, was ihnen fehlt, weil sie nie richtig in die Clubkultur eingetaucht sind. Ihr soziales Netzwerk ist Instagram, nicht die Tanzfläche.“
Dagegen stehe eine Alternative. Und die heißt Isolation. „Die Leute gewöhnen sich an ihr Zuhause, an Streaming-Dienste, an Online-Unterhaltung. Aber das ersetzt keine echten Erlebnisse. Kein Kennenlernen.“

Besonders hart trifft das die Musikszene. „Früher gab es Musikbewegungen, Szenen, Trends – all das entstand in Clubs. Heute wird Musik nur noch konsumiert, gesteuert von Algorithmen. Es gibt keine wirkliche Musikszene mehr.“
Auch wirtschaftlich hat das Clubsterben massive Folgen. „Wenn die Clubs sterben, stirbt eine ganze Branche. Es geht nicht nur um uns Betreiber – es geht um DJs, Barkeeper, Türsteher, Technikfirmen, Veranstalter. Jede geschlossene Diskothek reißt ein Loch ins lokale Nachtleben und in die Wirtschaft.“
Grundfertigkeiten des Zusammenlebens gingen durch diese ungute Entwicklung verloren, so Bensberg. Heute trägen sich die Leute nur noch online. Und wenn sie sich dann doch mal in echt begegnen, wüssten sie gar nicht mehr, wie man miteinander umgeht. Sie hätten nie gelernt, wie man sich in einer Gruppe bewegt, wie man ein Gespräch beginnt, wie man auf andere Menschen zugeht.
Im Kids Club Clubkultur erleben
Um dem entgegenzuwirken, startet die Diskothek ein Pilotprojekt: Mit dem „Kids Club“ soll Jugendlichen zwischen elf und 15 Jahren tagsüber die Clubkultur nähergebracht werden. „Wir wollen ihnen zeigen, was sie sonst nie erleben würden – das Gefühl, gemeinsam zu feiern, Musik nicht nur zu hören, sondern zu spüren“, erklärt Bensberg. „Vielleicht merken sie dann, dass es mehr gibt als das Digitale.“

Trotz aller Schwierigkeiten gibt es auch Lichtblicke. „Wir probieren alles – Motto-Partys, spezielle Events. Manche Dinge laufen wirklich gut“, erzählt Bensberg. „Balkan- und russische Nächte sind immer gut besucht, Ü30-Partys haben treue Gäste. Aber es ist trotzdem ein harter Kampf.“
Die größte Herausforderung ist, die Menschen wieder an reale Erlebnisse zu gewöhnen. Doch genau das ist der schwierige Teil. „Wir investieren in Erlebnisse, wir tun alles, damit die Leute sich wohlfühlen. Aber wir müssen sie erst mal hierher bringen.“