An der Supermarktkasse, im Bus, zu Hause beim Abendessen ... das Virus ist allgegenwärtig. Peter Hannemann meint damit die aktuellen Variante des Corona-Erregers. Der Pneumologe ist Chefarzt der Espan-Klinik in Bad Dürrheim. „Man kann sich aktuell wirklich überall anstecken“, wird er in einer Pressemitteilung der Klinik zitiert.

Hannemann habe seit Beginn der Pandemie mehr als 3.000 Patientinnen und Patienten behandelt, heißt es in der Mitteilung. Ihm zufolge ist die aktuelle Virusvariante nach inzwischen 40 Mutationen „extrem ansteckend“.

Das neue Virus ist schnell

Im Gegensatz zum ursprünglichen Virus aus Wuhan dringe es viel schneller in die menschlichen Zellen ein – in nur 15 Minuten.

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„Besonders in geschlossenen Räumen ohne ausreichenden Abstand empfiehlt der Experte weiterhin das Tragen von Masken, wobei die FFP2-Masken nachgewiesenermaßen etwas besseren Schutz bieten als OP-Masken, die insgesamt lockerer anliegen und deshalb durchlässiger sind“, teilt die Espan-Klinik mit.

Maske, Impfbuch und Corona-Test: Das Bild vom November 2023 ist jetzt wieder aktuell, denn die neue Coronavariante infiziert gerade ...
Maske, Impfbuch und Corona-Test: Das Bild vom November 2023 ist jetzt wieder aktuell, denn die neue Coronavariante infiziert gerade wieder so manchen Bewohner der Region. Sie ist hochansteckend – aber verbreitet dennoch weniger Schrecken. | Bild: Cornelia Putschbach

Die aktuelle Corona-Variante sei bereits so weit verbreitet, dass man sich praktisch überall anstecken könne, so Hannemann.

Zahlen spiegeln die Gefahr nicht wieder

Er ist sicher: Obwohl die offiziellen Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI) kein genaues Bild mehr lieferten, da keine Meldepflicht mehr bestehe, sei die Ansteckungsgefahr nach wie vor hoch. „Viele erkrankte Menschen wundern sich, wo sie sich angesteckt haben. Dabei ist die Antwort einfach: fast überall.“

Eine Meldepflicht gibt es nicht mehr, aber Corona-Tests sind immer noch sinnvoll.
Eine Meldepflicht gibt es nicht mehr, aber Corona-Tests sind immer noch sinnvoll. | Bild: Jens Kalaene, dpa

Corona werde uns, so Hannemann, auf lange Sicht begleiten – ähnlich wie die Grippe. „Da das Virus durch Impfungen nicht ausgerottet werden konnte, wird es unseren Alltag noch mindestens ein Jahrzehnt beeinflussen.“

Meist harmlose Symptome

Allerdings gebe es auch gute Nachrichten: „Das Virus verursacht nur noch selten schwere Verläufe“, sagt der Pneumologe. „Die Symptome sind meist harmlos, oft nicht mehr als Halsschmerzen oder Fieber.“

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Die Situation auf den Intensivstationen, die in den ersten Jahren der Pandemie wegen unzähliger Fälle von Lungenentzündung überlastet waren, habe sich deutlich entspannt. „Corona hat seinen Schrecken verloren“, beruhigt der Arzt.

Impfung hilft auch, wenn sie nicht hilft

Trotz der milden Verläufe gelte weiterhin die allgemeine Impfempfehlung, besonders für ältere Menschen und Risikopatienten. „Die Impfung schützt zwar nur bedingt vor einer Ansteckung, verhindert aber meist einen schweren Verlauf“, wird der Chefarzt der Espan-Klinik zitiert.

Impfung mit dem Corona-Schutzserum (Symbolbild).
Impfung mit dem Corona-Schutzserum (Symbolbild). | Bild: Markus Scholz, dpa

Allerdings sagt er auch: „Der Schutz fällt nach zwei bis drei Monaten von 90 auf etwa 60 Prozent und nimmt danach weiter ab. Ich kann verstehen, dass einige Menschen skeptisch gegenüber Auffrischimpfungen sind.“

Schlechter Start in den Herbst

Hannemann blickt laut Pressemitteilung mit gemischten Gefühlen auf den kommenden Winter. Während die Infektionen im Sommer normalerweise zurückgingen, sei die Zahl der Erkrankungen 2024 kaum gesunken. „Ich erwarte, dass sich die Situation im Herbst und Winter leicht verschlechtern wird, aber hoffentlich nicht dramatisch.“

Wie geht es Langzeitpatienten?

Und wie sieht der Blick auf jene Patienten aus, die ihre Covid-Erkrankung bislang nie richtig überwinden konnten, sondern immer noch unter zum Teil gravierenden Symptomen leiden?

Die Espan-Klinik in Bad Dürrheim.
Die Espan-Klinik in Bad Dürrheim. | Bild: Hans-Jürgen Götz

Die Espan-Klinik hat sich nach eigenen Angaben auf die Behandlung von Long-Covid-Patienten spezialisiert. Hannemann und sein Team haben demnach ein Fünf-Säulen-Konzept entwickelt. Das soll Patienten helfen, die langwierigen Symptome zu lindern.

Eine wichtige Erkenntnis sei, dass die Therapie Geduld erfordere. Die Genesung dauere oft Monate und stelle Vertrauen sowie Durchhaltevermögen der Betroffenen immer wieder auf eine harte Probe.

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Ungewöhnliche Symptome

Die Beschwerden von Long-Covid-Betroffenen seien vielfältig. Mehr als 200 verschiedene Symptome seien inzwischen bekannt, doch drei Komplexe dominierten: starke Erschöpfung, Atemnot bei Belastung und kognitive Störungen wie Vergesslichkeit.

„Manche Patienten leiden auch unter ungewöhnlichen Symptomen wie Haarausfall oder Geräuschempfindlichkeit“, wird Hannemann zitiert. Er rate allen Menschen, die vermuten, unter Long Covid zu leiden, mit einem Arzt zu sprechen – einem Arzt, der tatsächlich Erfahrung in der Behandlung ebensolcher Patienten und Patientinnen habe.

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