Der Anruf aus dem Pflegeheim war ein Schock: „Ihre Mutter wurde positiv auf das Coronavirus getestet.“ Diese Mitteilung würde momentan wohl jeden aus der Ruhe bringen. Wenn die positiv getestete Person aber 95 Jahre alt ist und damit zur Hochrisikogruppe gehört, wohl ganz besonders. So erging es Familie Silbersdorf aus Villingen, als sie kurz nach Weihnachten einen Anruf aus dem Pflegeheim im Welvert in Villingen bekam.
Seit zwei Jahren im Heim
„Mein erster Gedanke war: Um Gottes Willen, hoffentlich überlebt sie das“, sagt Uwe Silbersdorf. „Gerade sie, die so viel durchgemacht hat, nie gejammert hat und nie krank war, außer, dass sie nun Diabetikerin ist.“ Seit gut zwei Jahren lebt seine Mutter Walli im Pflegeheim der Zieglerschen. Bis zu ihrem Umzug hatte sie sich noch selbst versorgt, gekocht, um den Haushalt gekümmert. Einzig die Augen machen ihr zu schaffen. Mittlerweile kann sie fast nichts mehr sehen und ist auf Unterstützung angewiesen.
„Mir geht‘s gut“, sagt Walli Silbersdorf am Telefon. „Ich hatte keine Probleme.“ Die Seniorin hatte Glück: Sie hatte einen symptomlosen Verlauf. Mittlerweile sei sie noch zwei weitere Male getestet worden. Das Ergebnis war jeweils negativ, die Erleichterung in der Familie groß.
Isolation schmerzt sehr
Was ihr hingegen mehr Kummer macht, ist die Isolation. Ihre Kinder Lothar, Renate, Uwe und Klaus leben zwar alle hier, dürfen sie aber momentan nicht besuchen. Der Kontakt ist eng, die vier Kinder hat sie alleine groß gezogen. „Wir können aber immerhin am Fenster miteinander sprechen“, sagt die 95-Jährige, die 1925 in Neu-Dünnow in Pommern geboren wurde und 1951 als Kriegsvertriebene in Villingen ankam. „Das ist schon schlimm, ich habe sonst immer viel Besuch gehabt.“
Ihre Kinder sind froh, dass Walli Silbersdorf einen symptomlosen Verlauf hatte. Schon über Weihnachten hatten sie die Mutter nicht nach Hause geholt. „Es war eine Empfehlung des Heims, die uns zwar nicht leicht fiel, aber rückblickend genau richtig war“, sagt Uwe Silbersdorf. Womöglich hätte seine Mutter ansonsten unwissentlich die ganze Familie infiziert.
Newsletter für Angehörige
Dass die aktuelle Situation für die Heimbewohner nicht leicht ist, weiß auch Heimleiter Marc Pekari. „Ich bin viel im Haus unterwegs und besuche die Bewohner“, berichtet er. „Für manche ist die Isolation weniger schwer, für andere schlimmer.“ Das aktuell geltende Besuchsverbot sei eine Herausforderung. Dennoch versuche man, den Alltag so normal wie möglich zu gestalten. „Wir haben tolle Maßnahmen entwickelt“, sagt Pekari. „Die Angehörigen bekommen etwa alle zehn Tage einen Newsletter, in dem wir über Aktuelles aus dem Haus informieren und wir haben die soziale Betreuung der Bewohner verstärkt, so dass mehrmals täglich Einzelbetreuung stattfindet.“
Auf Impftermine vorbereitet
Pekari ist froh, dass demnächst mit Impfungen begonnen werden soll. „Wir sind sehr gut vorbereitet. Wir haben die Impfwilligen bereits online registriert und stehen in regem Kontakt mit dem Gesundheitsamt.“ Die Bereitschaft der Belegschaft, sich impfen zu lassen, liege etwa bei 60 Prozent. Es gebe durchaus Vorbehalte, vor allem hinsichtlich etwaiger Nebenwirkungen, so Pekari.
Sowohl in unserem Intranet als auch im persönlichen Gespräch werde das Thema Impfen beworben, sagt Nicola Philipp, Pressesprecherin der Zieglerschen. „Wir nehmen aber auch die Sorgen der Mitarbeitenden ernst.“
Sechs Bewohner verstorben
Derzeit seien im Seniorenzentrum im Welvert fünf Bewohner positiv auf Corona getestet. „Leider haben wir auch den Tod von sechs Bewohnern zu betrauern. Sie fehlen in unserer Gemeinschaft, und wir sind in Gedanken bei ihnen und deren Angehörigen“, sagt Nicola Philipp.