Ohne Termin samstags zum Arzt. Dieser Satz klingt für viele Menschen im Schwarzwald-Baar-Kreis bereits nach Luxus. In Bräunlingen ist er allerdings seit geraumer Zeit Realität. Dort hat ein Schwenninger Arzt eine Zweigpraxis eröffnet.
Mike Lübke, der die Idee und die Eckdaten für das Projekt zur Verbesserung der ärztlichen Versorgung im Umland entwickelt hatte, fand in der Wirtschaftsförderung Schwarzwald-Baar-Heuberg und mit deren Geschäftsführerin Henriette Stanley eine Ansprechpartnerin, mit der die Umsetzung erfolgreich wurde.
Für sie als Wirtschaftsförderin sei dieses Thema enorm wichtig, „da es ein bedeutender Faktor für die Attraktivität unserer Region ist“, sagt Henriette Stanley. Man habe einige Kommunen im Umland als mögliche Partner identifiziert und sei mit der Gemeinde Bräunlingen zügig zu einer Zusammenarbeit gekommen.
„Natürlich mussten zu Beginn des Projektes einige bürokratischen Hürden überwunden werden“, so Stanley weiter. Beispielsweise musste bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) ein vorgeschriebenes Genehmigungsverfahren durchlaufen werden, das etwas längere Zeit in Anspruch nahm. Auch EDV-Themen, wie die digitale Anbindung der Zweigpraxis an den Server in der Hauptpraxis in Schwenningen, mussten gelöst werden.
Zahlreiche Anstrengungen im Kreis
„Es gibt in jedem Fall zahlreiche Anstrengungen, die ärztliche Versorgung – sowohl in der Niederlassung, als auch im Klinikbereich – zu stärken. Dabei gleicht aber kein Projekt dem anderen, dann wäre es entschieden einfacher. Aber man muss beim Thema ärztliche Versorgung flexibel sein, wie das Projekt mit Bräunlingen jetzt zeigt, und einen langen Atem haben“, stellt Stanley dazu fest.
Heike Frank, Pressesprecherin des Landratsamtes, weist darauf hin, dass das Landratsamt zur ärztlichen Versorgung im intensiven Austausch mit Verbänden, den Kommunen, wie zum Beispiel der Stadt Villingen-Schwenningen oder der Stadt Furtwangen oder zum Teil auch mit Ärzten sei.
Eine Idee ist ein Versorgungszentrum
Gegenstand solcher Gespräche sei beispielsweise, wie es gelingen könne, ein medizinisches Versorgungszentrum auf den Weg zu bringen.
„Und das, obwohl eigentlich die Kassenärztliche Vereinigung für den Sicherstellungsauftrag im niedergelassenen ärztlichen Bereich als Selbstverwaltungskörperschaft zuständig ist“, so Frank weiter. Das besondere Problem, nämlich, dass es im Kreis zu wenige Ärztinnen und Ärzte gibt, müsse ebenfalls gelöst werden.
Weiterbildungsangebot an junge Ärzte
Um diesbezüglich die Situation zumindest etwas zu verbessern, habe der Landkreis im Herbst 2023 den Weiterbildungsverbund Allgemeinmedizin mit dem Schwarzwald-Baar Klinikum, der Bezirksärztekammer Südbaden und einer großen Zahl an engagierten Ärzten aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis initiiert.
„Eine Aufgabe des Weiterbildungsverbundes ist vor allem die Gewinnung und auch langfristige Bindung von jungem Arztpersonal für die Region, wie der Website des Weiterbildungsverbundes zu entnehmen ist, die sich auch direkt an Studierende wendet“, sagt Frank.
Angespannte Lage in Donaueschingen
Beatrix Grüninger, Leiterin der Pressestelle im Rathaus Donaueschingen, stellt fest: „Wie im gesamten Schwarzwald-Baar-Kreis besteht leider auch in Donaueschingen im Bereich der Hausärzte und bei bestimmten Fachärzten eine angespannte Versorgungslage. Mit Blick auf die Altersstruktur der Ärzteschaft droht sich die Situation noch zu verschärfen.“
Der Stadt Donaueschingen sei die kritische Situation um die Sicherstellung der hausärztlichen und fachärztlichen Versorgung bewusst und um Verbesserung zu erreichen, stehe die Stadt mit verschiedenen Institutionen wie der KV und der Donaueschinger Ärzteschaft in Kontakt.
„Dabei werden gemeinsam mögliche Wege, Konzepte und Fördermöglichkeiten eruiert, wie man einem drohenden Ärztemangel in der Stadt aktiv gegensteuern kann. Denn eine gut aufgestellte Gesundheitsbranche und eine gute Ärzteversorgung sind für die Stadt Donaueschingen von großer Bedeutung“, so Grüninger weiter.
Hüfingen sucht innovative Ansätze
Erich Lafera, Hauptamtsleiter von Hüfingen, antwortet zum Thema: „Aktuell gibt es in Hüfingen keine konkreten Pläne für ein Modellprojekt wie die Zweigpraxis in Bräunlingen. Allerdings sind wir offen für innovative Ansätze, um die medizinische Versorgung zu verbessern und neue Modelle zu entwickeln.“
Dass die Idee des Projektes weiter Früchte trägt, das sei schon so ausgelegt gewesen, sagt Mike Lübke: „Ein Grundgedanke des Projekts ist es tatsächlich, ein Konzept zu schaffen, das leicht auch auf andere Raumschaften mit entsprechendem Bedarf anwendbar ist.“
Für eventuelle diesbezügliche Vorhaben in der Zukunft werden der Standort Bräunlingen und die Zusammenarbeit mit Kommune, Bürgern aber auch mit den lokalen Dienstleistern aus dem Bereich Gesundheit wichtige Erkenntnisse liefern, so Lübke weiter.
Was sagt die Kassenärztliche Vereinigung?
Die KV begrüßt die Initiative einer Zweigpraxis und fördere diese auch in anderen Gemeinden: „Zweigpraxen sind eine Möglichkeit, eine wohnortnahe Versorgung wieder herzustellen oder zu verbessern“, wie Gabriele Kiunke-Schwarz von der KV-Pressestelle sagt. Zudem fördere die KV auf verschiedenen Ebenen die Niederlassung von Ärzten.

Gerade habe die Vertreterversammlung der KV Baden-Württemberg eine neue Richtlinie „Ziel und Zukunft“ (ZuZ) verabschiedet, die den Nachwuchs schon während des Medizinstudiums für die ambulante Versorgung begeistern wolle. Aktuell sei der gesamte Mittelbereich Donaueschingen, also auch die Gemeinde Bräunlingen, Akut 1-Fördergebiet im Rahmen dieser ZuZ-Richtlinie.
„Dass die Wirtschaftsförderung und die Gemeinde aktiv unterstützen, um die Eröffnung einer Arztpraxis zu erreichen, kommt immer wieder vor. Die Unterstützungsmaßnahmen können vielfältig sein, zum Beispiel, in dem eine Gemeinde Praxisräume zur Verfügung stellt oder selbst ein kommunales Versorgungszentrum einrichtet. Welches Modell sich eignet, lässt sich nur vor Ort mit allen Beteiligten klären“ erläutert Kiunke-Schwarz.