Sie haben aufgestockt bei den Stadtwerken Villingen-Schwenningen. In der Pforzheimer Straße arbeiten nun doppelt so viele Mitarbeiter im Kundenservice als noch vor ein paar Wochen. „Dass wir wirklich jeden auch beraten können“, sagt Gregor Gülpen, Geschäftsführer der Stadtwerke.
Vergangene Woche haben sie die ersten Briefe verschickt. In denen erfahren die Kunden, dass sie künftig 5,77 Cent pro Kilowattstunde mehr bezahlen müssen.
Von 4000 angeschriebenen Kunden haben 300 angerufen – innerhalb einer Woche. Manche brüllen, manche sind verzweifelt. Die meisten, sagt Gülpen, wollen aber einfach nur verstehen, warum.
„Die Marktlage ist völlig aus den Fugen geraten. Das gab es so noch nie.“Gregor Gülpen, Geschäftsführer Stadtwerke VS
Darum steigt der Gaspreis bei den Stadtwerken
Gregor Gülpen benutzt gerne einen Einkaufswagen, um verständlich zu machen, wie verrückt es gerade auf dem Energiemarkt zugeht.
Bis Dezember konnten der Einkaufswagen also für 20 Euro gefüllt werden. Im Dezember dann brauchte es für die gleiche Menge im Einkaufswagen plötzlich 180 Euro. Die Preise haben sich verneunfacht. „Das gab es so noch nie“, sagt Gülpen. Im Januar sind die Preise wieder leicht gesunken. Aktuell liegen sie beim Siebenfachen.
Ein paar Monate können die steigenden Preise überbrückt werden, auf Kosten des eigenen Unternehmensergebnisses. „Das geht auf Dauer nicht mehr.“ Darum werden die Preise zum 1. März steigen. Um 5,77 Cent pro Kilowattstunde.
Für einen normalen Haushalt (drei bis vier Personen) mit einem durchschnittlichen Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden heißt das 1.155 Euro mehr im Jahr. 100 Euro mehr pro Monat. Gülpen weiß, wie sich das anhört. Er sagt: „Wir sind nur die Überbringer der Nachricht.“ Die Ursachen, darauf will er hinaus, liegen woanders.
Was die Preistreiber aktuell beim Gas sind
Für Gregor Gülpen gibt es aktuell drei Punkte, an denen sich die Preisentwicklung orientiert.
1: In den vergangenen Wochen und Monaten haben bundesweit 40 Energieanbieter ob der steigenden Preise Konkurs angemeldet. Bestehende Energieversorger müssen nun auch diese Kunden mit Energie eindecken. Die Nachfrage steigt also.
2: Die internationale Verwerfungen über den Bau der Gaspipeline Nord Stream 2.
3: Die insgesamt gestiegene Nachfrage nach Energie weltweit, allen voran China.
Wie wird sich der Preis weiter entwickeln?
Dass die Preise langfristig wieder sinken, davon geht Gülpen aus. Dass sie wieder auf das Niveau von vor ein paar Monaten kommen, dass wiederum glaubt er nicht.
Er hofft darauf, dass sich die internationale Politik beruhigt, dass die Gaspipeline angeschlossen wird. „Wir sind guter Dinge“, sagt Gülpen. Wissen kann er es aber nicht. Versprechen kann er bislang nur eines: „Wenn die Preise wieder runtergehen, werden wir so schnell wie möglich wieder senken.“
Warum müssen Neukunden mehr bezahlen?
500 Kunden haben die Stadtwerke in den vergangenen Wochen dazugewonnen. Weil Gasanbieter wie gas.de aufgrund steigender Preise ihre Versorgung im Dezember eingestellt hatten, rutschten die Kunden automatisch in die jeweilige Grundversorgung. In VS also die Stadtwerke Villingen-Schwenningen.
Zum insgesamt höheren Preis müssen diese Neukunden nun zusätzlich 800 Euro mehr bezahlen als Bestandskunden. Ist das fair? „Ja“, sagt Gregor Gülpen.
Für den Bestandskunden konnte das Energieunternehmen die vergangenen Monate einkaufen, als es noch günstiger war. Für neue Kunden werde jetzt ausschließlich zu den teuren Preisen eingekauft. Das führte zu der Frage: Erheben wir für alle oder erheben wir singulär? „Wir haben uns für singulär entschieden“, sagt Gülpen. „Wir können nicht unsere Bestandskunden bestrafen.“ 13.000 Gaskunden haben sie insgesamt.
„Wir freuen uns über jeden neuen Kunden. Aber wir hoffen, dass die Kunden realisieren, dass sie von ihrem alten Anbieter im Regen stehen gelassen wurden.“Gregor Gülpen, Stadtwerke-Chef
Aktuell nehmen die Stadtwerke – so wie alle anderen kommunalen Grundversorger auch – nur noch Kunden aus dem Einzugsgebiet auf, aus dem sie müssen. In dem Fall also nur aus Villingen-Schwenningen.
Darum ist der Pellet-Preis explodiert
Über viele Jahre lang war der Pelletpreis nahezu konstant, lag im Jahresdurchschnitt immer bei rund 240 Euro pro Tonne. Zuletzt ging der Preis trotz steigender Nachfrage sogar leicht zurück. Angaben des Deutschen Pelletinstitutes zufolge betrug der Preisvorteil von Pellets viele Jahre lang knapp 30 Prozent gegenüber Heizöl und knapp 25 Prozent gegenüber Erdgas.

Wer in den vergangenen Wochen sein Pelletlager auffüllen musste, wurde jedoch von einem horrenden Kostenanstieg überrascht. „Aktuell kostet eine Tonne zwischen 380 und 400 Euro“, erzählt Siegfried Huber, Geschäftsführer der best:Pellets Handelsgemeinschaft mit Sitz in Donaueschingen. Das ist ein Anstieg um weit über 100 Euro in wenigen Monaten.
Als Grund nennt Huber die Restholzknappheit als Folge des allgemeinen Engpasses auf dem Holzmarkt im Jahr 2021. Parallel dazu seien Produktionskapazitäten in zwei Werken ausgefallen. „Wir haben im Herbst zusätzliche Lagerflächen angemietet, um die Versorgungssicherheit für unsere Kunden zu erhöhen“, blickt Huber zurück.
Entspannung in Sicht
Aufgrund dieser Erhöhung und bereits in der Entstehung befindlicher, neuer Produktionsanlagen in mehreren Bundesländern, erwartet Huber, dass sich die Situation in den kommenden Monaten wieder entspannen solltet. Preise auf derart niedrigem Niveau, wie vor dem Anstieg, wird es seiner Einschätzung nach aber nicht mehr geben.

Eine exakte Prognose mit „Blick in die Glaskugel“ kann aber auch er nicht liefern. Unvorhersehbare Ereignisse könnten den Preis kurzfristig beeinflussen, etwa wenn viel Käferholz auf den Markt komme.
Das Rät der Energieexperte: So lässt sich beim Heizen sparen
Jonas Pischner ist Energieberater mit Bürositz in Villingen-Schwenningen. Aktuell laufen auch bei ihm die Telefone heiß. „Man merkt es schon, dass sich mehr melden“, sagt er. Und er kennt sie alle. Die Hauptfehler, die die Menschen beim Heizen machen – und die Tipps und Tricks, wie man durchschnittlich 20 Prozent des Verbrauchs und damit der Kosten einsparen kann.
1. Richtig lüften – eine Fensterbank ist nicht zum dekorieren da
Stoßlüften (für fünf bis zehn Minuten) immer mit dem Fenster über einem Heizkörper. Da warme Luft mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann. Und über kreuz lüften. Also ein gegenüberliegendes Fenster ebenfalls öffnen. Das sorgt dafür, dass die Luft schneller ausgetauscht werden kann. Kipplüften hingegen sorgt lediglich dafür, dass alles auskühlt und verursacht am Ende mehr Kosten.
2. Heizung richtig einstellen – auf fünf drehen ist der größte Fehler
Eine Raumtemperatur von 20 Grad gilt als optimal. Zwei Grad mehr bedeuten zwölf Prozent mehr Verbrauch. Wer ein Thermostat am Heizkörper anbringt, hat es leichter, die Temperatur einzustellen. Wer ohne arbeitet soll die Heizung einfach auf „3“ aufdrehen. Der Heizkörper heizt dann bis 20 Grad auf und hört dann auf. Wer einen Raum schnell aufheizen will tendiert schnell dazu, die Heizung auf „5“ zu stellen. Davon rät Pischner jedoch ab. „Volle Kanne ist auf drei“, sagt er. „Bei fünf wird unendlich weiter geheizt.“
Nachts ist eine Temperatur zwischen 17 und 18 Grad optimal. Dann besteht auch keine Schimmel-Gefahr.
3. Heizungsanlage selber warten – hier gibt es die größten Einsparpotenziale
Prüfen, ob eventuell eine neue effizientere Heizkreispumpe nötig sein kann. Wer seine 70-Watt-Pumpe durch eine 40-Watt-Pumpe ersetzt, kann einiges im Jahr sparen. Rund 200 Euro kostet eine neue Pumpe. 25 Prozent der Kosten können durch den Staat gefördert werden.
Die Dämmung der Heizungsrohre überprüfen. „Wenn man an die Rohre fasst und sie nicht anfassen kann, dann gehören sie gedämmt“, sagt Pischner. Entsprechendes Dämmmaterial gibt es im Baumarkt. Insgesamt lassen sich so rund 80 Prozent bei der Verteilung der Wärme im Haus einsparen.