Und plötzlich krabbelt da etwas an der Wand, auf dem Boden, am Fenster. Sie sehen aus wie Kakerlaken und haben sicher schon vielen Menschen in der Region einen Schrecken eingejagt, was nun auch eine SÜDKURIER-Umfrage im Sozialen Netzwerk Facebook ergeben hat.
„Ja, gestern erst gesehen“, schreibt eine Nutzerin dort. Andere bestätigen Begegnungen in Villingen-Schwenningen, Donaueschingen, Bad Dürrheim und Trossingen. Die einen bis eineinhalb Zentimeter langen Krabbler – die Fühler sind noch einmal so lang – werden auf Balkonen gesichtet, in Wohnungen, in Küchen und in Badezimmern. Ein Nutzer trifft sie eigenen Angaben zufolge bereits seit zehn Jahren im eigenen Garten. „Verstecken sich am liebsten in Pavillonseitenteilen“, schreibt er.
Immer mehr Sichtungen
Die Mehrheit der Kommentatoren hat jedoch erstmals in den vergangene drei bis vier Jahren Bekanntschaft mit den Bernstein Waldschaben gemacht. Dies deckt sich mit dem Eindruck der Redaktion. Denn: Bis dahin war uns diese Gattung in der heimischen Fauna nie aufgefallen, geschweige denn wurden solche Exemplare in Wohnungen gesichtet. Das hat sich nun geändert. Mittlerweile ist es eher unwahrscheinlich, kein Exemplar dieser Art bei einem Gartenspaziergang zu sichten.
Viele Menschen ekeln sich vor diesen Waldschaben, die auch flugfähig sind. Es ist ihnen kaum zu verdenken, denn auf den ersten Blick sehen sie den Kakerlaken, wie die Deutsche Schabe (Blattella germanica) häufig bezeichnet wird, zum Verwechseln ähnlich. Diese Art erkennt man an zwei dunklen, seitlichen Streifen am Halsschild. Und diesen weltweit verbreiteten Schädling möchte nun wirklich niemand in der Wohnung haben.
Völlig harmlos
Daher gleich die gute Nachricht: Bernstein Waldschaben gelten nicht als Schädlinge und auch nicht als invasive Einwanderer, die die heimische Natur aus dem Gleichgewicht bringen. In einer Liste der zur Ausbreitung invasiver und gebietsfremder Arten der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg taucht die Bernstein Waldschabe nicht auf.
Diese neuen Gartenbewohner ernähren sich von verrottenden Substanzen im Freien. Ganz anders die Deutsche Schabe. Sie ist Allesfresser und kann Lebensmittel verunreinigen und so Krankheitskeime verbreiten. Das gilt gleichermaßen für die Orientalische Schabe (Blatta orientalis), die deutlich größer und dunkelbraun bis braunschwarz gefärbt ist, sowie für die Amerikanische Schabe (Periplaneta americana), die über vier Zentimeter lang werden kann und eine charakteristische rot-gelbe Binde am Hinterrand ihres Halsschildes trägt.
Eine heimische Art
Dann gibt es da noch die Echte Waldschabe (Ectobius sylvestris), eine hier heimische Waldschaben Art, die ebenfalls harmlos ist. Sie lässt sich an einem schwarzen Halsschild erkennen, der von einer hellen Linie umrandet ist. Die Bernstein Waldschabe hingegen besitzt einen nahezu gleichmäßig gefärbten bernsteinfarbenen Halsschild. Die beiden Insektenarten sind auch tagsüber aktiv, anders als ihre als Schädlinge eingestuften Verwandten.
Ihr Weg zu uns
Die Bernstein Waldschaben stammen ursprünglich aus der Mittelmeerregion. Schon vor vielen Jahren schaffte die Art den Sprung über die Alpen und breitete sich erst in der Nordschweiz aus, ehe sie 2002 erstmals in Deutschland in Baden-Württemberg nachgewiesen wurden.
Mittlerweile fühlt sie sich in zahlreichen Bundesländern wohl. Hier in der Region haben milde Winter offenbar dafür gesorgt, dass die Population zuletzt spürbar anwachsen konnte und dadurch für Menschen immer sichtbarer wurde, auch in Wohnungen.
Warum sie in Häuser kommen
Denn dorthin verschlägt es immer wieder einzelne Exemplare. Die Schaben werden von Licht und Wärme angezogen. Bei offenen Fenstern und Türen verlaufen sie sich daher gerne in Wohnbereiche. Allerdings ist dieser Weg für die Schaben eigentlich ziemlich unvorteilhaft. Sie finden dort keine Nahrung und verenden bereits nach wenigen Tagen. Wer Fenster geschlossen hält, oder ein Fliegengitter nutzt, kann unerwünschte Besuche zumindest reduzieren.