Hilfe gesucht, montags geschlossen und Tisch nur bei Reservierung. Der Fachkräftemangel ist längst nicht mehr nur in aller Mund, sondern er trifft uns mittlerweile spürbar im Alltag. Immer mehr Geschäfte suchen verzweifelt nach Arbeitskräften, müssen ihre Geschäftszeiten einschränken oder gar ganz schließen.

Alleine in der Gastronomie gingen im Schwarzwald-Baar-Kreis zwischen 2009 und 2021 laut Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) etwa ein Drittel der Betriebe verloren. Politik und Wirtschaft rätseln, wie diesem Trend entgegengewirkt werden kann. Landrat Sven Hinterseh fordert gesetzliche Änderungen.

Es fehlen die Menschen

Hauptproblem sei es laut Hinterseh, dass nicht nur Fachkräfte fehlen, sondern Menschen allgemein. „Es ist nicht nur ein Fachkräftemangel, sondern ein Mangel an Arbeitskräften.“

Im Hotel zum Rössle in Fürstenberg ist das Restaurant seit einiger Zeit dicht – wegen Personalmangel, wie es auf der Webseite des ...
Im Hotel zum Rössle in Fürstenberg ist das Restaurant seit einiger Zeit dicht – wegen Personalmangel, wie es auf der Webseite des Hotels heißt. „Liebe Gäste, das Restaurant im Hotel zum Rössle ist aktuell wegen Personalmangel geschlossen.“ | Bild: Daniel Vedder

Laut statistischem Landesamt sah der Jahrgang 2005, der dieses Jahr volljährig wird, nur etwa 94.000 Neugeburten. In den acht Folgejahren lag der Wert sogar noch niedriger. Die letzten Jahrgänge der Baby-Boomer-Generation zwischen 1960 und 1964, die bald das Rentenalter erreichen, lagen nie unter 145.353 Neugeburten.

„Viel mehr Leute in die Arbeitswelt bringen“

Einen Weg, auf dem der Arbeitskräftemangel bekämpft werden könne, sei durch die gestiegenen Flüchtlingszahlen. „Ich finde es beschämend zu sehen, dass Gasthäuser im Kreis wegen fehlender Hilfe schließen müssen, während wir auf der anderen Seite solche Zahlen haben“, so der Landrat. „Wir müssten versuchen, diese Menschen mehr und schneller in die Arbeitswelt zu integrieren.“

„Wir müssen viel mehr Leute in die Arbeitswelt bringen“, sagt Landrat Sven Hinterseh mit Blick auf die gestiegenen ...
„Wir müssen viel mehr Leute in die Arbeitswelt bringen“, sagt Landrat Sven Hinterseh mit Blick auf die gestiegenen Flüchtlingszahlen und den Arbeitskräftemangel im Kreis. | Bild: Simon, Guy

Dafür fordert er Gesetzesänderungen vom Bund. Die rechtliche Lage sei zu komplex. Manche Schutzsuchenden dürfen aufgrund ihres Duldungsstatus nicht arbeiten. Das müsse erleichtert und vorangetrieben werden – auch im Sinne der Integration. „Arbeit ist zentral für die Integration.“

Problemfaktor Wohnraum

Erschwerend hinzu kommt die Knappheit an bezahlbarem Wohnraum in kleineren Gemeinden und Städten. Wer im Kreis arbeiten soll, muss sich das Leben hier auch leisten können.

Dahingehend verweist Hinterseh auf das Ziel der Ampelkoalition, mehrere hunderttausend Wohnungen im Jahr bauen zu wollen. Ein Vorhaben, das ins Stocken geraten ist. „Das kann ein Landrat alleine nicht ändern.“ Er wünscht sich daher konsequentere Unterstützung von Land und Bund. Sanierungen müssten veranlagt und Neubauten ermöglicht werden.

Auch Landratsamt betroffen

Von Personalmangel bleibt indes auch das Landratsamt nicht verschont. Etwa 60 Stellen waren zuletzt unbesetzt. „Wir sind handlungsfähig, aber nicht so, wie wir das wollen.“ Punktuell führe ein solcher Mangel in manchen Bereichen verstärkt zu Problemen.

Zuletzt kam es vor allem bei der Ausländer- und Einbürgerungsbehörde zu Antragsstaus und langen Wartezeiten bei Betroffenen. Hinterseh wirbt um Verständnis ob der Lage und betont, dass der Kreis aktiv nach Leuten suche und plant, Stellen aufzubauen.

Kampf um die Arbeitskräfte

Dabei muss sich der Kreis allerdings laut dem Landrat, wie alle Arbeitgeber, auf eine ganz neue Dynamik einstellen. „Jetzt bewerbe ich mich als Arbeitgeber bei den Menschen.“ Vorteile, Flexibilität, Rücksicht auf Work-Life-Balance – vor allem beim Buhlen um junge Menschen müssen alle Arbeitgeber mit der Zeit gehen, um nicht im Wettbewerb unterzugehen.