Schwarzwald-Baar Die Feintechnikschule mit Technischem Gymnasium in VS-Schwenningen feierte ihr 125-jähriges Bestehen. In Grußworten und Festrede wurde die Bedeutung der Schule für die Entwicklung der regionalen Wirtschaft damals wie heute betont.
„Gut ausgebildete Fachkräfte sind wichtiger denn je, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern“, sagte Schulleiter Thomas Ettwein in seiner Begrüßung der 150 Festgäste, darunter Kultusministerin Theresa Schopper und Landrat Sven Hinterseh, VS-OB Jürgen Roth und die IHK- und Handwerkskammerpräsidenten Birgit Hakenjos und Werner Rottler. Jede Generation in den vergangenen 125 Jahren habe die Schule und den Zeitgeist mitgeprägt. Ettwein selbst leitet diese Geschicke seit 2013 als Schulleiter und war einst selbst Absolvent.
Kaderschmiede im Kreis
„Wenn man hier etwas werden will, muss man an dieser Schule gewesen sein“, erkannte Kultusministerin Theresa Schopper neidlos angesichts der Lebensläufe zahlreicher Gäste, die heute in Spitzenpositionen unterwegs sind. Darunter auch Martina Merz, ehemalige Vorstandsvorsitzende von Thyssen-Krupp und heute Aufsichts- und Stiftungsrätin, die die Festrede hielt. Es sage auch etwas aus, wenn man, wie Thomas Ettwein als ehemaliger Absolvent, später wieder an diese Schule zurückkehrt und sein Wissen weitergibt.
Die Feintechnikschule sei in den 125 Jahren ihres Bestehens nie auf dem Stand geblieben, sondern habe sich lebendig und innovativ weiterentwickelt. Dabei habe sich die Schule in ihrem Kern jedoch nie verändert, um „junge Menschen auf Zukunft und Beruf vorzubereiten.“ Nur die Rahmenbedingungen hätten sich verändert. „Schüler bedienen heute nicht nur Maschinen, sie entwickeln Lösungen“, fasste die Ministerin zusammen. An der Feintechnikschule finde Bildung in ganzer Bandbreite statt.
Landrat Sven Hinterseh blickte in der Historie der Schule zurück. Immer wieder habe die Feintechnikschule auch Krisenzeiten zu bewältigen gehabt: den Neustart nach den beiden Weltkriegen, den Niedergang der Schwenninger Uhrenindustrie, der auch fast den Untergang der Schule bedeutete. Doch immer habe sich die Schule neu erfunden und weiterentwickelt und sei gestärkt aus Krisenzeiten hervorgegangen.
In ihrer Festrede hob Martina Merz, die einst im selben Jahrgang wie Schulleiter Thomas Ettwein an der Feintechnikschule war, Anfang der 1980er Jahre ihr Abitur dort abgelegt hat und 2021 in der Forbes-Liste zu den Top 100 erfolgreichsten Frauen in der Wirtschaft gelistet ist, auf Strukturveränderungen in diesem Zeitraum ab. Firmen wie der Plattenspielerhersteller Dual oder der Uhrenhersteller Junghans sind verschwunden, im Schwarzwald herrschte Anfang der 80er Jahre trübe Stimmung. „Was aber immer geblieben ist, war die Begeisterung für den technischen Fortschritt“, so Merz. Gehörten früher die Diskette und ersten Computer zu den Innovationen, die heute belächelt werden, ist es heute die Künstliche Intelligenz (KI). Den Bogen in die heutige Zeit spannend, bedauerte die Rednerin, dass es an technischem Nachwuchs fehle. Insbesondere für Frauen sei die technische Berufswelt eine große Chance auf dem Arbeitsmarkt. „Wir brauchen jetzt mehr Brain als Bizeps“, ermutigte sie Frauen, sich für die Vielfalt an technischen Berufen zu interessieren.
Schulleiter Thomas Ettwein ergriff die Chance, seine ehemalige Mitschülerin und heutige Wirtschaftsexpertin Martina Merz um eine Einschätzung zur weltpolitischen Lage zu bitten. „Da es uns nicht gelingen wird, Trump zu ändern, müssen wir uns überlegen, wie wir damit umgehen“, sagte die Maschinenbauingenieurin. Die Zollpolitik des amerikanischen Präsidenten sei für die europäische Wirtschaft extrem schwierig. Man müsse, europäisch betrachtet, die vereinte Power nutzen, und Spitzenleistungen kombinieren, um die Herausforderungen als Chance zu sehen. „Das ist ein Weckruf für Europa“, sagte sie.
„Anderes Verhältnis zur Arbeit“
Für die Automobilindustrie sieht Merz ähnliche Herausforderungen. „Der Anspruch auf individuelle Mobilität wird sich nicht ändern. Aber jetzt haben wir eine andere Plattform“, wie sie den Umstieg vom Verbrenner- auf Elektroantrieb bezeichnete. China habe während der Coronazeit in Sachen Automobilität stark aufgeholt: „Wir brauchen andere Kompetenzen und müssen uns voll reinhängen.“ Dazu brauche es ihrer Ansicht nach vom beruflichen Nachwuchs aber auch „ein anderes Verhältnis zur Arbeit.“