Juni 2022, ein schöner Sommerabend. Die Donaueschinger Feuerwehrmänner Markus Jauch und Christian Wollenberg sind einmal mehr auf einer Bewegungsfahrt mit der Magirus-Motorspritze KS12, dem ersten Donaueschinger Feuerwehrauto, Baujahr 1924.

Das Malheur passiert vor der Stadtkirche

Jahrelang haben sie an dem Oldtimer geschraubt, um ihn wieder fahrbereit zu machen. Jetzt freuen sie sich auf eine große Feier zum 100. Geburtstag des Fahrzeugs 2024.

Sie fahren den leichten Anstieg an der Stadtkirche hinauf, als es in Höhe der Einfahrt zur Tiefgarage passiert: Ein unangenehmes krachendes Geräusch verhieß nichts Gutes. Wenige Meter später endete die Fahrt. Nichts geht mehr, der Oldtimer muss ins Gerätehaus abgeschleppt werden.

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Als der Oldtimer noch fahren konnte Video: Feuerwehr Donaueschingen

Nach dem anfänglichen Schreck konnten die beiden Schrauber die Ursache des Schadens lokalisieren. Die Hinterachse wurde ausgebaut und zusammen mit Markus Jauchs Sohn Dennis begutachtet. Zum Glück gab es im Gerätehaus noch diverse Ersatzteile. Damit hoffte man, den Schaden schnell beheben zu können. Doch es sollte anders kommen.

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Zunächst ging es zu Feuerwehrkamerad Philipp Käfer in die Werkstatt, um die defekten Teile auszupressen. Was noch in Ordnung war, wurde im Ultraschallbad gereinigt.

Dann kam das böse Erwachen. Teile wie Sonnenrad, Triebling und Welle konnten zwar aus dem Ersatzteilfundus ersetzt werden, aber die alten Lager konnten nicht mehr aufgetrieben werden, sodass ein konstruktiver Umbau notwendig war.

Am Triebling fehlt ein Zahn.
Am Triebling fehlt ein Zahn. | Bild: Markus Jauch / Feuerwehr Donaueschingen Donaueschingen

Da war guter Rat teuer. Es wurden verschiedene Angebote eingeholt, die nicht finanzierbar waren. Ohne Sponsoren gehe da gar nichts, meint Wollenberg. Die würden gesucht, „egal ob privat oder Firma“.

Dank Ludwig Utz (Kommandant von 1972 bis 1981) sind noch jede Mange Ersatzteile vorhanden.
Dank Ludwig Utz (Kommandant von 1972 bis 1981) sind noch jede Mange Ersatzteile vorhanden. | Bild: Lutz Rademacher

Lobende Worte fand er für den ehemaligen Kommandanten Ludwig Utz, der diverse Ersatzteile für die Hinterachse des Magirus auf Lager gelegt hatte. „Ohne ihn hätten wir Kosten ohne Ende. Ich will nicht wissen, was eine Einzelproduktion eines solchen Zahnrads kostet“, so Wollenberg

Dennis Jauch begutachtet den Schaden. Passen die Teile, die noch an Lager sind ?
Dennis Jauch begutachtet den Schaden. Passen die Teile, die noch an Lager sind ? | Bild: Markus Jauch / Feuerwehr Donaueschingen Donaueschingen

Inzwischen lag die Vermutung nahe, dass es in dieser Epoche schon einmal zu einem Schaden an der Achse gekommen ist, bei dem die alten Lager wieder eingesetzt wurden, weil gleiche neue Lager schon damals nicht mehr erhältlich waren. Und dass dadurch mit der Zeit ein Folgeschaden entstanden ist.

Spezialisten mit ins Projekt genommen

Eine ähnliche Vermutung hat auch Stephan Rath aus Engen, der schließlich mit ins Boot genommen wurde. Rath ist selbst Feuerwehrmann und betreibt in zweiter Generation in Mühlhausen-Ehingen eine Firma, die auf die Instandsetzung alter Motoren spezialisiert ist. Mit der Zeit wurden dann auch ganze Fahrzeuge repariert.

Feuerwehrmann und Oldtimer-Schrauber Stefan Rath mit dem „Geburtstagskind“, der 100 Jahre alten Magirus Motorspritze der Engener Feuerwehr.
Feuerwehrmann und Oldtimer-Schrauber Stefan Rath mit dem „Geburtstagskind“, der 100 Jahre alten Magirus Motorspritze der Engener Feuerwehr. | Bild: Kerle, Helene

Stefan Rath hat Fahrzeugtechnik studiert und bei Daimler-Benz und Bosch gearbeitet, bevor er den väterlichen Betrieb übernommen hat. Heute ist er ein landesweit gefragter Spezialist, erst recht, wenn andere nicht mehr weiter wissen.

„Wenn so ein Fall kommt, wie bei den Donaueschingern, dann versucht man natürlich zu helfen“, sagt Rath.

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Die Herausforderung beim Donaueschinger Fahrzeug ist die Rekonstruktion des Hinterachs-Differenzials, das dafür sorgt, dass sich das innere Rad bei Kurvenfahrten langsamer dreht als das äußere. Beim jetzigen Schaden wurde auch die Aufnahme der Lager beschädigt. Selbst wenn es die Lager noch gäbe, könnten sie so nicht eingebaut werden.

Alte Lager werden durch neue ersetzt

Deshalb beschloss man, die Aufnahme so zu verändern, dass aktuelle Lager eingebaut werden können. Rath gab seiner Haus-Dreherei die Teile in Auftrag.

Zu diesem Zeitpunkt wäre eine Fertigstellung des Oldtimers zum Jubiläum 2024 noch möglich geworden. Doch der Besitzer der Dreherei erkrankte schwer und musste die Firma schließlich aufgeben. Mittlerweile wurde ein neuer Partner gefunden und die Teile sind fertiggestellt. Jetzt gilt es, das Wellenspiel und das Tragbild, die Bezeichnung für die Kraftübertragung der Flanken von Zahnrädern, einzustellen.

Seit Mitte 2022 steht das Fahrzeug aufgebockt in der Garage der Feuerwehr und wartet auf die Ersatzteile. So hatte man sich den 100 ...
Seit Mitte 2022 steht das Fahrzeug aufgebockt in der Garage der Feuerwehr und wartet auf die Ersatzteile. So hatte man sich den 100 Geburtstag nicht vorgestellt. | Bild: Lutz Rademacher

Und wie sind die Aussichten, dass das Fahrzeug 2025 im Jahr 100+1 wieder läuft und dass dann endlich Geburtstag gefeiert werden kann? „Die Aussichten sind sehr positiv. Ich hoffe, dass ich die Teile in der Zeit zwischen Weihnachten und Dreikönig, wenn meine Firma zu ist, fertigstellen kann“.

Für Stefan Rath ist das Projekt eine Herzensangelegenheit, deshalb werde er diese Reparatur nicht voll abrechnen. Lobende Worte findet er für die Stadt Donaueschingen. Nicht jede Kommune sei bereit, Geld für einen Oldtimer auszugeben.