Ausgelassenes Feiern, volle Tanzflächen, dröhnende Bässe – all das ist in Baden-Württemberg von Gründonnerstag, 18 Uhr, bis Karsamstag, 20 Uhr, verboten. So regelt es das Feiertagsgesetz des Landes.
Zu den verbotenen „öffentliche Tanzunterhaltungen“ zählen dabei auch entsprechende Veranstaltungen von Vereinen und geschlossenen Gesellschaften in der Gastronomie. Bei Verstößen drohen hohe Bußgelder.

Insbesondere Diskotheken schränkt das Gesetz an diesen Tagen in ihrem Betrieb ein – so auch das Okay. Seit Januar betreibt Benjamin Bensberg die Donaueschinger Diskothek. Aufgrund des Tanzverbots rechnet er mit einem Verlust von 500 bis 800 Gästen im Vergleich zu einer ähnlichen Woche. Am Freitag bleibt sein Betrieb sogar ganz geschlossen.
Diskotheken sind in schwieriger Lage
„Es war nie anders, also wir haben diese zwei Tage nie bespielt. Wir haben uns an die Regeln gehalten. Insofern ist es einkalkuliert“, sagt Bensberg. Doch anders als früher sei seine Branche aktuell wirtschaftlich so instabil, dass jede weitere Einschränkung die Diskotheken hart treffe. „Im Prinzip brauchen wir jede Öffnungsstunde und jeden Kunden“, betont Bensberg: „Die Branche kämpft ums Überleben.“
Seit der Corona-Pandemie gebe es ein „Riesenloch“ in den Besucherzahlen, so der Disko-Betreiber. Diese Beobachtung teilt auch Zbigniew Piotrowski, der zum Jahreswechsel die Donaueschinger Kult-Disko Delta übernommen hat.
Die Auslastung sei einfach nicht mehr so groß wie vor Corona. „Wenn es wie vor der Pandemie wäre, dass der Laden läuft, könnte man das gut verkraften“, sagt Piotrowski mit Blick auf das Tanzverbot. Doch inzwischen wüssten selbst Kolleginnen und Kollegen, die schon Jahrzehnte lang in der Branche aktiv sind, nicht mehr, wie sie weitermachen sollten.
Junge Menschen fehlen in den Clubs
Der Delta-Betreiber erklärt sich die Entwicklung vor allem damit, dass junge Menschen während der Pandemie nie das „Feiern gehen“ gelernt hätten und nun vor allem zu Hause blieben. „Die jungen Leute fehlen brutal“, sagt Piotrowski. Er sei mit seinem Latein zwar noch nicht am Ende, mache jede Menge Werbung für seine Veranstaltungen – aber noch spiegelten sich diese Bemühungen nicht wirklich in der ökonomischen Lage seines Betriebs wider.

Benjamin Bensberg vom Okay sieht in der allgemeinen Entwicklung vor allem eine Werteverschiebung bei der jungen Generation: „Ich glaube schon, dass sie feiern gehen, aber nicht mehr im Club. Wenn sie feiern gehen, dann knallen sie sich halt zuhause eine Flasche Wodka rein.“ Zugleich habe sich das Konsumverhalten durch Inflation und wirtschaftliche Einschränkungen geändert.
Geld wird eher in Festivals investiert
Auf der anderen Seite werde für Festivals so gut wie jeder Preis akzeptiert. Bensberg ist der Meinung, dass Clubs einfach nicht mehr „hipp“ genug seien und diesen Trend aber auch nicht aufholen könnten. Lediglich in großen Unistädten sei die Lage vielleicht noch etwas anders. Das Tanzverbot finde er auch deshalb nicht mehr zeitgemäß, meint Bensberg.
An Karfreitag geht es um ein ernstes Thema
Ganz anders sieht das Erich Loks, katholischer Pfarrer und Leiter der Seelsorgeeinheit Donaueschingen. Das Tanzverbot müsse man schließlich in Verbindung mit Karfreitag sehen, der für Christinnen und Christen ein sehr wichtiger Feiertag sei. „Und das ist ja ein ernstes Thema – Jesus stirbt, Gott stirbt – und stellt sich damit an die Seite der Opfer. Es ist ein Protest auch gegen Unrecht und das Böse, also ein ernstes Thema und damit ist eben auch das Tanzverbot betroffen.“ Weihnachten sei da aus seiner Sicht beispielsweise ein ganz anderer Fall, denn „Weihnachten ist ja ein freudiger Anlass“.
Er sehe schon, so Loks, dass das Tanzverbot ein schwieriges Thema sei, weil nicht-religiöse oder andersgläubige Menschen davon genauso betroffen seien wie Christinnen und Christen. Allerdings sei Deutschland eben ein christlich geprägtes Land „und das hat natürlich auch Traditionen“.

Die Vorteile der vielen christlichen Feiertage nehme die Bevölkerung außerdem auch gerne in Anspruch – da könne man aus seiner Sicht auch ein Tanzverbot akzeptieren. „Man darf nicht nur darauf gucken, was einem weggenommen wird, sondern auch auf die vielen Vorteile, die man durch die christliche Prägung bekommt. Da müsste man dann auch konsequenter sein“, findet Loks.
Pfarrer wünscht sich Beibehaltung des Verbots
Der Pfarrer ist deshalb dafür, das Tanzverbot an Karfreitag beizubehalten. Trotzdem sehe er natürlich die Möglichkeit, dass sich die öffentliche Meinung dahingehend entwickle, die Regelung abzuschaffen. Sollte sich eine größere Mehrheit dafür aussprechen, so könne man eine Aufhebung natürlich nicht verhindern, sagt Loks.
„Ich persönlich fände es natürlich schon schade. Aber auf die Straße gehen, würde ich dafür jetzt nicht“, meint Loks. Letztlich müssten sich Leute, die sich am Tanzverbot stören, an die Politik wenden. „Darüber entscheide ich ja nicht.“
Den Standpunkt der Kirche können Delta-Betreiber Piotrowski und Okay-Chef Bensberg nachvollziehen. „Ich bin schon für Toleranz und Redefreiheit. Aber wirtschaftlich ist man da ganz schnell zerstört“, meint Piotrowski, der selbst der katholischen Kirche angehört. „Man sollte eben auch tolerieren, wenn jemand einen Tag in die Disko gehen möchte.“
Auch Bensberg betont, grundsätzlich kein „Kirchengegner“ zu sein. Er stehe der Frage aber konfessionsneutral gegenüber. Schließlich, wirke sich die Zeit des Ramadans auch auf seine muslimische Kundschaft aus. „Ich glaube einfach nicht, dass es Aufgabe des Staates ist, das zu kontrollieren, sondern Aufgabe des einzelnen Gläubigen.“