Wird das die größte Demonstration, die Villingen nach der Jahrtausendwende erlebt hat? Fest steht: Definitiv zum 9. Mai wollen sich Corona-Zweifler und andere Gruppen in der Villinger Innenstadt zu „Kundgebung und anschließendem Aufzug“ versammeln.

„Für unsere Grundrechte. Für unsere Kinder“ heißt es weiter auf einem Flyer, den die Gruppe vorbereitet hat und nun rasch in Umlauf bringen will. Die Demo solle „über die Region hinaus ein Zeichen setzen“, heißt es vorab aus der Gruppierung, die sich Tausende aus dem ganzen Land zum Protest erhofft. Aktuell werden Personengruppen auch aus Tuttlingen und Schramberg vorab lokalisiert, die sich für das Treffen in Villingen interessieren oder gar bei der Vorbereitung eingebunden sind, heißt es aus unterrichteten Kreisen.

Die Polizei wird am 9. Mai in Villingen für einen Großeinsatz bereitstehen. Ziel dabei wird es sein, so das Treffen nicht im Vorfeld ...
Die Polizei wird am 9. Mai in Villingen für einen Großeinsatz bereitstehen. Ziel dabei wird es sein, so das Treffen nicht im Vorfeld untersagt wird, Gegendemonstranten und Kundgebungsteilnehmer voneinander zu trennen, so wie auf unserem Bild vom Herbst des Jahres 2020 in Villingen. | Bild: Trippl, Norbert

Teile der mutmaßlichen Teilnehmer der Kundgebung sind auch Gruppierungen, die erst jüngst in Villingen für einen Proteststurm gesorgt hatten. Nach Informationen des SÜDKURIER tummeln sich in Chatforen im Internet vorab auch jene Kreise, die zuletzt an einem Samstag vor Ostern eine offenbar unangemeldete Villinger Innenstadt-Veranstaltung abhielten. „Schule ist kein Konzentrationslager“, „Maskenfetischismus“ sowie „Freiheit und Gesundheit für unsere Kinder“ waren einige der Aufschriften von Plakaten, die hier vorgezeigt wurden. Generelles Kennzeichen der Querdenker-Gruppierungen sind unter anderem „Demokratieskepsis bis hin zur Demokratieverachtung“, sagen Staatsschützer der Polizei.

Schon dieser Auftritt zuletzt in Villingen provozierte öffentlichen Widerspruch auch in Form von Leserbriefen. Unter anderem hieß es: „Hinter diesem KZ-Vergleich steckt eine hoffentlich gedankenlose Herabwürdigung, Verharmlosung und Verhöhnung der KZ-Opfer.“ Die Gruppe wurde in einem der Leserbeiträge als „Ver-Quer-Denker“ bezeichnet.

Rathaus VS kategorisch dagegen

Ob die Veranstaltung stattfinden kann, ist ungewiss. Die Stadtverwaltung bereitet ein entschiedenes, juristisch ausformuliertes Nein dazu vor. Fachanwälte sind nach SÜDKURIER-Informationen eingebunden, um ein Scheitern der kommunalen Nichtgenehmigung der Veranstaltung vor einem Verwaltungsgericht nach Möglichkeit zu verhindern.

Ursprünglich wurde angenommen, dass die Villinger Kundgebung und Demonstration auf Samstag, 17. April, terminiert werden. Offenbar war dies den Veranstaltern zu kurzfristig. Sie erhoffen sich jedoch seit Tagen in ihren Internetbeiträgen massiven Teilnehmerzuspruch mindestens aus ganz Baden-Württemberg. Gestützt werden diese Erwartungen offensichtlich vor allem auf die in Stuttgart von der Stadt untersagten Querdenker-Demonstrationen.

Bilder wie diese werden rund ums Villinger Stadtzentrum für den 9. Mai erwartet werden müssen. Polizisten aus dem Land werden nach ...
Bilder wie diese werden rund ums Villinger Stadtzentrum für den 9. Mai erwartet werden müssen. Polizisten aus dem Land werden nach Villingen zur Sicherung der öffentlichen Ordnung erwartet. | Bild: Trippl, Norbert

Ein Verwaltungsgericht bestätigte das städtische Verbot der Stadt Stuttgart jetzt: Die Landeshauptstadt hatte ihr Nein auch damit begründet, dass angesichts der steigenden Infektionszahlen durch die Versammlung Leib und Leben der Demonstranten und weiterer Menschen bedroht seien.

Ungeachtet dessen braut sich im Oberzentrum klarer Protest schon im Vorfeld des 9. Mai auf. In Position gehen will die örtliche Antifa-Gruppierung. Sie kündigt für die Villinger Innenstadt einen Auftritt an. „Kein Platz für Nazis“, so heißt es in einer Verlautbarung der Gruppierung dazu, offenbar auch in Anlehnung an das KZ-Plakat, das in Villingen-Schwenningen zuletzt für Diskussionen gesorgt hatte. „Gemeinsam gegen Coronaleugner, Faschisten und rechte Krisenlösungen“, heißt es weiter von der Villingen-Schwenninger Aktionsgruppe.

Bei der Polizei organisiert das Präsidium nach SÜDKURIER-Informationen einen Großeinsatz unter Einbeziehung von Sondereinheiten. Die Vorbereitungen der Veranstalter der Villinger Kundgebung werden nach Angaben aus gut informierten Kreisen auch vom Landeskriminalamt beobachtet. Die Beamten schauen auch deshalb schon im Vorfeld sehr genau hin, weil beispielsweise Teile der Querdenker-Gruppierungen mittlerweile vom Verfassungsschutz beobachtet werden.

„Querdenkerisches Potenzial“

Die VS-Stadtverwaltung will die Veranstaltung nach Informationen dieser Redaktion aus mehrerlei Gründen untersagen. Zwei Argumentationsschienen kristallisieren sich dabei heraus. Die Ordnungskräfte gehen in VS zum einen davon aus, dass das Villinger Treffen mit Kundgebung und Demonstrationszug auch viele Personen aus dem Bereich der Querdenker anlocken wird. Dies sehen auch Verantwortliche der Polizei so. Es sei klar, so hieß es von einem Ermittler am Donnerstag, dass die Veranstaltung wie gemacht „für querdenkerisches Potenzial“ sei.

Weil überall im Land Querdenker-Aufmärsche zuletzt erfolgreich von Kommunen unterbunden werden konnten, verspricht sich die Stadtverwaltung Villingen-Schwenningen hier trotz des Demonstrationsrechts gute Chancen, auch im Oberzentrum ein solches Treffen nun verhindern zu können. Zuletzt hatten Verwaltungsgerichte den Gesundheitsschutz von Teilnehmern und Bürgern hier vor allem sehr hoch eingestuft in ihren Bewertungen.

Teile der mutmaßlichen Villinger Teilnehmer am 9. Mai wenden sich explizit gegen das Tragen von Masken, im speziellen Fall stemmen sich diese Personen hier dagegen, seit an den Grundschulen genau diese Auflage gilt.

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Zweiter Ablehnungsgrund der Veranstaltung am 9. Mai werden für die Stadt Villingen-Schwenningen die erst diese Woche verschärften Bestimmungen zum Infektionsschutz im Land sein.

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Veranstalter der Aktion am 9. Mai, die Stadtverwaltung Villingen-Schwenningen sowie Gruppen des Gegenprotests belauern sich im übrigens seit Tagen aus rein taktischen Erwägungen. Vor allem Veranstalter und Stadtverwaltung wollen mit ihren schriftlichen Vorlagen zum spätestmöglichen Zeitpunkt aufwarten. Dies verknappt die juristische Reaktionszeit für die jeweilige Gegenseite, erklärte am Freitag ein Beteiligter aus diesen Kreisen.

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