Nach umfangreichen Ermittlungen und mehreren Verhandlungstagen mit zum Teil überraschenden Wendungen hat das Landgericht Rottweil am Dienstag, 8. August, sein Urteil über den 50 Jahre alten Angeklagten gesprochen.

Neun Jahre muss der Mann ins Gefängnis, der im Dezember 2022 seine Ehefrau erwürgt hatte. Damit folgte das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft.

Eifersucht, Hoffnungslosigkeit, Verlustängste

Dem vorsitzenden Richter Karlheinz Münzer zufolge lag das Motiv für die Tat aus Sicht des Gerichts vor allem in einem Bündel aus Eifersucht, Hoffnungslosigkeit und Verlustängsten. Denn wie der Angeklagte in seiner Einlassung am ersten Prozesstag selbst gesagt hatte: „Meine Frau war der wichtigste Mensch in meinem Leben. Ich habe sie sehr geliebt. Ich kann es nicht fassen.“

Der 50-Jährige hatte in seinem Leben nur seine Oma, die ihn großgezogen hatte, und nach vielen Jahren auf der Straße und mit Unmengen von Alkohol schließlich seine Ehefrau.

Umbringen als einzige Lösung?

Und als sie sich einem anderen zugewandt habe, „sah er alles verloren gehen“, so das Gericht. Sie sei sein Halt, seine Stütze gewesen. Auf die Idee, eine andere Lösung zu suchen als die, seine Frau umzubringen, sei er nicht gekommen.

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„Es ist bedauerlich, dass über psychische Störungen so wenig geredet wird“, so der vorsitzende Richter Karlheinz Münzer weiter. Denn dass der 50-Jährige solche hatte, steht für das Gericht fest. Schizophrenie, dazu eine Anpassungsstörung und Alkoholabhängigkeit.

Jahrelang sozial abgeschottet

So hatte der Mann niemanden außer seiner Frau, schottete sich ab. Sogar bei der Mittagspause in dem Baugeschäft, wo er lange Jahre arbeitete, setzte er sich zum Essen alleine in den Firmenbus.

Seine Freizeit verbrachte er zuhause an der Spielkonsole, baute sich seine eigene virtuelle Welt auf. Seine Frau habe sich irgendwann gefragt, ob ihr Mann überhaupt noch etwas für sie empfinde, konstatierte Richter Münzer – das nämlich hatte sie offen mit ihren Bekannten und Freundinnen kommuniziert.

Angeklagter laut Gericht „schwer krank“

Hätten die beiden Hilfe gesucht, beispielsweise in einer Paartherapie, „hätte sich gezeigt, das der Angeklagte schwer krank ist“, sagte Münzer.

Auch durch eine Kindheit, in der die Oma die wichtigste Bezugsperson war, die aber 1986 überraschend starb – für den Angeklagten das schlimmste Erlebnis in seinem Leben bis zum gewaltsamen Tod seiner Frau.

Dazu kam der Missbrauch durch einen Onkel, dann der Alkohol, die Obdachlosigkeit. Schließlich der Aufenthalt in der Rottweiler Wohnungslosenunterkunft Spittelmühle, deren damaliger Leiter Dietmar Greuter ihn in ein Arbeitsprogramm brachte und wo er seine spätere Ehefrau kennenlernte.

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Sie stabilisierte sein Leben, sorgte sogar dafür, dass er mit 42 Jahren den Führerschein machte, um im Betrieb aufzusteigen.

Doch irgendwann wurde aus der Ehe ein reines Nebeneinanderherleben, und schließlich verliebte sie sich in einen anderen.

Suizidversuch als Hilfeschrei

Einen Suizidversuch mit dem Kabel eines Ventilators glaubte ihm das Gericht, es sei ein Hilfeschrei gewesen, den aber keiner hörte. Und als seine Frau nach vielem Hin und Her schließlich klar machte, dass sie die Trennung, die Scheidung wollte, brach für den Mann die Welt zusammen.

Viel Alkohol war an dem Abend des 4. Dezembers im Spiel, Perlwein, auch sie hatte mehr getrunken als sonst. Das ließ sich nachweisen, obwohl der Leichnam erst am 22. Dezember gefunden wurde. Zurückgerechnet hatte sie ein Promille, er zwischen zwei und drei Promille.

Vier Minuten langer Todeskampf

Eine spontane Tat sei es gewesen, war das Gericht überzeugt, als die Ehefrau nach oben ins Bad ging und ihrem Freund am Telefon sagte, sie würde noch zu ihm kommen. Ihr Mann habe sie mit der einen Hand gewürgt, mit der anderen ihr Mund und Nase zugehalten, vier Minuten lang.

Dass er am nächsten Morgen zur Arbeit ging und sich nichts anmerken ließ, begründete Richter Münzer mit der Schizophrenie. Es sei möglich, so etwas zu verdrängen.

Aus Pflanzloch wird ein Grab

Am 6. Dezember habe er den Leichnam nach draußen gebracht, in ein Loch im Garten, in das er eigentlich Beerenbüsche pflanzen wollte. Auch das glaubte ihm das Gericht.

Dass der Mann nicht aus niedrigen Beweggründen oder Heimtücke gehandelt habe, diese Entscheidung habe sich das Gericht nicht leicht gemacht.

Totschlag und nicht Mord

Aber war am Ende dann doch zur Entscheidung gekommen, dass es Totschlag und nicht Mord war. Dieser Totschlag erfordere jedoch eine Strafe ganz oben im Strafrahmen, und das sind eben neun Jahre.

Eine Wiederholungsgefahr gehe von ihm nicht aus, so Münzer, aber es sei zu entscheiden, ob er am Ende seiner Strafe im betreuten Wohnen untergebracht werden könne.