Mann, Frau, Kind – dass jede Familie so gestrickt ist, ist längst überholt. Die Gesellschaft hat sich in dieser Hinsicht gewandelt. Familie, das sind auch Alleinerziehende mit Kind, gleichgeschlechtliche Partner mit Kind, Patchwork-Familien.
Das bedeutet auch, das sich an anderen Stellen Dinge verändern. In Donaueschingen ist das jetzt in den städtischen Kindertageseinrichtungen passiert.
Brief sorgt für Aufregung
Wie bei jenen Familien, die ihren Nachwuchs in einer städtischen Einrichtung haben, flatterte auch bei Familie Huber aus Neudingen vor Vater- und Muttertag ein Brief ins Haus. Was darin sofort ins Auge sticht, ist eine Frage: „Ist das Feiern von Mutter- und Vatertag noch zeitgemäß und gewollt?“
Die Antwort gibt es gegen Ende des Schreibens: Man werde das Feiern eines Mutter- oder Vatertags nicht mehr im Rahmen der Einrichtungen gestalten. „Wir werden darauf verzichten, mit den Kindern Geschenke zu basteln“, so der Wortlaut.
Was den Vater tatsächlich ärgert
„Ich habe es gelesen und mich etwas aufgeregt“, sagt Mathias Huber. Wie er sagt, gehe es ihm nicht darum, dass die Sache so gehandhabt wird, sondern wie es begründet wird.
In der Begründung geht es um die Veränderung des Familienbildes. Mittlerweile finde man nicht nur das klassische, sondern auch Patchwork-Familien, Alleinerziehende, gleichgeschlechtliche Eltern und andere Familienformen.
Ja zum bunten Blumenstrauß
Huber ist für diesen bunten Blumenstrauß: „Da bin ich dafür.“ Er findet allerdings auch, dass so etwas eben thematisiert werden müsse: „Wenn ein Elternteil verstorben ist, dann kann das ja auch nicht verschwiegen werden, sondern es muss innerhalb der Familie kindgerecht erklärt werden.“
Fehlt die Einheitlichkeit?
So könne man das auch in der Kita machen. „Mir ist bewusst, dass sie dort nicht dafür zuständig sind. Mich stört aber, dass es hier nicht eine Richtung gibt“, so Huber.
Seine große Tochter geht bereits in die Schule. „Als sie nach Hause kam, hat sie meinem Sohn gezeigt, was sie gebastelt hat. Er war natürlich bedröppelt – und hatte nichts.“ Später habe der Vater dann mit ihm ein Geschenk gebastelt.
Im Gemeinderat nachgefragt
Huber geht daraufhin in den Gemeinderat und stellt seine Fragen: „Eine Antwort habe ich immer noch nicht bekommen.“ Dabei geht es ihm nicht darum, gegen die Verwaltung zu schießen: „Traditionen werden abgeschafft. St. Martin heißt jetzt Lichterfest. Wie geht es in Zukunft mit der Nikolausfeier weiter?“, fragt er sich.
Tage sind vor allem für Kinder relevant
Eine Vater- oder Muttertagsfeier erwarte auch niemand, „aber man könnte doch auch einfach Elterngeschenke machen. Das geht auch für Verstorbene“.
Der Anlass sei ohnehin mehr etwas für die Kinder. „Die freut es viel mehr. Meine Tochter hat sich schon Wochen vorher gefreut, ihr Geschenk zeigen zu können.“ Man könne doch eine Kleinigkeit basteln und erklären, warum das so sei.
Keine richtige Erklärung
Huber stört, dass man keine richtige Erklärung bekommen habe und betroffene Eltern nicht gefragt worden seien. Ähnliche Meinungen habe er auch von anderen Eltern gehört. Und er macht auch klar: „Wenn ich keine Antwort bekomme, gehe ich wieder in die Sitzung.“
Dass die Entscheidung getroffen wurde, das müsse Huber akzeptieren, „das werde ich auch“. Er sei immerhin auch froh darüber, dass es die Kitaplätze gebe und über „die Arbeit, die dort gemacht wird“. Besonders für die Kinder hätte es eine bessere Erklärung für die getroffenen Entscheidungen geben sollen.
Was sagt die Stadt dazu?
Die Entscheidung, das Basteln in den städtischen Kitas nicht mehr wie bisher zu organisieren, sei im Rahmen der Diskussion um Schutzkonzepte gefallen. Mit denen haben sich städtische Einrichtungen im vergangenen Jahr befasst und ein „einheitliches Schutzkonzept mit entsprechender Auswirkung auf die jeweilige Einrichtung erstellt“, sagt Jennifer Schwörer von der Pressestelle der Stadt.
Es ist jetzt die Sache der Familien
In diesem Zusammenhang sei aufgrund der vielen pädagogischen und psychologischen Aspekte entschieden worden, Geschenke zum Mutter- und Vatertag nicht mehr in den Einrichtungen zu fertigen, sondern in die Hände der Eltern zu übergeben.
„So kann jede Familie, in welcher Zusammenstellung sie auch persönlich ist, entscheiden, ob, was und wie geschenkt wird“, so Schwörer weiter.
Gleichwohl werden in den Einrichtungen weiter, wie schon bisher, die Familientage gefeiert, Familienpicknicke und Sommerfeste veranstaltet. „Und natürlich darf auch jedes Kind ein Geschenk zum Mutter- und Vatertag vorbereiten, es wird allerdings nicht mehr durch die Einrichtungen forciert“, heißt es von der Pressestelle.
Familien werden weiträumiger gesehen
In diese Entscheidung mit eingeflossen sei in erster Linie die Partizipation der Kinder. Diese stelle einen Bestandteil der frühkindlichen Bildung dar und werde in den Einrichtungen gelebt. Hinzu komme noch: „Familien werden heute eben auch weiträumiger gesehen“, erklärt Schwörer.
Da es sich um eine pädagogische Entscheidung handelt, wie bei vielen anderen Entscheidungen im Betreuungsbereich auch, habe man die Eltern über diese Entscheidung im Rahmen eines Elternbriefs informiert.
Und die Antwort an Mathias Huber?
„Bereits in der ersten Sitzung, in der Herr Huber vorstellig wurde, wurde eine Stellungnahme seitens der Verwaltung zum Thema abgegeben“, sagt Schwörer. Zwischenzeitlich habe er eine gesonderte Antwort zusätzlich erhalten.