Sam hat Rückenschmerzen. Ziemlich üble Rückenschmerzen. Was für ein Glück, dass Osteopathin Katharina Müller-Langhans gerade Zeit hat. Sie tastet zunächst vorsichtig über Sams Nacken, Hals und Wirbelsäule. Danach beugt sie sich hinunter zum linken Hinterbein.

Moment mal? Hinterbein? Ja, richtig gelesen. Der rückenkranke Sam ist ein schwarz-weiß geschecktes Pferd. In Katharina Müller-Langhans‘ Sprechstunde sind er und seine Artgenossen die Patienten: Die 29-Jährige, im Hauptberuf angestellte Tierärztin, ist Osteopathin für Pferde.

Katharina Müller-Langhans und ihr Mann Tim Müller haben sich mit dem Waldhummelhof in VS-Obereschach ihren Lebenstraum erfüllt.
Katharina Müller-Langhans und ihr Mann Tim Müller haben sich mit dem Waldhummelhof in VS-Obereschach ihren Lebenstraum erfüllt. | Bild: Burger, Tatjana

Wenn Katharina Müller-Langhans an ihre Kindheit zurückdenkt, an die Zeit mit zehn, elf Jahren beim Reitturnier und rundherum, dann sind da immer auch diese Bilder von Menschen, die den Pferden helfen, wenn irgendetwas nicht so ganz stimmt. Osteopathen. Sie kümmern sich um das große Ganze, vom Kopf bis zum Schweif sozusagen, und auch um die Organe. „Ich dachte immer, die sind magisch, diese Leute“, erinnert sich die gebürtige Bad Dürrheimerin.

Der alte Mädchentraum lässt sie nicht los

Katharina Müller-Langhans wird erwachsen, studiert Pferdewirtschaft, schließt danach ein Tiermedizin-Studium ab. Mit ihrem Mann Tim Müller erfüllt sie sich einen Lebenstraum und eröffnet mit dem Waldhummelhof in VS-Obereschach ihren eigenen Pferdehof. Doch der alte Mädchentraum von der Osteophathie, er begleitet sie die ganze Zeit über.

Die Pferde-Osteopathin zeigt eine spezielle Behandlungsmethode.
Die Pferde-Osteopathin zeigt eine spezielle Behandlungsmethode. | Bild: Burger, Tatjana

Und weil Katharina Müller-Langhans niemand ist, der seine Träume einfach Träume sein lässt, verwirklicht sie schließlich auch diesen. Zwei Jahre lang fährt sie, die als Jugendliche einen Deutschen Meistertitel im Westernreitsport holte und vier Jahre lang dem Landeskader angehörte, nun an den Wochenenden nach Bopfingen auf der Schwäbischen Alb. Am Deutschen Institut für Pferdeosteopathie (DIPO) absolviert sie nun die Ausbildung. Als Jahrgangsbeste schließt sie diese vor wenigen Tagen ab und ist nun die einzige Pferdeosteopathin in der Region.

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Wer an die Osteopathie und Pferde denkt, dem fällt wahrscheinlich spontan der mittlerweile verstorbene TV-“Knochenbrecher“ Tamme Hanken ein. Seine spektakulären Einrenk-Manöver machten ihn einst in ganz Deutschland zum Fernseh-Star. „Kein gutes Beispiel“, meint jedoch Katharina Müller-Langhans.

Zwar gehört auch das Einrenken zu ihrem Repertoire an Behandlungsmöglichkeiten, sehr oft seien es jedoch die weichen Methoden wie etwa das Listening, das Hineinhören in den Körper des Pferdes mit Hilfe der Hände, das den Tieren am Ende helfen.

So arbeitet die Pferde-Osteopathin Video: Burger, Tatjana

Dass man dies erst einmal lernen muss, musste Katharina Müller-Langhans schnell erkennen. „Da hieß es zum Beispiel, wir sollten das Zwerchfell spüren“, erinnert sie sich an eine der allerersten Unterrichtsstunden. „Und ich spürte erst mal gar nichts.“ An zehn bis zwölf verschiedenen Pferden übten die Teilnehmer pro Wochenende – durchaus anstrengend, aber schön.

Vor allem, als es schließlich anfängt zu funktionieren. Wie an dem einen Tag, als ein Pferd mit verschleimten Bronchien vor der 29-Jährigen steht. Seine Besitzer haben schon fast alles ausprobiert, um das Tier wieder gesund zu machen. „Ich habe die Lunge von außen behandelt“, erzählt Katharina Müller-Langhans. Eine Sache, die sie als Tierärztin sich eigentlich nicht wirklich hätte vorstellen können. Doch was passiert? Einen Tag nach der Behandlung beginnt der Schleim in der Pferdelunge, sich endlich zu lösen.

Dass man bei der Osteopathie nicht nur das kranke Bein, den schmerzenden Rücken oder den chronischen Husten im Blick hat, ist die Sache, die Katharina Müller-Langhans daran so fasziniert. Es geht hier auch um die Harmonie. „Man fängt oft bei einer Sache an und landet bei einer ganz anderen“, weiß sie. „Und das ist das Spannende daran.“ Ein introvertierter, müde blickende Vierbeiner auf einer Koppel zum Beispiel: Nach der Behandlung am Genick schaute das Tier schon viel wacher durch die Gegend, erinnert sich Katharina Müller-Landhans.

Die mit den magischen Händen, die die kleinen Reiter ehrfürchtig bewundern – das ist nun sie selbst.