Am Desinfektionsspender in seiner Praxis kann Johannes Guhl ablesen, wie sehr das Coronavirus die Menschen umtreibt. Im Moment eher wenig – und das, obwohl die Infektionszahlen wieder massiv steigen. „Früher mussten wir die Behälter zwei Mal pro Woche wechseln“, sagt der Mediziner aus Schwenningen. „Jetzt halten sie drei Wochen.“

Es wird gefeiert, ausgegangen, sich getroffen – während die Corona-Vorsicht bei vielen scheinbar schon im Urlaub ist, macht das Virus keine Sommerpause. Ganz im Gegenteil: Stand Freitag, 8. Juli, waren 907 Menschen im Schwarzwald-Baar-Kreis mit dem Coronavirus infiziert, 210 mehr als am Freitag vor einer Woche.

Nur PCR-Ergebnisse zählen

Und das sind nur diejenigen, die in der Statistik erfasst werden, weil sie einen PCR-Test gemacht haben. Am Montagmorgen, 11. Juli, wurde die Zahl der Infizierten zwar nur noch mit 397 angegeben, weil 510 Personen als genesen gelten. Allerdings wird über das Wochenende auch weniger getestet – und in die Statistik fließen nur die PCR-Tests ein. Im Laufe des Tages schnellen die Zahlen laut Landesgesundheitsamt wieder auf 604 hoch (Stand 16 Uhr).

„Auch wenn das viele glauben: Die neuen Varianten sind nicht nur ein besserer Schnupfen.“
Johannes Guhl, Internist aus Schwenningen

Auch Johannes Guhl rechnet damit, dass es viele unentdeckte Fälle gibt, die womöglich symptomlos ablaufen, andere aber dennoch infizieren können. „Das Robert-Koch-Institut ging letzte Woche von einer mindestens doppelt so großen Dunkelziffer aus“, sagt der Mediziner.

Den Anstieg der Infektionszahlen bekommt die Praxis, die er gemeinsam mit Kollegin Kathrin Weber führt, deutlich zu spüren. „Im Moment nehmen wir 30 bis 40 PCR-Abstriche pro Tag“, schildert Guhl. „Vor den Pfingstferien waren es pro Tag gerade mal noch fünf oder sechs.“ Er sei gespannt, wie sehr die Kulturnacht am 2. Juli im Nachgang zum Brandbeschleuniger werde.

Internist Johannes Guhl aus Schwenningen hat eine Corona-Schwerpunktpraxis. Seit den Pfingstferien herrscht wieder Hochbetrieb, sagt er. ...
Internist Johannes Guhl aus Schwenningen hat eine Corona-Schwerpunktpraxis. Seit den Pfingstferien herrscht wieder Hochbetrieb, sagt er. 30 bis 40 PCR-Abstriche werden pro Tag vorgenommen. Hier eine Aufnahme aus dem Juli 2021. | Bild: Göbel, Nathalie

Von den zuletzt in seiner Praxis wegen Corona behandelten Patienten hätten zwar die meisten einen milden Verlauf, aber: „Drei mussten wir ins Klinikum einweisen und Long Covid ist auch bei Omikron nicht vom Tisch. Auch wenn das viele glauben: Die neuen Varianten sind nicht nur ein besserer Schnupfen.“

Hoffen auf den Masterplan

Was wünscht sich ein Mediziner, der täglich an der Corona-Front arbeitet, von der Politik? Johannes Guhl muss nicht lange überlegen. „Einen Plan für den Herbst in der Schublade, der die verschiedenen Szenarien abdeckt. Es wird schließlich nicht der erste Herbst mit Corona.“

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Auch dem Testzentrum in der Klosterring-Apotheke geht die Arbeit nicht aus, auch wenn es die kostenlosen Bürgertests für alle seit dem 1. Juli vorerst nicht mehr gibt.

Daniela Behrendt ist als kaufmännische Leiterin der Klosterring-Apotheke auch für das Testzentrum verantwortlich. Im Moment zieht die ...
Daniela Behrendt ist als kaufmännische Leiterin der Klosterring-Apotheke auch für das Testzentrum verantwortlich. Im Moment zieht die Nachfrage nach Schnelltests wieder an. | Bild: Nathalie Göbel

„Es ist nicht mehr ganz so viel wie noch vor zwei Monaten, aber man merkt, dass die Nachfrage wieder zunimmt“, sagt Daniela Behrendt. Sie ist kaufmännische Leiterin der Mozart-, Berthold-, Delta- und Klosterringapotheke und leitet das Testzentrum im Klosterring.

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Was sie an der neuen Handhabung stört: Auch wenn ein Test mitunter sinnvoll wäre, kann sie ihn nicht unbedingt kostenlos anbieten. „Kürzlich kam ein Mädchen, bei dem die ganze Klasse positiv war und die sich deshalb testen wollte. In einem solchen Fall habe ich keinerlei Handhabe, sie kostenlos zu testen.“ Daniela Behrendt testete die Schülerin trotzdem, auf eigene Kosten, ohne die Gebühr von dem Mädchen zu verlangen. „Ein Test macht ja in einem solchen Fall absolut Sinn.“

Am besten auch den Rachen abstreichen

Wichtig sei vor allem, dass Tests richtig vorgenommen werden. Gerade bei den Omikron-Varianten decke der reine Nasenabstrich die Infektion oft nicht auf. „Wir testen deshalb auch im Rachen. Das tut nicht weh und ist zuverlässiger“, sagt Daniela Behrendt. Diese Vorgehensweise sei auch für den Laientest zu Hause empfehlenswert. Ihr Tipp: „Am besten vor den Spiegel stellen, laut ‚Aaah‘ sagen und dabei die Rachenschleimhaut abstreichen, danach die Nase.“

Auffällig: starke Halsschmerzen

Hinrich Bremer, hier im Juli 2021, findet derzeit vor allem ein Symptom auffällig.
Hinrich Bremer, hier im Juli 2021, findet derzeit vor allem ein Symptom auffällig. | Bild: Trippl, Norbert

Im Schwarzwald-Baar-Klinikum gibt es aktuell etwa 40 stationär aufgenommene Covid-19 Patienten. Von diesen sind rund zehn Prozent mit der Primärdiagnose Corona hier. Bei den meisten Patienten sei Covid-19 die Nebendiagnose, sagt Hinrich Bremer, stellvertretender Leiter des Lungenzentrums und Leiter der Pneumologie. Es gebe beatmete Patienten, aber keiner sei momentan intubiert. Was auffallend sei: „Die Patienten leiden aktuell viel mehr unter starken Halssymptomen wie Halsschmerzen.“