Was da auf dem Teller liegt, kommt frisch vom Grill. Es duftet nach krossem Speck, auf den Stücken ziehen sich die typisch dunklen Streifen, die der Grill verursacht. Es sieht aus wie Fleisch, es duftet danach, es fühlt sich so an und – tatsächlich – es schmeckt auch danach.

Mit Fleisch hat es allerdings nichts zu tun. Auch wenn es wie ein Speckstreifen aussieht, der Bacon besteht hauptsächlich aus Erbsen. Er ist Teil der neuen veganen Produkte, die die Schwarzwaldhof Fleisch und Wurstwaren GmbH im Portfolio hat.

Deutsche essen weniger Fleisch

Das hat mit einer gesellschaftlichen Entwicklung zu tun, erklärt Geschäftsbereichsleiter Andreas Göhring. Der Pro-Kopf-Verzehr von Fleisch in Deutschland sinkt. Waren es 2014 noch rund 70 Kilo pro Kopf, liegt der Wert 2023 bei 53 Kilo, wie Daten von der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH (AMI) zeigen.

Zurück geht dabei vor allem der Verbrauch von Schweinefleisch. Das bestätigt auch das Statistische Bundesamt: Die Produktion von Fleischersatz stieg 2021 um 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Der Schwarzwaldhof ist von diesem Rückgang nicht betroffen. Aber die Statistik zeigt auch, dass es bei sinkender Nachfrage einen Bereich gibt, der Zuwachs verzeichnet: die Fleisch-Alternativen. „Das hat uns bewegt, uns für die Zukunft zu rüsten“, erklärt Göhring.

Soja, Weizen – oder doch was anderes?

Der Gedanke entsteht. Aber in welche Richtung soll es gehen? „Wir haben uns damit beschäftigt, wo die Reise hingehen soll“, sagt Sebastian Ruhlich vom Schwarzwaldhof-Vertrieb. Genauer bedeutet das: Auf welcher Basis soll die Fleisch-Alternative entstehe? Gängige Produkte werden aus Soja oder Weizen hergestellt.

Man entschied sich jedoch gegen diese beiden Komponenten. Einerseits wegen der Probleme, die es hinsichtlich des Anbaus von Soja gebe – dafür wird teilweise Regenwald abgeholzt – und wegen der Allergene. Weder Soja noch Weizen habe man bislang im Betrieb. Hätte man sich dafür entschieden, hätte man alle Folgeprodukte mit einem Spurenhinweis kennzeichnen müssen. „Unsere Wahl fiel dann auf Erbsenprotein“, so Ruhlich weiter.

Also geht es an die Entwicklungsarbeit. Und die findet zuerst im Labor statt: „Zuerst haben wir kleinste Chargen im Labor hergestellt“, sagt Ruhlich. Der Betrieb nimmt Kontakt zu Gewürzhändlern auf, die eine Grundrezeptur für entsprechende Produkte anbieten: „Farbe, Konsistenz und Geschmack müssen passen“, erklärt Jürgen Schneider.

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Im April unternimmt man schließlich erste Gehversuche mit einem Landjäger: „Wir sind bekannt für Schwarzwälder Spezialitäten, also wollten wir auch auf diese Produkte einsteigen“, so Schneider weiter. Einen veganen Landjäger herzustellen ist jedoch mit eine der schwersten Aufgaben: „Durch Trocknung verändert sich das Erbsenprotein und wird eine stark bröselige Masse.“

Veganer Wurstsalat

Im Juni 2022 startet der Betrieb mit den ersten Versuchen eines veganen Bacons – und noch eines anderen Artikels: „Der ist eine unserer Kernkompetenzen“, erklärt Schneider. Also warum nicht auch einen veganen Wurstsalat anbieten?

Es wird an einer veganen Lyoner gearbeitet. Zu Beginn ist deren Biss noch zu weich und geschmacklich müssen Anpassungen gemacht werden. Auch am Bacon wird weiter gearbeitet: Über ein Extruder-Füllsystem werden in der veganen Bacon-Masse Verwirbelungen erzeugt, „die einen authentischen Ausdruck verleihen“, sagt Schneider. Der Farbstoff wird aus Karotte gewonnen.

Im März 2023 werden die ersten veganen Chargen an Lyoner hergestellt, die Produktentwicklung ist abgeschlossen. Jetzt geht es daran, den veganen Wurstsalat den Kunden anzubieten – und im eigenen Betrieb: „Besonders die Fleischer waren anfangs sehr kritisch. Im Laufe der Zeit kam die Akzeptanz“, beschreibt Jürgen Schneider.

Viele Neugierige wollen probieren

Der vegane Wurstsalat ist mittlerweile bei Edeka Südwest zu bekommen. „Beim Fest der Pferde auf den Immenhöfen war er als erstes vergriffen“, sagt Göhring. Und auch im Europa Park habe man ihn getestet – mit erfreulichem Ergebnis: „Es gibt viele Neugierige, die ihn probieren wollen.“

Mit den veganen Produkten wolle man indes niemanden umerziehen: „Wir sind froh über jeden, der Fleisch und Wurst isst“, erklärt Göhring. Aber man reagiere auf sich verändernde Bedingungen.

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Der vegane Bacon soll im vierten Quartal 2023 auf den Markt gebracht werden. Auch hier sorgt Erbsentexturat für ein Mundgefühl, als esse man Fleisch. Der Vorteil dabei außerdem: „Wenig Fett und über die Erbsen eine Quelle mit hohem Eiweißanteil“, so Schneider.

Probieren, scheitern – und weiter

Auf dem Weg bis hin zum fertigen Produkt habe man viel ausprobieren und versuchen müssen: „Trial and Error“, erklärt Göhring. Das bezeichnet eine Methode, bei der so lange Lösungen getestet werden, bis eine geeignete gefunden wird. Fehlschläge werden bewusst in Kauf genommen: „Wie eine Wurst herzustellen ist, das haben wir in unserer DNS. Hier war das anders“, so Göhring.

In drei Edeka-Märkten in Freiburg testet man die neuen Produkte, versieht die Packungen mit QR-Codes – und die Menschen können abstimmen. Würden sie es wieder kaufen, wie ist der Geschmack. „Wir haben sehr tolle Rückmeldungen bekommen“, erklärt Andreas Göhring.

Für die Vermarktung benutzt Schwarzwaldhof einen grünen Bollenhut: „Eine Bekannte macht selbst Wintermützen, ich habe sie gebeten, ob sie uns nicht einen solchen Hut machen kann“, so Göhring. Womit der Betrieb wohl den ersten grünen Bollenhut auf dem Planeten besitzt.

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