Sechs Windkraftanlagen, deren Rotorblätter sich in der Brise über dem Höhenzug Länge drehen und dabei Strom erzeugen – das ist der Plan des Singener Unternehmens Solarcomplex. Zum Leidwesen des Unternehmens gibt es daran jedoch einen Haken. Seit bald zehn Jahren ist das Projekt in der Mache. Eine Umsetzung scheitert bislang an vielen verschiedenen Punkten.

Aktuell ist es eine gerichtliche Entscheidung, die in der Sache aussteht. Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim hat erst vor einigen Wochen ein Urteil in Sachen Windpark Länge gefällt: „Was wir damit erreicht haben, ist ein kleinerer Erfolg“, sagt Bene Müller von Solarcomplex. Dabei ging es um den Baustopp und das Eilverfahren. Vorbereitende Arbeiten für die Anlagen auf der Höhe habe man schon erledigen können.

Müller wertet das erste Urteil als einen Fingerzeig für die anstehende Entscheidung des Gerichtes. Worum geht es dabei? „In dem Klageverfahren wendet sich eine Umweltvereinigung gegen eine der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von sechs Windenergieanlagen“, erklärt Richter Manfred Frank vom VGH.

Werde hier eine Entscheidung zugunsten von Solarcomplex getroffen, dann könne gleich mit den Fundamenten für die Anlagen begonnen werden. Der notwendige Platz auf der Länge ist dafür bereits geschaffen. Die Gerichtsentscheidung lässt jedoch wohl noch etwas auf sich warten, erklärt Frank.

Es hat kabarettistische Züge

„Es ist hochgradig unbefriedigend, dass solche Klagen nicht zeitnah entschieden werden“, sagt Bene Müller. Fast gegen jedes Windkraft-Projekt werde geklagt: „Eine Klage ist kein Ausdruck von Mehrheit. Das kann auch ein einzelner.“ Den Pachtvertrag für das Gebiet habe man 2015 unterschrieben: „Die Gerichte sollten so ausgestattet sein, dass Infrastruktur-Maßnahmen schneller entschieden werden können“, so Müller weiter. Mit rationaler und optimistischer Haltung könne man die Sache nicht mehr betrachten: „Wir sehen das mittlerweile unter kabarettistischen Zügen.“

Bene Müller, Geschäftsführer bei Solarcomplex, 2023 neben einem Modell eines Windrads. Das Unternehmen ist spezialisiert auf ...
Bene Müller, Geschäftsführer bei Solarcomplex, 2023 neben einem Modell eines Windrads. Das Unternehmen ist spezialisiert auf erneuerbaren Energien. | Bild: Graziella Verchio

Die Vorarbeiten auf der Länge seien erledigt, im besten Fall könne man im Februar 2025 loslegen, dann seien die Anlagen bis Ende 2025 gestellt. „Der schlechtere Fall wäre eine weitere Erwiderung der Gegenseite. Wir haben das zur Genüge erlebt“, sagt Müller. Nach seiner Einschätzung gehe es dabei um eine ideologische Grundhaltung. Es werde zwar behauptet, man sei für die Windkraft, „nur eben hier nicht. Das ist an jedem Standort so – und nimmt quasi religiöse Züge an.“

Das Verzögern der Projekte sei eine Achillesferse: „Wenn etwas lange verzögert wird, dann gibt es bestimmte Anlagen nicht mehr. Der Bundesverband Windenergie hat darauf gedrängt, sich vorab nicht auf einen bestimmten Anlagentyp festzulegen, sondern eine Anlagen-Kategorie mit Höhe und Leistung.“ So gebe es gewisse Freiheiten im Genehmigungsverfahren, etwa das Einbeziehen anderer Hersteller.

Das könnte Sie auch interessieren

Von Anfang eines solchen Prozesses bis zur Genehmigung dürfe es maximal sieben Monate dauern: „Realistisch sind allerdings zwei Jahre“, sagt Bene Müller. So gebe es bestimmte Zeiten, um die Gutachten anzufertigen: „So etwa die Horste von Greifvögeln. Die können nur im Winter kartiert werden.“ Deren Anfertigung dauere, die Genehmigung dann abermals – und schließlich werde geklagt und rasch sei man bei fünf Jahren Dauer.

20 bis 30 Leitz-Ordner an Unterlagen

Dass behauptet werde, das Unternehmen holze auf der Länge zu viel ab, kann Müller nicht mehr ernst nehmen: „Wir geben 20 bis 30 Leitz-Ordner an Genehmigungsmaterial ab – und stehen unter einer derartigen Beobachtung.“ Müller sieht die Probleme bei den Behörden. Die müssten personell besser ausgestattet sein und bestimmte Anliegen vorrangig behandeln. Für mehr Personal fehle jedoch das Geld: „Ich habe das Gefühl, wir kommen aus dieser Situation nicht heraus. Wir hinken hinterher – und auf der Detailebene sieht mand das.“

Das könnte Sie auch interessieren

Für das Unternehmen werde es ein großes Fest sein, wenn die sechs Anlagen auf der Länge gebaut werden: „Dabei ist das nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, blickt Müller auf das Ziel der Landesregierung, bis 2026 in Baden-Württemberg tausend Anlagen gebaut zu haben: „Man kann sich hier nicht zurückziehen und sagen, das liege an der Bundesregelung. Wenn man sich Rheinland-Pfalz anschaut: dort hat man ein vierfaches an Leistung aus Windenergie.“

Wie das Umweltministerium sagt, stehen in Baden-Württemberg derzeit 777 Windkraftanlagen, im ersten Halbjahr 2024 sind acht Anlagen hinzugekommen.

Wird der Ausbau beschleunigt?

Das Land habe die Genehmigungsverfahren von Windenergieprojekten mithilfe der „Task Force Erneuerbare Energien“ massiv beschleunigt, sagt Claudia Hailfinger vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft.

Beigetragen habe dazu unter anderem eine übergeordnete Begleitung, Steuerung und Unterstützung der Genehmigungsbehörden durch Stabsstellen an den Regierungspräsidien, ein entsprechendes Controlling und Monitoring der Verfahren und klare Verfahrensstrukturen, festgehalten in einem Praxisleitfaden.

Das könnte Sie auch interessieren

Das Widerspruchsverfahren sei abgeschafft und ein Infrastruktursenat am VGH eingerichtet worden. „Die Planungsoffensive wurde gestartet und mit dem Fachbeitrag Artenschutz für die Regionalplanung Windenergie auch eine wichtige Planungshilfe geliefert“, so Hailfinger.

Weiterhin seien Erleichterungen hinsichtlich bisheriger Restriktionen etwa in Landschaftsschutzgebieten, regionalen Grünzügen oder Wasserschutzgebieten geschaffen worden. Und schließlich werden durch eine Vermarktungsoffensive, mittels derer Staatswaldflächen in beträchtlichem Umfang ausgeschrieben wurden und werden, weitere Flächen der Windenergie zur Verfügung gestellt, „auf denen Projektierer gezielt den Ausbau der Windenergie vorantreiben können.“

Warten auf das Gericht in Mannheim

Außerdem habe der Bund durch verschiedene Gesetzesänderungen die Maßnahmen flankiert: „Die beschleunigende Wirkung der Summe aller Maßnahmen ist bereits deutlich erkennbar“, sagt Hailfinger. Solarcomplex wartet indes weiter auf das Urteil, so wie auch 2023 schon. Laut VGH stehe ein Termin noch nicht fest, „eine mündliche Verhandlung noch im vierten Quartal 2024 wird jedoch angestrebt“, erklärt Manfred Frank vom Gericht.